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Beitrag vom 30.04.2018
Monika Hauser - Ein Porträt. Frauenrechte sind Menschenrechte. Kinostart: 3. Mai 2018
Helga Egetenmeier
Monika Hauser, Gründerin von medica mondiale und Trägerin des Alternativen Nobelpreises, beschreibt in diesem Dokumentarfilm-Portrait von Evi Oberkofler und Edith Eisenstecken, wie sie zur Kämpferin für die weltweiten Menschenrechte von Frauen wurde. Ihr Engagement im Bosnienkrieg, ihre Kindheit in...
... den Alpen, und ihr heutiger Einsatz für die Ächtung vom Krieg gegen die Frauen sind die Stationen, die der Film in den Fokus nimmt.
Die beiden Dokumentarfilmerinnen Evi Oberkofler und Edith Eisenstecken führen mit dem Schlüsselerlebnis von Monika Hauser in das filmische Portrait ein: Nach der Lektüre eines Artikels über Massenvergewaltigungen während des Bosnienkrieges machte sich Monika Hauser im Jahr 1992 auf den Weg, um diesen Frauen vor Ort zu helfen.
medica mondiale - feministische Frauenrechts- und Hilfsorganisation
Erstmalig in der Geschichte fand anhand der Gräueltaten in Bosnien eine breite Medienberichterstattung zu Massenvergewaltigungen als Kriegswaffe statt, bei der die Täter angeklagt und den Opfern eine Stimme gegeben wurde. Im Film berichtet Monika Hauser über ihre beschwerliche, aber auch erfolgreiche Arbeit vor Ort, die dazu führte, dass in Bosnien das weltweit erste Therapiezentrum für kriegstraumatisierte Frauen unter dem Namen medica Zenica entstehen konnte, das den Beginn von medica mondiale markiert.
Medica mondiale ist heute ein gemeinnütziger eingetragener Verein mit drei Frauen als geschäftsführendem Vorstand - darunter Dr. Monika Hauser - und drei Vereinsfrauen im Präsidium. In der Geschäftsstelle in Köln sind zur Zeit 48 Mitarbeiterinnen mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund beschäftigt. Rund 80 einheimische Fachkräfte arbeiten gegenwärtig in den Auslandsprojekten, darunter Psychologinnen, Therapeutinnen, Sozialarbeiterinnen und Rechtsanwältinnen.
Doch erst seit 2008 – dem Jahr, in dem Monika Hauser den Alternativen Nobelpreis erhielt - gilt für den UN-Sicherheitsrat sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten als eigener Straftatbestand. Diese Ächtung von Kriegshandlungen unterstützt medica mondiale auch mit eigenen Studien. So zeigen die Ergebnisse von "Wir wurden verletzt, doch wir sind mutig und stark" (2015), dass sexualisierte Gewalt nicht nur eine besonders grausame Form der Kriegführung ist, sondern erschreckende, traumatisierende Alltagserfahrung für Frauen und Kinder mit anhaltenden Langzeitfolgen - weltweit.
Der Lebensweg der Monika Hauser: "Ich habe schon früh verstanden, dass Frauen und Gewalt zusammengehören."
Die beiden Regisseurinnen lassen Monika Hauser im zweiten Schwerpunkt des Films über die Geschichte ihrer Familie in Südtirol, sowie ihre Kindheit und Jugend in der Schweiz berichten. Ihre persönliche Entwicklung reflektierend, erscheint ihr die Großmutter, die sie in den Sommerferien in den Alpen besuchte, als wichtige Frau in ihrem Leben. Mit der Bitte um Verschwiegenheit erzählte diese der zwölfjährigen Monika von den Misshandlungen durch den Großvater und veränderte damit ihren Blick auf die Machtverhältnisse in der Familie.
