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Beitrag vom 30.05.2010
Ellen Allien - Dust
Tatjana Zilg
Endlich nähert sich der Sommer 2010 der Spreemetropole Berlin. Die stadtbekannte Labelownerin von BPitchcontrol begrüßt ihn mit ihrem fünften monolithischen Album, von dem sie die BPMs wie ...
... Sonnenstrahlen in den Raum schnellen lässt, wieder einfängt und sie mit hellen, eingängigen Synth-Pop-Klängen zu weitschweifigen Soundspektren gestaltet.
Ein Multitalent ist Ellen Allien ohnehin: Nicht nur als Technoqueen ist sie aktiv, auch als Modedesignerin, Produzentin und DJ wirbelt sie Goldstaub auf.
Die Musik bleibt aber die Nummer Eins: Seit mehr als einer Dekade bastelt sie an der Weiterentwicklung des "sound of a city". Großartige Solo-Releases, eigenwillige Remixarbeiten (wie "V.A. Boogy Bytes Volume 04") und schwebende Mix-Compilations erschienen schon unter ihren Namen.
Ihre bisherigen Solo-Alben markieren im Rückblick jeweils ein Stück Technogeschichte. Da wären "Stadtkind", "Berlinette", "Thrills" und zuletzt im Jahr 2009 "Sool", welches seine kühle Eleganz und distanziertem Zauber durch minimalistische Artefakte gewann. Mit "Dust", ihrem vielleicht persönlichsten Album, rückt die wärmende Unmittelbarkeit wieder in den Fokus des Geschehens. Es bietet einen repräsentativen Querschnitt aus Gestern und Heute inklusive dem Ausblick auf bislang unbetretene Pfade - und spiegelt so auch eine Gegenwart, in der nicht nur kreative Köpfe gefordert sind, der negativen Krisenstimmung zu trotzen und realisierbare Utopien zu entwickeln.
Ellen Allien eröffnet ihr fünftes Album adäquat dazu mit dem Track "Our Utopie", der sich luftig leicht den Raum erobert und Stakkato-Beats mit Vogelzwitschern vereint. Sobald dann die Technofee beginnt, mit verführerischer Stimme prägnante Wortfetzen in den Raum gleiten zu lassen, fällt alle Winterschwere endgültig von den Seelen ab. Mit dem folgenden Track "Flashy Flashy" stellt sich die Atmosphäre durchwachter Sommernächte sofort im Hier und Jetzt ein. Von diesem Gefühl getragen, kann sich die Hörerin mit einem zuversichtlichen Lächeln in den Strudel aus angenehmen Synth-Klang-Wellen, pulsierenden Beats und sanften bis fordernden Vocals hineinziehen lassen.
In der Open Air-Hymne "My Tree" fügt sich zudem eine Klarinette ein, die eine besonders harmonische Wärme in die elektronischen Gefilde fließen lässt.
Zwei Ausflüge Richtung Indie Pop finden sich auch auf "Dust". Statt BPMs bestimmen bei "You" ein Gitarrenloop á la Metric und eine dunkle Basslinie á la Joy Division die Richtung. Keine Wortsprengsel wecken hier die Aufmerksamkeit, sondern ein fortlaufender Text über eine Taxifahrt am Morgen, bei der die Gedanken immer wieder in die Erlebnisse der vergangenen Club-Nacht eintauchen. Der zweite Pop-Song im Staubwirbel ist "Sun The Rain", der Ellens narrativen Gesang mit einer süßen Melancholie umweht und dem Gitarrensound Tribut zollt.
AVIVA-Tipp: Sphärisch, hingebungsvoll, ekstatisch, leichtfüßig, funkensprühend, Glühwürmchen verzückend zeigen sich die zehn Tracks von Ellen Alliens Fünftling. Für endlose Tanznächte sind sie genauso geeignet wie für den genussvollen Sonnenaufgang danach und die weiteren schönen Momente im Tageslicht, sei es eine Autofahrt durch das lebendige, farbige Stadtgeschehen oder ein entspannter Nachmittag im Grünen an der Spree.
Ellen Allien
Dust
Label: Bpitch Control, Rough Trade, Finetunes, VÖ Mai 2010
Ellen Allien im Netz: www.ellenallien.de