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Beitrag vom 07.06.2011
Hana, dul, sed - Ein Dokumentarfilm von Brigitte Weich. Kinostart: 09. Juni 2011
Sylvia Rochow
Pünktlich zur Frauen-WM kommt ein besonderer Fußballfilm ins Kino. Die Dokumentation begleitet vier nordkoreanische Nationalspielerinnen auf und neben dem Fußballplatz.
Ri Jong Hi (Torhüterin), Ra Mi Ae (Abwehr), Jin Pyol Hi (Angriff) und Ri Hyang Ok (Mittelfeld) waren Stammspielerinnen einer der besten Fußballmannschaften der Welt. Die österreichische Filmemacherin Brigitte Weich begleitete die vier Frauen aus Nordkorea mehrere Jahre lang, während ihrer aktiven Laufbahn und nach dem Ende ihrer Karriere.
Am Anfang stand für Weich das Interesse am weitgehend unbekannten Leben in dem hermetischen kommunistischen Staat. Dass sich im Vorfeld eher zufällig die Verbindung zum Fußball ergab, wurde letztlich zum Glücksfall. Die Regisseurin hätte die Widersprüche Nordkoreas – von seinen imposanten Monumenten und pathetischen Gesten bis zu ganz alltäglichen Situationen – nicht besser einfangen können.
Die Dokumentation erzählt vom hohen Stellenwert, den der Frauenfußball in den vergangenen Jahren in Nordkorea erlangt hat. Staatschef Kim Jong Il sah in der noch jungen Sportart gute Aufstiegsmöglichkeiten für sein Land, und so wurde ein Fördersystem aus dem Boden gestampft, das den Spielerinnen ideale Bedingungen und die besten TrainerInnen garantieren sollte. Im Film wird die große Diskrepanz zwischen dem sehr konservativen Gesellschaftsbild mit klischeehaftem Frauenideal (in einem Lied heißt es: "Die Frau muss eine Blume sein, die Frau muss hübsch sein, die Frau muss lange Haare haben, die Frau darf keine Hosen tragen") und den Frauen auf dem Spielfeld, deren Haare kurz geschnitten sind und die auch Fouls begehen, vermittelt.
Es sind nicht nur mitreißende Sportszenen entstanden, sondern auch die oft geisterhafte Kulisse der Hauptstadt Pjöngjang, die Weich eindrucksvoll darstellt. Das vermeintlich negative Kapitel des Films – das überraschende Verpassen der Qualifikation für die Olympischen Spiele 2004 in Athen – stellte sich im Nachhinein als positive Bereicherung heraus. Ri Jong Hi, Ra Mi Ae, Jin Pyol Hi und Ri Hyang Ok mussten ihre aktiven Karrieren im Nationalteam beenden. Da dies jedoch keineswegs das Aus für das Filmprojekt bedeutete, erhalten die ZuschauerInnen nun auch Einblicke in das Leben der Spielerinnen nach dem Fußball und erleben, wie die einstmals privilegierten Sportlerinnen sich wieder in die nordkoreanische Gesellschaft einfügen: Hochzeit, Familie, Arbeitsalltag im Büro. Als Einzige ist Ri Hyang Ok dem Fußball auch beruflich verbunden geblieben, sie wurde Trainerin und Schiedsrichterin.
AVIVA-Tipp: Der Dokumentarfilm Hana, dul, sed von Brigitte Weich gewährt Einblicke in das Leben von vier Stammspielerinnen des nordkoreanischen Frauenfußball-Nationalteams und ihr Land. Weich gelingt es, die persönlichen Geschichten der Protagonistinnen ebenso darzustellen wie die Spannungen, denen die Sportlerinnen bei Auslandsreisen regelmäßig ausgesetzt waren, wenn diese zu ideologischen Auseinandersetzungen über ihr Regime herhalten mussten. Der Film endet nicht mit dem Scheitern Nordkoreas in der Olympiaqualifikation 2004, sondern begleitet die ehemaligen Fußballerinnen beim Übergang in das normale Leben.
Hana, dul, sed – Eins, zwei, drei
Österreich 2011
Buch und Regie: Brigitte Weich, Karin Macher
DarstellerInnen: Ri Jong Hi, Ra Mi Ae, Jin Pyol Hi, Ri Hyang Ok u.a.
Verleih: RealFiction
Lauflänge: 98 Minuten
Kinostart: 09. Juni 2011
www.hanadulsed.com
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Football Under Cover
Interview with the filmmakers of "Forerunners"
Forerunners, Doku, 60 min., Israel 2004
R: Pazeet Mili Ben Hayl & Galit Gala Shaked, OmeU
(Der Film erzählt die Geschichte von drei israelischen Frauen mit verschiedensten religiösen und kulturellen Identitäten, die davon träumen, eine eigene Fußballmannschaft in Israel zu gründen.)