Good Food. Bad Food. Anleitung für eine bessere Landwirtschaft - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kunst + Kultur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 15.01.2011


Good Food. Bad Food. Anleitung für eine bessere Landwirtschaft
Britta Leudolph

Coline Serreau zeigt in ihrer visionären Dokumentation Menschen, die Antworten auf die drängendsten Probleme unserer Zeit gefunden haben: Sie leben vor, wie unsere Ressourcen effektiv genutzt ...




... werden können, ohne dabei die Natur zu zerstören und Menschen in bitterste Armut zu treiben.

Die Landwirtschaft hat im Leben vieler EuropäerInnen an Bedeutung verloren. So arbeiteten 2005 in Deutschland nur noch 2,2 Prozent der Erwerbstätigen in diesem primären Wirtschaftssektor. Gemessen an der Gesamtzahl der landwirtschaftlichen Betriebe lag der Anteil ökologischer ErzeugerInnen im Jahr 2004 bei 3,9 Prozent mit steigender Tendenz. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass nach wie vor der überwiegende Teil der landwirtschaftlich genutzten Flächen konventionell bewirtschaftet wird: Die Böden werden gedüngt, mit Pestiziden überzogen und mit Monokulturen bepflanzt – in dem meisten Fällen mit Hybridpflanzen, die selbst keine nutzbaren Samen hervorbringen, jedoch einen hohen Ertrag versprechen.

Coline Serreau macht sich in ihrer Dokumentation auf die Suche nach alternativen Formen der Landwirtschaft, die vor allem Nachhaltigkeit und langfristigen Nutzen versprechen. Sie besucht BäuerInnen, WissenschaftlerInnen und VisionärInnen rund um den Globus – unter anderem in Frankreich, Indien, Brasilien oder der Ukraine – und lässt sie ihre Vorstellungen von einer gerechten, ökologischen und sozialen Erzeugung darlegen.

In Frankreich trifft sie das Ehepaar Lydia und Claude Bourguignon – sie diplomierte Ernährungswissenschaftlerin, er Agraringenieur und promovierter Mikrobiologe. Gemeinsam haben sie 1990 unter dem Namen LAMS (Labortoire d´Analyse Microbiologique des Sols) ein mikrobiologisches Labor gegründet. In diesem Labor erforschen sie die biologische Aktivität landwirtschaftlich genutzter Fläche – ein nahezu revolutionärer Ansatz, wird doch bei herkömmlichen Bodenuntersuchungen immer nur die Erde eingeschickter Proben untersucht, was zumeist zur Folge hat, dass der verstärkte Einsatz von Düngern und Pestiziden empfohlen wird. Die Bourguignons untersuchen den Boden vor Ort: für sie enthält ein gesunder Boden eine Vielzahl von Organismen, die ihn kostenlos auflockern und anreichern. Ihre Analyse führt meist zu einer Reduzierung oder vollständigem Verzicht von Düngern und Pestiziden. Ihre Analysen führen aber auch zu einem erschütternden Ergebnis: Die meisten Böden in Europa sind tot.

Vandana Shiva aus Indien ist ebenfalls eine Pionierin auf ihrem Gebiet. Die Physikerin und Erkenntnistheoretikerin kämpft für eine andere Form der Globalisierung. Ihr vorrangiges Ziel ist die Erhaltung und Erweiterung einer bäuerlichen und biologischen Landwirtschaft. Ihr Kampf richtet sich gegen eine von Männern dominierte grenzenlose Expansionspolitik multinationaler Nahrungsmittelkonzerne. Sie wendet sich gegen die Patentierung von Lebewesen und gegen Biopiraterie: damit ist die Aneignung universeller natürlicher Ressourcen, etwa Saatgut, durch global operierende Agrar- und Pharmakonzerne gemeint. Zum Beispiel durch die Firma Monsanto, die während des Vietnamkriegs ein wichtiger Lieferant von "Agent Orange" war und heute einer der größten Produzenten von gentechnisch verändertem Saatgut ist. Vandana Shiva setzt sich dafür ein, dass Frauen wieder zu Hüterinnen des Saatgutes werden, sie ist davon überzeugt, dass ihr Umgang damit verantwortungsvoller und nachhaltiger ist.

