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Beitrag vom 04.04.2008
Marlango - The Electrical Morning
Silvy Pommerenke
Das Trio aus Spanien hat sich ein neues musikalisches Muster auf die Fahnen geschrieben. Back to the roots, könnte es heißen, und Patti Smith bricht sich manches Mal Bahn...
...bei den Songs der MusikerInnen von der iberischen Halbinsel.
Das Trio Marlango fand bereits vor zehn Jahren zusammen, benötigte aber ganze sechs Jahre, um das Debut einzuspielen. Währenddessen drehte die charismatische Sängerin Leonor Watling etliche Filme fürs Fernsehen und Kino und stand vor allem für Pedro Almodóvar vor der Kamera. Ihre musikalischen Mitstreiter, der spanische Pianist Alejandro Pelayo und der amerikanische Trompeter Óscar Ybarra, stehen für unverwechselbares und ausgetüfteltes Songwriting. Marlango hört man nicht einfach so nebenbei, sondern lässt sich darauf ein und wird schnell begeistert, von der Wandelbarkeit der Stimme Watlings und den vielseitigen Arrangements. Während sich das Vorgängeralbum "Automatic Imperfection" noch stärker an balladesken Stücken orientierte und eine kräftige Portion Blues und Tex-Mex hineingegeben wurde, ist das aktuelle Album eine Art Retrospektive geworden, die sich an den siebziger Jahren orientiert. Um diesen typischen Klang heraufzubeschwören, haben die MusikerInnen unter anderem das ungewöhnliche Musikinstrument Ondes Martenot benutzt. Dabei handelt es sich um ein elektronisches monophones Tasteninstrument, das auch schon Thom Yorke mit seiner Band Radiohead verwendete, die für Marlango so etwas wie musikalische Vorbilder sind. Des Weiteren haben die kreativen Köpfe keine Samples und Loops benutzt, sondern sie haben alle Tonspuren im Nachhinein elektronisch bearbeitet und somit dem Album einen ganz individuellen Touch eingehaucht.
Anspieltipps: "Hold me tight" erhält seine besondere Atmosphäre durch die fast meditativ wirkende Melodieführung der 32-jährigen Watling. "Shout" wartet mit viel elektrischen Gitarren auf und bekommt dadurch den unverkennbaren Tex-Mex-Stil Marlangos. Auf "Silence" sind die Analogien zu Patti Smith sehr stark vorhanden und der Song klingt sehr düster und endzeitlich. "Mind the gap" hingegen ist in seinem Arrangement sehr verschlungen und fordert die HörerIn in der Tat ein wenig heraus. Hervorzuheben sind auch noch die beiden Duette "Hold Me Tight" und "Dance! Dance! Dance!", die sie zum einen mit dem uruguayanischen Sänger und Songwriter Jorge Drexler, zum anderen mit dem italo-spanischen Superstars Miguel Bosé einspielte. Nick Cave lässt grüßen!
Marlango im Netz (allerdings nur auf spanisch) : www.marlango.net und auf MySpace
Weiterhören: Lou Rhodes und Fiona Apple
AVIVA-Tipp: Leider gehört Marlango immer noch zu den Geheimtipps. Wahrscheinlich ist ihre ausgefallene Melange aus Rock und Pop auch zu anspruchsvoll für das schlichte musikalische Gehör. Für Filmfans ist die spanische Band um Moviestar und Pedro Almodóvar Liebling Leonor Watling jedoch schon lange kein Insidertipp mehr, sondern sie steht stellvertretend für außergewöhnliche und individuelle Popmusik, die von einer begnadeten Sängerin vorgetragen wird.
Marlango
The Electrical Morning
Label: Emarcy Records (Universal), VÖ April 2008