Später traf Monika Hauser bei ihrer Ausbildung zur Ärztin auf patriarchale Strukturen, die ihren Widerstand hervorriefen. Sie kritisierte die funktionale Vorgehensweise der überwiegend männlichen Gynäkolog*innen bei schwangeren Frauen und sprach sich für einen sensibleren Umgang aus. Was heute als selbstverständlich erscheint, war Ende der 1980er Jahre eine Seltenheit und so bekam Monika Hauser die Ausgrenzung und das Unverständnis der Ärzte und Ehemänner zu spüren. Bei den Frauen traf sie jedoch auf erleichterte Zustimmung - ein Umstand, der, wie sie sagt, ihr später des Öfteren noch an verschiedenen Orten begegnete.
Zwei Biografien sind bis heute über Monika Hauser erschienen:
1997 von Erica Fischer "Am Anfang war die Wut" und 2008 von Chantal Louis "Nicht aufhören anzufangen". Diese Titel spiegeln sich deutlich in der Monika Hauser dieses Dokumentarfilm-Portraits wieder. Eine überlegte und kraftvolle Frau, die anhand ihres Lebensweges zeigt, dass ihre aktiven Entscheidungen einen großen Anteil an ihrem sinnvollen, wie auch beschwerlichen Lebensweg haben.
Feministische Arbeit gegen Kriegshandlungen
Das filmische Portrait wechselt immer wieder den Blickwinkel zwischen der Person und der Organisation und greift im dritten Teil Monika Hausers aktuelle Arbeit auf. Als politische Menschenrechtsaktivistin wendet sie sich mit Vorträgen und Öffentlichkeitsarbeit gegen die weltweit stattfindenden Kriegshandlungen. Durch das umfangreiche Material der Dokumentarfilmerinnen Eisenstecken und Oberkofler über diese Arbeit entstanden neben diesem Kinofilm zwei weitere TV-Filme: "Krieg gegen Frauen" (3sat) und "Mit Monika Hauser durch Bosnien und Südtirol" (RAI Sender Bozen).
Die filmische Verknüpfung zwischen Monika Hauser und medica mondiale hinterlässt aber auch den Wunsch nach einem getrennten Porträt für einen tieferen Einblick in die Person, wie auch die Organisation. Der Dokumentarfilm bleibt durch seine kurz angerissenen Ausschnitte etwas skizzenhaft und weckt die Neugier, noch mehr über die Arbeit von medica mondiale und das Leben der Monika Hauser zu erfahren.
AVIVA-Tipp: Ein für seine Thematik erstaunlich leicht zugänglicher und fokussiert komponierter Dokumentarfilm, der mit Monika Hauser eine inspirierende und reflektierte Botschafterin für den Kampf um globale Frauen- und Menschenrechte zeigt. Daraus folgt der Wunsch nach einem noch tieferen Einblick in die Arbeit von medica mondiale und die Person Monika Hauser. Die Botschaft des Films wird jedoch deutlich: die Welt braucht weder Kriege noch Grausamkeiten und jegliches Engagement dagegen lohnt sich.
Auszeichnungen und Preise für Monika Hauser
1995: Preis Frauen Europas-Deutschland, Gustav-Heinemann-Bürgerpreis, Annette-Barthelt-Preis
1996 lehnte sie die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes ab (aus Protest gegen die inhumane Rückführung von bosnischen Bürgerkriegsflüchtlingen nach Bosnien-Herzegowina)
2000: Peter-Beier-Preis der Evangelischen Kirche im Rheinland, Rotary-Preis Trentino-Südtirol
2001: "Frau des Jahres": gewählt von den ARD-Tagesthemen
2005: unter den 1.000 Frauen, die die Initiative "Friedensfrauen weltweit" ("Peace Women Across the Globe") für den Friedensnobelpreis nominierte
2007: Integrationspreis der Stiftung Apfelbaum
2008: Right Livelihood Award (Alternativer Nobelpreis)
2011: "Europäerin des Jahres": Auszeichnung des Magazins Reader´s Digest
2012: Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen, Nord-Süd-Preis des Europarates
2015: "Mutige Löwin": Ehrenpreis des Deutschen Ärztinnenbundes
2017: Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft, Verleihung der Würde einer Ehrendoktorin der Staatswissenschaft der Universität St. Gallen
Zur Regisseurin: Edith Eisenstecken, geboren 1960 in Bozen, studierte Regie an der Hochschule für Fernsehen und Film in München und absolvierte eine Filmschnitt-Ausbildung in den Bavaria-Filmstudios. Sie ist langjährige freie Mitarbeiterin mit eigener Radiosendung beim RAI-Sender Bozen, lehrt im Bereich der Film-Montage und lebt am Ammersee.
