AVIVA-Berlin >
Kultur
AVIVA-BERLIN.de im November 2024 -
Beitrag vom 01.02.2007
Nach der Hochzeit
Tatjana Zilg
Jacob leitet in Indien ein Waisenhaus. Als er nach Dänemark fliegt, um einen Sponsor zu werben, wird er mit den Schatten seiner Vergangenheit konfrontiert. Dänisches Gefühlskino von Susanne Bier
4 Millionen US-Dollar – das könnte die Rettung für das kurz vor der Schließung stehende Waisenhaus in Indien sein. Schon über 20 Jahre lebt Jacob (Mads Mikkelsen) in dem Land der Gegensätze und der gravierenden Armut. Liebevoll kümmert er sich um Waisenkinder und unterrichtet sie in Englisch. Eines der Kinder ist ihm besonders an das Herz gewachsen: Der achtjährige Pramod, der schon als Baby in das Heim kam.
Deshalb wehrt er zunächst ab, als er von der Geschäftsführerin Mrs. Shaw aufgefordert wird, nach Dänemark zu reisen. Ein Sponsor hat eine hohe Geldspende versprochen und zu seiner Verwunderung erfährt Jacob, dass der Geschäftsmann Jørgen (Rolf Lassgård) darauf besteht, dass er persönlich nach Dänemark kommt, um die Verträge zu unterschreiben.
Unwillig verabschiedet er sich von seinem Schützling Pramod und fliegt in das Land, das er vor über 20 Jahren aus Unzufriedenheit mit dem Leben dort und aus Abenteuerlust verließ. Bald spürt er, dass ihn mit Jørgen mehr als die ersehnte Geldspende verbindet. Eine Einladung zur Hochzeit der Tochter des wohlhabenden Mannes bringt Licht in die mysteriösen Motive des großzügigen Sponsors. Seine Ehefrau Helene (Sidse Babett Knudsen) ist die Jugendliebe Jacobs. Als die Braut Anna (Stine Fischer Christensen) später eine kleine Tischrede hält, erfährt er zudem, dass sie nicht die leibliche Tochter Jørgens ist.
Die Frage, ob sie seine eigene Tochter ist, bewegt ihn tief und versetzt ihn in starke Unruhe. Helene wehrt zunächst alle Gesprächsversuche ab, bis es zu einem heftigen Wortgefecht kommt, wodurch auch Anna die ganze Wahrheit erfährt. Als die junge Ehe ins Wanken kommt, sucht sie bei Jacob Rat und Unterstützung. Die Beiden verstehen sich schnell und es entsteht eine zarte Bindung.
Genau dies war Jørgens Absicht. Denn er ist todkrank und plant, Jacob die Verantwortung für seine Familie zu übertragen – notfalls mit erpresserischen Methoden.
Verzweiflung, Sehnsucht, Begierde, Todesangst umtreibt die vier ProtagonistInnen.
Die Sorge um die Liebsten scheint zunächst ihr Hauptmotiv zu sein - bis offensichtlich wird, dass ihr Handeln ebenso egozentrisch geprägt ist. Jacob ringt lange mit sich, um herauszufinden, welche Entscheidung die richtige ist.
Regisseurin Susanne Bier erhielt für die romantische Komödie "The One And Only – Der einzig Richtige" (1999) den dänischen Oscar "Robert" und den Filmkritiker-Preis "Bodil" noch bevor sie sich international mit dem im Stil der 1995 aufgestellten Dogma – Regeln gefilmten "Elsker Dig For Evigt – Open Hearts" einen Namen machte. 2004 feierte sie erneut einen großen Erfolg mit dem Film "Brothers – Zwischen Brüdern", einer Brudergeschichte um die Auswirkungen des Balkankrieges.
AVIVA-Tipp: Sorgfältig und bewegend inszeniert. Der emotionalen Entwicklung der starken Charaktere und ihrer Verstrickung ineinander wird viel Zeit gelassen, wodurch die ZuschauerInnen tief in die seelischen Konflikte der ProtagonistInnen hinein gezogen werden.
Nach der Hochzeit
FSK ab 12 Jahren
Regie: Susanne Bier
Idee: Susanne Bier, Anders Thomas Jensen
Drehbuch: Anders Thomas Jensen
Dänemark 2005, 119 Minuten
DarstellerInnen: Mads Mikkelsen, Rolf Lassgard, Sidse Babett Knudsen , Stine Fischer Christensen
Verleih: Universum Film
Kinostart: 01.02.2007
www.nach-der-hochzeit.de