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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 24.02.2010


Plastic Planet
Britta Leudolph

Es gibt kaum noch einen Winkel auf der Erde, in dem kein Plastik zu finden ist, es schwimmt in den Ozeanen und zirkuliert in unserem Blutkreislauf. Höchste Zeit also, sich Gedanken über den Umgang...




... mit diesem "Wunderstoff" zu machen.

Was dem Menschen in grauer Vorzeit Holz, Ton oder Bronze war, ist dem modernen Homo Sapiens das Plastik – ein Universalwerkstoff, der je nach Bedarf flexible Eigenschaften haben kann: von der biegsamen Plastikfolie bis zur bruchfesten Butterdose – Plastik ist aus dem Alltag überhaupt nicht wegzudenken.

Werner Boote hat eine besondere Beziehung zu Plastik. Sein Großvater ist in den 1960er Jahren Geschäftsführer der Interplastik-Werke und bringt dem kleinen Werner die tollsten Geschenke mit, vom Modellschiff bis zum Schwimmreifen, der Junge gerät allein durch den Geruch des Plastiks in Verzückung.

40 Jahre später begibt sich Werner Boote auf eine Reise rund um den Globus, um die Auswirkungen des Plastiks auf die Menschen und ihre Umwelt näher zu erkunden. Was er entdeckt, ist erschreckend.

So trifft er die renommierte Genforscherin Patricia Hunt von der Case Western University, Ohio, die ihm erzählt, wie sie eher zufällig die erbgutschädigende Wirkung von Plastik entdeckt hat und bereits 2003 nachweisen konnte. Sie hatte während eines Experiments mit Mäusen Veränderungen an deren Erbgut festgestellt, die sie sich zunächst nicht erklären konnte. Bis sie herausfand, dass diese durch die Plastikbehälter hervorgerufen wurden, in denen sie die Mäuse hielt. Diese Erbgutschäden können unter anderem das Down-Syndrom hervorrufen.

Regisseur Boote zeigt anhand vieler ähnlicher Beispiele, was für fatale Auswirkungen der sorglose Umgang mit Plastik allein auf die Gesundheit der Lebewesen dieses "Plastik-Planeten" haben kann. Selbst in der verlassenen Sahara, wo nur wenige Menschen leben, hängen Plastiktüten im Gestrüpp, in einigen Teilen der Weltmeere ist das Verhältnis von Plankton zu Plastik mittlerweile 60:1, zahllose Fische verenden an Plastikteilchen, die sie für Futter halten.

Auch wenn Werner Boote dafür kritisiert werden kann, dass er ausgerechnet mit dem Flugzeug um die Welt fliegt, um auf die Umweltverschmutzung durch Plastik aufmerksam zu machen, gelingt es ihm, seine ZuschauerInnen für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren. Bisher ist dieses Thema in der öffentlichen Debatte eine Randerscheinung und es bleibt zu hoffen, dass viele Menschen, auch durch diesen Film, ihren Umgang mit Plastik überdenken.

Zum Regisseur: Werner Boote wurde 1965 in Wien geboren. Er studierte Theaterwissenschaften, Soziologie und Publizistik. Er besuchte außerdem die Filmakademie und erlernte das Filmemachen während unterschiedlicher Kinoproduktionen. Seit 2003 dreht er eigene Filme, insbesondere Musikfilme. Er hat für seine Werke unter anderem den "Delphin" in Frankreich und den "Silver Screen Award" beim New York Film Festival erhalten. Werner Boote lebt in Wien.

AVIVA-Tipp: "Plastik Planet" ist insbesondere durch Werner Boote eine interessante, sehr aufschlussreiche Dokumentation. Offen, mitunter etwas naiv anmutend, geht er auf seine GesprächspartnerInnen zu und fördert erstaunliche Erkenntnisse zu Tage. Der Film zeigt bildhaft, wie sehr Plastik heute unser Leben bestimmt und auch die nächsten Jahrhunderte bestimmen wird, denn es dauert bis zu 500 Jahre, bis sich Plastik vollständig zersetzt hat.

Plastik Planet
Österreich, Deutschland 2009
Regie und Drehbuch: Werner Boote
Produktion: Thomas Bogner, Daniel Zuta
Kamera: Thomas Kirschner
Schnitt: Ilana Goldschmidt, Cordula Werner, Tom Pohanka
Musik: The Orb
Länge: 94 Minuten
Format: 35 mm / Color / 1:1:85 / Dolby Digital
Weitere Infos: www.plastic-planet.at
Kinostart: 25. Februar 2010

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Beitrag vom 24.02.2010

Britta Leudolph