I Killed My Mother - J´ai Tué Ma Mère - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kultur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 03.02.2011


I Killed My Mother - J´ai Tué Ma Mère
Yasmine Georges

Xavier Dolan ist seit 2009 das Wunderkind der kanadischen Filmbranche. Mit 17 schrieb er das Drehbuch zu seinem ersten Spielfilm, mit 19 führte er Regie. Das Ergebnis ist das eindringliche...




...Portrait einer Mutter-Kind-Beziehung zwischen Liebe, den Tücken der Adoleszenz und den Hürden der Erziehung.

Hassliebe zwischen Mutter und Sohn

In der schummrigen Wohnung fühlt sich Hubert (Xavier Dolan) nicht wohl. Ihn ekelt ihre beklemmende Enge und die kitschige Einrichtung und die Tatsache, dass er sie mit seiner Mutter (Anne Dorval) teilen muss. Denn Hubert verabscheut seine Mutter. Es sind ihre geschmacklosen Pullis, das Schmatzen und die Krümel an ihrem Mund, die ihm verhasst sind. Hinzu kommen ihre manipulative Art, ihr ständiges Gemäkel und die nervigen Fragen. Vor ihnen flüchtet er in die Schule, in sein Zimmer oder in das geschmackvoll eingerichtete Heim seines Freundes Antonin (Francois Arnaud), und doch bleibt der bittere Nachgeschmack sein ständiger Begleiter.

Hubert und seine Mutter © Kool Filmverleih


Drehbuchautor und Regisseur Xavier Dolan spielt den halbwüchsigen Hubert Minel mit einer kindlichen Arroganz. Gegenüber seiner Mutter mimt er den Unantastbaren, den überheblichen Streitwütigen, der sich an allem stört. Und dann sind da noch andere Seiten des 17-jährigen. Mit Antonin malend überkommt ihn die Leidenschaft. Plötzlich ist Hubert nicht mehr der kaltblütige Junge, er wird zum kreativen Künstler, dann zum fordernden Liebhaber. Seiten, die seine alleinerziehende Mutter Chantal nicht bemerkt. Hubert fühlt sich missverstanden von seiner gutbürgerlichen Erzeugerin. Zwischen seiner Identität und der ihren liegen Welten.

Um die Gegensätzlichkeit der beiden Figuren deutlich zu machen bedient sich der Regisseur unterschiedlichster stilistischer Mittel. Neben den Streitereien zeigen auch die raffinierten Kameraeinstellungen die Diskrepanz zwischen den beiden. Über den Küchentisch hinweg beäugen sich Mutter und Sohn, die körperliche Nähe kann jedoch nicht über den emotionalen Abstand hinwegtäuschen, der zwischen ihnen herrscht. Nicht mit dem intimen Über-Schulter-Blick fängt die Kamera dieses Gespräch ein, sondern von einem neutralen Punkt aus, der die Diskrepanz der Charaktere deutlich macht.

Hubert Minel © Kool Filmverleih


Die Dialoge zwischen Mutter und Sohn, die zumeist im Streit enden, sind ebenso gelungen. Die Mischung aus fiktiven und realen Gesprächen überzeugt durch Authentizität und die Ehrlichkeit der Hauptpersonen. "Hätte ich der Realität noch näher rücken wollen, hätte ich Kameras in den Blumentöpfen verstecken müssen und ein Mikro im Hemdkragen meiner Mutter.", erzählte Dolan in einem Interview.

Die Idee zu "I Killed My Mother" basiert auf einer Kurzgeschichte, die der Regisseur in der Schule schrieb. In "Muttermord" ging es um kindlichen Hass und den Alltag einer Mutter-Sohn-Beziehung, die Dolan für seinen Film um Kindheitserinnerungen und vielschichtige Hauptfiguren ergänzte.

"I Killed My Mother" wurde seit 2009 auf diversen Festivals gezeigt und mehrfach prämiert. Vor allem der Dreifach-Sieg bei den Filmfestspielen in Cannes erregte Aufsehen. Dort gewann Dolans Werk unter anderem den "Preis der Arthouse-Kinos".

AVIVA-Tipp: "I Killed My Mother" ist Personenportrait und Beziehungsdrama zugleich. Dolan setzt sich in seinem Spielfilmdebüt gekonnt mit der alltäglichen Beziehung zwischen Mutter und Kind auseinander, denn die Hauptfiguren sind komplex und authentisch, was es einfach macht, sich mit ihnen zu identifizieren. Ein Film, der den ZuschauerInnen noch lange nach den 100 Minuten Spielzeit im Kopf herumspukt und gewiss zur Reflektion anregt.

Zum Regisseur: Xavier Dolan wurde 1989 in Montreal geboren. Er ist als Regisseur, Drehbuchautor, Schauspieler, Art Director und Produzent tätig. Seine Schauspielerkarriere begann er im Alter von vier Jahren mit einer Rolle in einer Serie von Werbespots. Nach "I Killed My Mother", drehte er seinen zweiten Spielfilm "Heartbeats", der 2010 in Cannes in Premiere feierte. Die Dreharbeiten zu seinem dritten Werk beginnen im Frühjahr 2011. (Quelle: Filmverleih Kool)

I Killed My Mother
J´ai Tué Ma Mère
Kanada 2009
Buch und Regie: Xavier Dolan
DarstellerInnen: Anne Dorval, Xavier Dolan, Suzanne Clement, François Arnaud, Patricia Tulasne, Niels Schneider u.a.
Verleih: Kool Filmverleih
Lauflänge: 100 Minuten
Kinostart: 03. Februar 2011

Weitere Infos zum Film finden Sie unter:

www.i-killed-my-mother.de

Weitersehen auf AVIVA-Berlin:

"Mother - Obsessive Mutterliebe" Regisseur Bong Joon-hob verknüpft eine beklemmende Mutter-Sohn-Beziehung mit einer Kriminalgeschichte


Kultur

Beitrag vom 03.02.2011

AVIVA-Redaktion