Zur Regisseurin : Evi Oberkofler, geboren 1972, studierte an der Filmhochschule in München, Abteilung Dokumentarfilm und lebte zu Studienzwecken zeitweise in London und New York. Sie machte sich nach dem Hochschulabschluss selbständig und lebt jetzt als Autorin und Regisseurin in München.
Gemeinsame Dokumentationen: Die beiden Dokumentarfilmerinnen haben bereits mehrere Portraits als gemeinsame Arbeit realisiert. So entstand 2012 "Der Kinomann aus Südtirol" über einen Kinobetreiber, der in seinem Heimatort in Bozen Arthouse Filme zeigt und 2009 "Ich lerne immer noch gerne – Die Schauspielerin Krista Posch im Porträt".
Zur Produzentin: Marieke Schroeder, geboren 1970 in Regensburg, arbeitete nach dem Studium der Kommunikationswissenschaften in München und dem Besuch der Film Class an der New Yorker Universität für verschiedene Fernsehanstalten. Sie produzierte und führte Regie bei verschiedenen Filmen, u.a. arbeitete sie mit Richard Chaim Schneider an der Dokumentation "Wir sind da! Juden in Deutschland nach 1945" (2000), gründete 2011 die Thali Media GmbH und lebt und arbeitet in München.
Monika Hauser. Ein Portrait
Frauenrechte sind Menschenrechte
Deutschland 2016
Regie, Buch, Montage: Evi Oberkofler, Edith Eisenstecken
Produzentin: Marieke Schroeder
DarstellerInnen: Monika Hauser, u.a.
Verleih: barnsteiner-film
Lauflänge: 86 Minuten
Kinostart: 03.05.2018
Mehr zum Film unter. www.monikahauser-derfilm.de
Sonderveranstaltungen:
09.05.2018,. 20 Uhr: Berlin, Neues Babylon - in Anwesenheit von Monika Hauser
13.05.2018: Kassel, Bali - in Kooperation mit der Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung
18.05.2018: Düsseldorf, Metropol - in Anwesenheit von Monika Hauser
11.07.2018: Potsdam, Thalia - in Kooperation mit einem Frauenverein (N.N.)
