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Beitrag vom 07.02.2008
Talk To Me. Ein Film der Regisseurin Kasi Lemmons
Tatjana Zilg
Die Vereinigten Staaten in den 60er Jahren. Petey Greene hat nur ein Ziel: Er will Radio DJ werden. Aus dem Gefängnis entlassen, erobert er sich einen Moderatoren-Job bei einem Sender in Washington.
Explosiver Soul und die Bürgerrechtsbewegung begleiten ihn auf dem Weg an die Spitze, an die er nie wollte, und von der er schnell wieder entflieht.
Die Regisseurin Kasi Lemmons drehte den Film inspiriert durch die wahre Lebensgeschichte von Ralph Waldo "Petey" Greene Jr..
Die wesentlichen Daten aus seiner Biographie wurden wirklichkeitsnah in den Film übernommen. Im Gefängnis begeistert Petey Greene (Don Cheadle) seine Mitinsassen durch sein beeindruckendes Charisma, überschwenglichen Esprit und revolutionären Geist. Zweimal am Tag bringt er ihnen Farbe in den tristen Gefängnisalltag, wenn er seine Radiosendung über den Äther jagt, die er im Rahmen eines Arbeitsprogramm intern ausstrahlen darf. Die Mitinsassen und der Gefängnisdirektor nehmen ihn gerne auch in Krisenfällen als Berater in Anspruch.
Nach seiner Entlassung, die er mit einem cleveren Trick selbst in die Wege leitet, ist für ihn sein Ziel klar: Er möchte beim bekannten Sender WOL AM Radio-Moderator werden. Den Programmdirektor Dewey Hughes (Chiwetel Ejiofor) lernte er bereits kennen, als dieser seinen inhaftierten Bruder besuchte. Petey versucht ihm zu beweisen, dass er ihm im Gefängnis einen Job versprochen hat. Aber Dewey ist die Sache peinlich und er möchte den extravagant aussehenden, sehr lautstark auftretenden Afro-Amerikaner schnell wieder aus seinem Büro loswerden. Petey zeigt sich hartnäckig und lässt keine Gelegenheit aus, Dewey mit seinem Anliegen auf die Füße zu treten. Oft begleitet ihn dabei seine Freundin Vernell (Taraji P. Henson), die ihm Rückhalt bietet und die hitzigen Gemüter beider Seiten mit ihrem lässigen Charme beruhigt.
Dewey ist hin- und hergerissen. Er muss sich eingestehen, dass er in Petey´s Art einiges Potential sieht und gibt ihm eine Chance. Fast vermasselt sich Petey durch sein unüberlegtes Verhalten die Verwirklichung seines Traums. Aber dann ist endlich der erste Schritt getan und er hat einen festen Sendeplatz. Da seine Sendung bei den HörerInnen sehr gut ankommt, was die begehrte Quote in die Höhe schnellen lässt, ist er in der Redaktion bald ein beliebtes Teammitglied. Er lässt sich nicht beirren und steht zu seinen eigenen Werten und Idealen und setzt sich in seiner Sendung für die Bürgerrechtsbewegung ein, sagt oft Unbequemes. Der Ruf des Senders ist dadurch immer wieder gefährdet. Mit seinem persönlichen Vorbild James Brown (Herbert L. Rawlings, Jr.) steht er gemeinsam auf der Bühne. Als Martin Luther King Jr. ermordet wird, ist er emotional stark involviert, aber setzt sich dennoch gegen die eskalierende Gewalt auf den Straßen ein.
Er ist mit sich im Einklang und hat das befriedigende Gefühl, das zu tun, was er sich immer gewünscht hat. Dewey setzt sich aber in den Kopf, aus Petey einen berühmten Star zu machen. Er ernennt sich zum persönlichen Manager und will ihn als Komödiant und Moderator bei den großen TV-Shows unterbringen, auch wenn dafür die ursprünglichen Ideale verleugnet werden müssen. Der unstete Petey lässt sich erst mitziehen, dann überwältigen ihn die Selbstzweifel. Er ist enttäuscht von seinem Freund, der ihn zu etwas drängen will, wo er eigentlich nie hinwollte. Er löst sich von Dewey, was die Lebenskrise aber verstärkt. Anfang der 80er stirbt er an Krebs.
AVIVA-Tipp: Ein Bio Pic, das einen Ausschnitt der amerikanischen Zeitgeschichte humorvoll und detailreich nachzeichnet. Petey wird als schillernde Persönlichkeit dargestellt, die viele verschiedene Seiten in sich trägt. Der innere Konflikt, an dem festzuhalten, was seine Identität ausmacht, gleichzeitig aber aus den engen Strukturen der eigenen Herkunft ausbrechen zu wollen, geht an seine Substanz und zerstört letztlich den eigenen Erfolg, für den er so hart gekämpft hat. Die Anpassung an konventionelle Medienstrukturen und die Aufgabe seiner Ideale sind letztlich nicht das, wovon er immer träumte. Der Regisseurin gelingt es, diese Widersprüchlichkeiten in der Tiefe nachvollziehbar zu machen, ohne den Film mit Drama zu überlasten. Dazu trägt auch die temperamentvolle Musik bei, die als Hintergrund-Soundtrack oder in Konzertmitschnitten die abwechslungsreiche Handlung begleitet.
Talk To Me
USA 2007, 106 Minuten
Regie: Kasi Lemmons
Drehbuch: Michael Genet, Rick Famuyiwa
DarstellerInnen: Don Cheadle, Chiwetel Ejiofor, Taraji P. Henson, Martin Sheen, Mike Epps, Herbert L. Rawlings, Jr.
Kinostart: 07.02.2008
Verleih: Central Film
www.talktome-film.de