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Beitrag vom 26.03.2009
Rosa. Schauspiel mit Musik. Von Volker Ludwig und Franziska Steiof
Claire Horst
Das Grips-Theater ist vor allem als emanzipatorisches Kinder- und Jugendtheater bekannt. Passend zum 90. Todestag von Rosa Luxemburg zeigt es jetzt ein Stück für Erwachsene über die Revolutionärin.
Zu ihrer Geisteshaltung schrieb diese einmal: "Mensch sein ist vor allem die Hauptsache. Und das heißt: fest und klar und heiter sein, ja, heiter trotz alledem, denn das Heulen ist Geschäft der Schwäche." Rosa Luxemburg als Mensch darzustellen, das ist das Anliegen der AutorInnen Volker Ludwig, Gründer des Grips-Theaters, und Franziska Steiof, die auch Regie führt.
In dem Theaterstück stellen sie die gesamte Lebensgeschichte Luxemburgs dar, angefangen bei ihrer schweren Knochentuberkulose, die zu einer lebenslangen Gehbehinderung führte, bis zu ihrer Ermordung durch Soldaten konterrevolutionärer Reichswehreinheiten. Dass ein derart ambitioniertes Programm nicht langweilig wird, ist eine dramaturgische und schauspielerische Höchstleistung. Schließlich muss sowohl das Privatleben Luxemburgs als auch ihre politische Arbeit einbezogen werden. Beides ist hochspannend. Denn Rosa Luxemburg steht nicht nur für die (gescheiterte) deutsche Revolution. Sie ist auch eine Symbolfigur der Arbeiterbewegung und nicht zuletzt eine der ersten Frauen, die in Deutschland eine hochrangige politische Position einnahmen.
Doch wie war das möglich? Zu einer Zeit, in der sowohl jüdische Menschen als auch Frauen nur sehr wenig politischen Einfluss hatten, vermochte es Rosa Luxemburg, zu einer der bedeutendsten DenkerInnen der sozialistischen Internationale zu werden. Am 5. März 1871 als Rozalia Luksenburg, Tochter eines jüdischen Holzhändlers in Zamosc, Kongresspolen geboren, hatte sie nicht die besten Voraussetzungen dafür, Karriere zu machen. Dass sie es dennoch schaffte, liegt den AutorInnen zufolge in ihrer charismatischen Persönlichkeit begründet.
Bereits mit 22 Jahren begann sie ihre politische Tätigkeit, zunächst in Zürich, wo sie als eine der ersten Frauen überhaupt 1897 promovierte. Nach ihrer Übersiedelung nach Deutschland erlangte sie durch eine Scheinehe die deutsche Staatsbürgerschaft und kämpfte von nun an auf Parteitagen, internationalen Kongressen und mit ihrer publizistischen Tätigkeit für die deutsche Sozialdemokratie. Sie setzte sich gegen Imperialismus, Militarismus und Kolonialpolitik ein. 1915 gründete sie mit Karl Liebknecht und anderen KriegsgegnerInnen die Gruppe "Internationale", aus der 1916 die Spartakusgruppe hervorging. Wegen ihres politischen Engagements wurde Luxemburg mehrmals verhaftet, mehrere Jahre verbrachte sie im Zuchthaus.
Am 9. November 1918 aus der Haft entlassen, engagierte sie sich mit ganzer Kraft in der Novemberrevolution. Gemeinsam mit Karl Liebknecht gab sie die "Rote Fahne" heraus, arbeitete für einen umfassenden gesellschaftlichen Umbruch und gehörte zur Jahreswende 1918/1919 zu den GründerInnen der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Am 15. Januar 1919 wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin ermordet. Jedes einzelne dieser Ereignisse bringt das Grips-Theater auf die Bühne.