"Good Food. Bad Food – Anleitung für eine bessere Landwirtschaft" ist ein visionärer Dokumentarfilm, der Persönlichkeiten vorstellt, die Antworten auf drängende Fragen gefunden haben und ihre Erkenntnisse konsequent und gegen große Widerstände durchsetzen. Sie engagieren sich für das, was für alle das wichtigste sein muss: ein nachhaltiger Umgang mit den Ressourcen unserer Erde, eine faire Verteilung der Güter und eine Landwirtschaft, die das Wohl von Mensch, Tier und Pflanze in den Vordergrund stellt.

Zur Regisseurin: Coline Serreau, geboren 1947, begann ihre Karriere 1976 mit dem feministischen Dokumentarfilm "Mai qu´est-ce qu´elles veulent". 1991 dreht sie für Amnesty International im Rahmen des Kollektivs den Kurzfilm "Pour Vera Chirwa". Es folgten weitere Kurzfilme über so brisante Themen wie das Verbot von Landminen (1996) oder Gewalt in der Ehe (2006). In ihrem Schaffen spielen insbesondere Themen wie Umwelt, Ökologie und die Abkehr von einer Wachstumspolitik um jeden Preis eine grundlegende Rolle. Schon 1996 hat sie mit ihrem Film "Der grüne Planet – Besuch aus dem All (La Belle Verte)" – der die Auswüchse einer aus den Fugen geratenen Konsumgesellschaft anprangert – ihr Publikum zum Nachdenken über sein ökologisches und soziales Verhalten aufgefordert.

AVIVA-Tipp: Coline Serreau folgt in "Good Food.Bad Food" einer Bewegung, die in den deutschen "Leitmedien" keinerlei Beachtung findet. Sie zeigt Menschen, die sich nicht nur gegen die ökologischen, sondern insbesondere auch gegen die sozialen Folgen einer monokulturellen, auf Erdöl basierenden Landwirtschaft wenden. Die AktivistInnen beweisen, dass nachhaltige, ökologische Landwirtschaft für alle genügend Profit abwerfen kann und die Menschen mit dem versorgen, was sie brauchen: gesunde, vielfältige Nahrungsmittel und eine heile, lebendige Umwelt. Der Film vermittelt umfangreiches Wissen über nachhaltige Landwirtschaft, aber auch über die Felsen, die die globale Agrarpolitik und mächtige Nahrungsmittelkonzerne dieser Bewegung in den Weg legen.

Good Food. Bad Food. Anleitung für eine bessere Landwirtschaft
Frankreich 2009
Regie, Drehbuch, Kamera, Produktion: Coline Serreau, Cinemao, Matthieu Warter, Guillaume Parent
In Co-Produktion mit: Eniloc, Studio 37, Montparnasse Productions, Kino Factory
Ökologische Beratung: Cyril Dion
Musik: Garden Trio
Schnitt: Catherine Renault, Claude Trinquesse
Schnittassistenz: Amelie Massoutier
Ton: Matthieu Deniaux, Philippe Grivel
Regieassistenz: Laure de Scitivaux
Lauflänge: 113 Minuten
Kinostart: 20.01.2011
www.goodfood-badfood.de

Weitere Infos und Kontakt zu den ProtagonistInnen:
www.colibris-lemouvement.org (französisch)
www.terre-humanisme.fr (französisch)
www.lams-21.com (französisch)
www.vandanashiva.org (englisch)
www.navdanya.org (englisch)
www.intelligenceverte.org (französisch)
www.fermedesaintemarthe.com (französisch)
www.kokopelli.asso.fr (französisch)
www.decroissance.org (französisch)
www.entropia-la-revue.org (französisch)
www.mst.org.br (portugiesisch)
www.ifoam.org (englisch)
www.aao.org.br (portugiesisch)

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

The Age of Stupid

Plastic Planet

We feed the world
Annie Leonard - The Story of Stuff. Wie wir unsere Erde zumüllen

Jonathan Safran Foer - Tiere essen



Kunst + Kultur

Beitrag vom 15.01.2011

Britta Leudolph