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Beitrag vom 26.05.2003
Nie wieder Sibylle
Hilde Meier
"Träum nicht, Sibylle" heißt der Dokumentarfilm über die Geschichte der unkonventionellen Frauen-Zeit-Schrift Sibylle, die in der DDR ein Hit war.
"Träum nicht, Sibylle", Julie Schrader´s Dokumentarfilm über die DDR-Kult-Illustrierte "Sibylle" ist ins Kino gekommen. Er ist die erste Produktion der "Venusfilm", die es sich zur Aufgabe macht, Frauen in der Filmbranche nach vorne zu bringen. Die Studentin Julie Schrader hat eine fast einstündige Dokumentation über die begehrteste Zeitschrift für Mode und Kultur der DDR gedreht. Ein nostalgischer Film, der nicht nur alte Sibylle-Leserinnen in den Bann zieht.
Im Reportagestil wird der Werdegang der 1956 gegründeten Ost-Kultur- und Modezeitschrift "Sibylle" erzählt. Die damalige Chefredakteurin Dorothea Melis meint, dass die Gründung des anspruchsvollen Magazins eine Antwort auf den Volksaufstand war. "Es wurde nötig, dem Volk der DDR auch Spiele zu geben, nicht nur Brot."
Als kreative Spielwiese fungierte Sibylle dann jahrzehntelang sehr gut.
Mal subversiv, mal intellektuell, mal weiblich, und dabei immer anders als die anderen war "Sibylle" ein Werk vieler kreativer Frauen in der DDR, die ihr Ventil in Mode, Fotos, Stil finden konnten. So wurden kleine Rebellionen in Fotostrecken und Ästhetik verpackt. Denn, "die Obrigkeit konnte mit Bildern nicht umgehen", meint die Modedesignerin Erika Bläser.
Der Name Sibylle, die Weissagende, stand auch immer für das Programm. Sybillle hatte ihren ganz eigenen Stil, fotografiert von ihren Stamm-FotografInnen Ute Mahler und Thomas Schlierholz. Sie produzierten über Jahre die typischen, kunst- und geheimnisvollen Schwarz-weiß-Bilder.
Sibylle überlebt die Wiedervereinigung mehr schlecht als recht.
1994 ist sie ziemlich unten. Der Rettungsversuch von vier engagierten Frauen durch die Gründung der GmbH ist ein kurzes Intermezzo. 1995 stellt der neue Besitzer, der Gong-Verlag, Sibylle über Nacht ein. Ende, aus.
Der ungewöhnliche Film weckt nostalgische Erinnerungen an alte DDR-Zeiten und an die daran schönen Seiten - zu denen Sibylle zweifellos gehörte.
Und macht auch traurig. Denn, da sind sich im Film alle einig: "Ein solches Magazin für anspruchvolle, ästhetische, gebildete Frauen zwischen 30 und 90, mit Widerspruchsgeist, gibt es nicht mehr." Und wird es auch nicht mehr geben....
Die Geschichte der "Sibylle" scheint der Filmemacherin Julie Schrader sehr am Herzen zu liegen, denn sie den Film komplett aus eigenen Mitteln finanziert.
Aber auch der Filmredakteurin der Berliner Zeitung, Anke Westphal fehlt die Sibylle. Und wir schließen uns an.
Wir vermissen dich auch, Sibylle! Die Aviva-Berlinerinnen
"Sibylle, Modefotografie aus drei Jahrzehnten DDR" ist ein wunderschöner, nostalgisch aussehender und melancholisch machender Bildband aus dem Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag. Herausgeberin ist Ex-Sibylle-Chefredakteurin Dorothea Melis.
Im Fotoband finden sich die betörend schön gestalteten Schwarz-weiß-Aufnahmen von Arno Fischer, Günter Rössler, Roger Melis, Sibylle Bergemann und Ute Mahler wieder.
Träum nicht, Sibylle
Julie Schrader
Dokumentarfilm
57 Minuten
BRD 2001
Venusfilm Berlin