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
Bundestagswahl 2017
Forderungen und Einschätzungen des Deutschen Frauenrats, von medica mondiale, sowie von der WerteInitiative. Positionen jüdischer Deutscher, und des Lesben- und Schwulenverbands. (2017)
Anne Siegel - Himmelsstürmerinnen. 10 inspirierende Frauen in den Medien
Was ist der Motor, der uns nach vorne treibt? Anhand einer Reihe von Porträts erzählt die Autorin, wie es Frauen gelang, ihre Wünsche und Ziele umzusetzen und selbstbewusst ihrem Ziel zu folgen. Die Idee zum Buch entstand während eines Interviews, das Anne Siegel mit Monika Hauser für den Westdeutschen Rundfunk führte. (2014)
UN-Sicherheitsrat verabschiedet Resolution zur Verfolgung und Bestrafung sexueller Gewalt in Konflikten
Das Komitee hat am 24. Juni 2013 eine deutliche Erweiterung zu den vorhergegangenen Beschlüssen 1820 (2008), 1888 (2009) und 1960 (2010) herausgegeben. Während dort sexuelle Gewalt bereits als Instrument des Krieges und als eine internationale Bedrohung, die strafrechtlich verfolgt werden muss, definiert und verurteilt wurde, fordert die Resolution 2106 nun eine konsequente Vorgehensweise bei der Überprüfung, Verfolgung und Verurteilung von sexueller Gewalt in Konflikten, was zu einer Abschreckung und Prävention beitragen soll. (2013)
Reportage zum Welttag gegen den Einsatz von Kindersoldat*innen
Seit 2002 wird am 12. Februar jährlich der Internationale Tag gegen den Einsatz von Kindersoldat*innen begangen. Die Frauenrechtsorganisation medica mondiale unterstützt dabei insbesondere traumatisierte Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten. (2011)
Post für Frau Merkel - Nein zur Kriegsgewalt gegen Frauen
Im Rahmen der Kampagne "Im Einsatz für Frauen in Kriegs- und Krisengebieten" hat die Frauenrechts- und Hilfsorganisation medica mondiale mit lautstarker Unterstützung der Berliner Samba-Band "Rhythms Ribbon of Resistance" am 1. September 2009, dem Antikriegstag, mehr als 7.000 Postkarten an Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben. medica mondiale fordert damit die Bundeskanzlerin auf, sich gegen Kriegsgewalt an Frauen einzusetzen und insbesondere Maßnahmen gegen die Politik der Demokratischen Republik (DR) Kongo zu ergreifen. (2009)
Chantal Louis - Monika Hauser. Nicht aufhören anzufangen
Chantal Louis zeichnet in dieser Biografie das Leben der Ärztin Monika Hauser nach, die sich 1992 nach Bosnien aufmacht, um kriegstraumatisierte Frauen medizinischen und therapeutische Hilfe zu geben. (2008)
Die Ärztin Dr. Monika Hauser erhält den Alternativen Nobelpreis 2008
In diesem Jahr geht einer der vier alternativen Nobelpreise nach Köln. Die 49-jährige Gynäkologin erhält den Award für ihr unermüdliches Engagement für sexuell missbrauchte Frauen in Krisengebieten. (2008)
Frauen und Kriege in Afrika - Ein Beitrag zur Gender-Forschung
Dr. Rita Schäfer untersucht afrikanische Kriegs- und Nachkriegsgesellschaften aus der Gender-Perspektive. Die einzelnen Länderstudien verdeutlichen, dass eine langfristige Sicherung des Friedens nur möglich ist, wenn die Konsequenzen der Kriege auf die Geschlechterbeziehungen berücksichtigt werden. (2008)
1.000 Hoffnungsträgerinnen nominiert1.000 Frauen aus mehr als 150 Ländern sollen in diesem Jahr gemeinsam den Friedensnobelpreis erhalten. Unter ihnen sind 15 Frauen, die sich seit Jahren von Deutschland aus für den Frieden engagieren. (2005)
medica mondiale: Sexualisierte Kriegsgewalt und ihre Folgen
Mit dem Handbuch zur Unterstützung traumatisierter Frauen in verschiedenen Arbeitsfeldern steht ein fachübergreifender Überblick für die Beratung & Unterstützung traumatisierter Frauen zur Verfügung. (2004)
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.medicamondiale.org
www.medicamondiale.org/nc/presse
Dieser Link führt direkt zur Pressemitteilung "Wir wurden verletzt, doch wir sind mutig und stark" (2015) über die Ergebnisse der medica mondiale-Studie zu Langzeitfolgen sexualisierter Gewalt. Dort kann diese Studie als PDF in englisch (Langfassung) oder deutsch (Kurzfassung) heruntergeladen werden.
www.fembio.org
Die Biografie von Monika Hauser auf fembio - Frauen.Biographieforschung.