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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 28.08.2009


Anne Clark - Live
Tatjana Zilg

Während ihrer Tour 2008-2009 wurde die britische Grande Dame der Independent History bei einem ausverkauften Konzert im Frankfurter Hof in Mainz mit neun HD-Kameras gefilmt. In den 1980er ...




... Jahren trat Anne Clark als Darkness-Fee ans Licht der Öffentlichkeit.

Ihre Songs zeichneten sich durch eine melodische Sinnlichkeit aus, die durch ein Wechselspiel von Synthesizer-Klangprismen und eindringlichem Sprechgesang erzeugt wurde. Später kamen Akustik-Elemente und leichtgängige Pop-Spielereien hinzu. Der Anschluss an die Electro-Beats der späten Neunziger gelang ihr ebenso mühelos.
Auch 2009 ist die talentierte Sound-Gestalterin unverkennbar präsent in der Musikszene und beweist auf einem Doppelpack aus Live-DVD und -CD Zeitlosigkeit und musikalische Perfektion: Mit dabei in der Setlist sind natürlich ihre großen Erfolge wie "Our Darkness" und "Sleeper in Metropolis", die beide im Jahr 1984 den Düsterkeit-Dancefloors anspruchsvolle Komponenten verliehen und in die Populärmusikgeschichte als innovative Chartstürmer eingingen.

Ihr Werk hat sich seitdem stetig weiterentwickelt. Die Titel ihrer Setlist fließen harmonisch ineinander über, denn sie sind sehr durchdacht aneinander gesetzt. Das Intro "If" zeigt sich mysteriös und schleicht sich langsam mit einem im Flüsterton vorgetragenen Monolog an, der nur von einem Gänsehaut erregenden Synthesizer-Zirpen begleitet wird, bis ein EBM-orientierter Rhythmus über den Song hinwegfegt. "If" erinnert an die Anfänge Anne Clarks in den 1980er Jahren, ist aber ihrem neuesten Album "The Smallest Acts of Kindness" entliehen. Dem Konzert-Opener folgt "Homecoming", welches die Künstlerin bereits im Jahr 1987 komponiert hat und das eine poppige, luftige Stimmung verbreitet. Mit "Nightship" zeigt sie, dass sie auch Akustik-Instrumente wie Akkordeon und Akustik-Gitarre perfekt integrieren kann. Kurz darauf springt sie mit "Elegy For A Lost Summer" in die Mitte der Neunziger. Akustik-Gitarre trifft auf Synthesizer und dynamisches Schlagwerk und verbindet moderne mit klassischen Tönen. Mit "Hardest Heart" und "Psalm" blendet Anne Clark wieder zu ihrem aktuellen Album, auf dem sie durch facettenreiche Kompositionen und nachdenkliche Texte eine beeindruckende feminine Reife zu Tage treten lässt.

Bei dem Konzertmitschnitt kann nun visuell erlebt werden, wie sie mit dezenter Gestik, einem natürlichen Charisma und sympathischer Ernsthaftigkeit ihr Repertoire präsentiert. Besonders bezaubernd legt sich dabei "Know" über die Sinne. Das Akkordeon flirtet zärtlich mit einer Stimme, die sanft dahingehaucht und beschwörerisch warnend eine einzigartige Präsenz einnimmt und dem Song zu einer Referenz an Joan Baez und Siouxsie zugleich werden lässt. Gegen Mitte des Konzerts erhebt sich das unvergessliche "Sleeper In Metropolis" mit messerscharf gesetzten Electro Beats und Stakkato-Rhythmen als magnetischer Höhepunkt über den Saal des Frankfurter Hofs. Die zweite Konzert-Hälfte setzt die Retrospektive von über zwanzig Jahren Musikerinnen-Schaffen auf vielseitige Weise fort. Als krönenden Abschluss schenkt Anne Clark dem hysteroiden "Our Darkness" seine außerirdische Kraft.

Anne Clark wirkt mit ihren feinen Gesichtszügen und der zierlichen Figur fast aristokratisch, doch hat sie ihre Musikkarriere nicht an einer britischen Elite-Universität begonnen. Ihre Begeisterung für die Independent Szene und den experimentellen Umgang mit Musik erwarb sie an der Basis. Mit sechzehn Jahren verabschiedete sie sich von der Schulbank, jobbte kurzzeitig in der Psychiatrie und arbeitete anschließend in dem Londoner Plattenladen Bonaparte Records, dem ein Independent-Label mit Punkrock-Schwerpunkt angeschlossen war. Bald darauf entdeckte sie ihr Talent als Veranstaltungsmanagerin und gestaltete anderthalb Jahre lang das Programm im benachbarten Warehouse Theatre. Bands wie Siouxsie and The Banshees, Generation X und The Damned traten dort ebenso wie Theater-, Tanz- und Comedyprojekte und DichterInnen auf. Seit 1982 stand sie dann selbst als Künstlerin auf der Bühne und im Studio. Ihrem Debut "The Sitting Room" folgten sechzehn weitere Alben, unter anderem "Pressure Points" (1985) und "Hopeless Cases" (1987).

Anne Clark im Netz: www.anneclark.de

AVIVA-Tipp: Das Digipack aus DVD und CD bietet umfangreiches Material, um die Ikone des Dark Wave neu kennen zu lernen oder um eine lang gehegte Bewunderung zu vertiefen. Ihr einzigartiger Stil aus Spoken Word-Gesang mit Texten, die sich auf allen Ebenen mit dem Weltgeschehen kritisch auseinandersetzen, und einem Sound, der akustische Instrumente stilvoll in Synthesizer-Sphären einbindet, fesselt die Aufmerksamkeit über ein Line-Up von zweiundzwanzig Songs. Die CD enthält drei Live-Aufnahmen und zwölf Studio-Versionen und ergänzt das Konzerterlebnis perfekt.

Anne Clark Live
Tour 2008 - 2009 - Live In Germany

116 Minuten
Digi Book mit Bonus - Audio CD
Ton: Dolby Digital Surround Ex 6.1
Bild: PAL 16:9
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Label: MMM Film GmbH, erschienen August 2009
Vertrieb: Alive AG



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Beitrag vom 28.08.2009

AVIVA-Redaktion