In "Rosa" stellen Ludwig und Steiof jedoch nicht nur die Politikerin Rosa Luxemburg dar. Denn auch ihr Privatleben war mehr als unkonventionell. So hatte sie mehrere Liebesbeziehungen mit jüngeren Männern. Regisseurin Steioff fasziniert gerade diese Vielseitigkeit: "Nicht nur die politische Dimension gab es an ihr, sondern auch Romantik, das Sentimentale, die Sehnsucht, eine gute Hausfrau zu sein. So sah sie sich ständig in der Zerreißprobe zwischen Liebe und Pflichterfüllung, Arbeit, Parteiarbeit. Diese Seiten sind ebenso im Stück zu finden, wie ihre Rolle als politische Visionärin, Analytikerin."
Trotz ihrer Bewunderung für Rosa Luxemburg hüten sich die AutorInnen vor jeder Glorifizierung. Luxemburgs Glaube an die Kraft der Massen, der letztlich zum Scheitern der Revolution beitrug, wird ebenso aufgeführt wie ihre unangenehmen Seiten, etwa ihr beherrschender und vereinnahmender Charakter. Steiof: "Die Zumutung an Rosas Leben ist, wie sie sich in sämtliche Widersprüche begibt. Es ist eigentlich alles vorhanden, wozu man sonst fünf, sechs Frauengestalten bräuchte."
AVIVA-Tipp: Wie am Grips-Theater üblich, verknüpfen die AutorInnen auch bei diesem Stück Sprechtexte und Musikeinlagen. Die Methoden des Agit-Prop der Zwanzigerjahre, bei dem SchauspielerInnen im Chor Slogans deklamieren, werden eingesetzt, aber durchaus ironisch verfremdet. Die Darbietung von Franz Mehring, August Bebel und Karl Kautsky, die eine Choreografie zu dem Song "Wir sind die letzten Linken und fangen an zu sinken" tanzen, gelingt tatsächlich ohne den geringsten Anflug von Peinlichkeit.
Besonders interessant ist das Stück für LehrerInnen und andere PädagogInnen, da ein umfangreiches Begleitmaterial angeboten wird. Die zahlreich vertretenen Schulgruppen scheinen sich trotz der 31/2 Stunden Länge zu amüsieren. Hörbare Zustimmung gibt es von ihnen gerade bei Anspielungen auf die aktuelle politische Lage inklusive Finanzkrise. Was Rosa wohl zu dieser gesagt hätte...
Rosa. Schauspiel mit Musik
von Volker Ludwig und Franziska Steiof
Musik von Thomas Zaufke
Es spielen: Sebastian Achilles, Thomas Ahrens, Katja Götz, Michaela Hanser, Daniel Jeroma, Dietrich Lehmann, Robert Neumann, Kathrin Osterode, Regine Seidler, Jörg Westphal, Roland Wolf, Herbert Sowinski, Manfred Grashof-Ridder
Die Band No Regrets: Joe Gehlmann (guit), George Kranz (drums), Robert Neumann (keys), Daniel Zenke (bass)
Preise 18 / ermäßigt 10 Euro / Karte über Theater der Schulen 5 Euro
Veranstaltungsort: GRIPS Theater
Altonaer Straße 22
10557 Berlin
Kartenreservierung: 030 - 397 47 477
Weitere Informationen zum Grips-Theater unter: www.grips-theater.de
Das AutorInnenteam:
Der Autor Volker Ludwig, Erfinder des emanzipatorischen Kinder- und Jugendtheaters, ist einer der weltweit meistgespielten deutschen Theaterautoren
Die Regisseurin Franziska Steiof übernimmt mit der Inszenierung von "Rosa" schon ihre fünfte Regie am Grips. 2006 wurde die Inszenierung ihres Stückes "Siedepunkt 1140. Marie Curie – ein Leben" mit dem Hamburger Kritikerpreis (Rolf-Mares-Preis) ausgezeichnet.
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Weitere Informationen zu Rosa Luxemburg unter: www.rosalux.de