LEBANON. DVD- und Blu-ray-Verkaufstart: 13. Mai 2011 - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kultur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 16.05.2011


LEBANON. DVD- und Blu-ray-Verkaufstart: 13. Mai 2011
Sharon Adler

Das in Venedig 2009 mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnete Drama von Samuel Maoz zeigt eindringlich das Leid auf beiden Seiten des Krieges und beweist wieder einmal, dass es in diesem Spiel keine ...




... GewinnerInnen geben kann.
II des Krieges und beweist wieder einmal, dass es in diesem Spiel keine GewinnerInnen geben kann.

"Ich widme diesen Film allen Menschen, denen es vergönnt ist, gesund und sicher aus einem Kriegseinsatz zurückzukehren. Diese Menschen tragen die Erinnerung an den Krieg ein Leben lang mit sich. Sie arbeiten, sie heiraten, sie haben Kinder, aber die Kriegserlebnisse sind in ihre Seelen gebrannt."
Samuel Maoz bei der Preisverleihung Filmfestspiele Venedig 2009

25 Jahre nach dem traumatisierenden Morgen des 6. Juni 1982, dem Tag, an dem der 1. Libanon-Krieg begann, fing der Regisseur damit an, seine Geschichte aufzuarbeiten. An diesem Tag hatte Samuel Maoz zum ersten Mal einen Menschen getötet:

"Es war weder meine freie Entscheidung, noch wurde es mir befohlen. Ich reagierte in einem Akt instinktiver Notwehr, einer Reaktion ohne intellektuelle oder emotionale Motivation – nichts als purer Überlebenswille, der sich jede menschliche Regung versagt. Ein Instinkt, der sich einer Person bemächtigt, die sich in unausweichlicher Todesangst befindet. Am 6. Juni 1982 war ich 20 Jahre alt."

Wie auch schon Ari Folman in seinem animierten Dokumentarfilm "Waltz with Bashir", so hat Samuel Maoz mit LEBANON ebenfalls einen emotional aufrüttelnden Film geschaffen, der die Erinnerung an die persönlichen Erlebnisse als Soldat im 1. Libanonkrieg in den Fokus stellt. Anders als Folman, der das Genre der Graphic Novel gewählt hatte, entschied sich Maoz für ein experimentelles Format. Bei der Entwicklung der Geschichte stellte er sich die Frage, wie er emotionale Verwundungen auf Filmmaterial bannen sollte:

"Mir war klar, dass ich grundlegende Prinzipien über den Haufen werfen, einige starre filmische Regeln aushebeln und ein totales Experiment eingehen musste, anstatt ein traditionelles Handlungskonstrukt zu entwerfen.
Die Entscheidung für einen experimentellen Film ließ schließlich Konturen eines filmischen Konzepts aufblühen. (...) Das Publikum sollte nicht zuschauen, wie sich eine Geschichte vor ihren Augen abspielt, sondern diese gemeinsam mit den Darstellern erleben. Der Zuschauer sollte keine Zusatzinformationen bekommen, sondern mit den Schauspielern im Panzer gefangen sein und deren eingeschränkte Sicht auf das Kriegsgeschehen haben und nur das hören, was die Besatzung hört."


Sommer 1982 – Der erste Libanon-Krieg

Um diese Innensicht für die ZuschauerInnen erfahrbar zu machen, wurde einzig aus einem Panzer und aus der Innensicht der vier Panzerinsassen heraus gefilmt. Den Krieg und die ständige direkte Bedrohung sieht man nur durch den Sucher des Zielfernrohrs. Die ZuschauerInnen befinden sich mit den Eingeschlossenen zusammen in einem rollenden Gefängnis und auch für sie körperlich spürbar ist das Gefühl von Hitze und Lärm, vor allem aber Panik und Ohnmacht.
Die jungen Soldaten, Männer um die 20, wurden zu einer Routinemission abkommandiert, deren Aufgabe es war, mit Unterstützung einer Truppe von Fallschirmspringern eine Stadt auszukundschaften, die zuvor von der israelischen Luftwaffe bombardiert wurde. Was anfangs wie ein "Walk in the park" aussieht, eskaliert zu einem Albtraum.
Keiner von ihnen hatte zuvor direkte Erfahrungen mit einer Kriegssituation gemacht und so findet sich die vierköpfige Panzerbesatzung völlig unvorbereitet gefangen in einer Spirale der Gewalt, die sie komplett überfordert. Die Besatzung des Panzers sind Shmulik der Richtschütze, Assi der Kommandant, Herzl der Ladeschütze und Yigal der Fahrer. Vier junge Soldaten, die gelernt hatten, auf benzingefüllte Fässer zu feuern, doch die Brutalität des Kampfes nie erlebten. Als ihr Panzer vom Weg abkommt und sie sich in Syrien wiederfinden, realisieren sie plötzlich, dass sie Menschen töten müssen, wenn sie nicht selbst getötet werden wollen.
Einzig ihr Wille zu überleben, bestimmt ihr Handeln, aber auch Todesangst, Instinkt, und der Versuch um einen Rest von Menschlichkeit in einer unmenschlichen Situation.

Chronik eines Krieges

Nach 675 Toten auf der israelischen und 9.798 auf der anderen Seite endete der Krieg im September 1982. Die PLO zog sich zurück und Israel besetzte den südlichen Libanon (bis 1985) in dem die Hisbollah bis heute mehr und mehr Einfluss gewann. Der Krieg war zu Ende.
2001 wurde Ariel Sharon Premierminister des Landes und blieb es bis 2006, nachdem er 2005 mit einem Schlaganfall in das Koma gefallen war, in dem er bis heute liegt.
Am 12. Juli 2006 brach der 2. Libanon-Krieg aus, in dem Israel 33 Tage lang die Hisbollah bekämpfte.

Frieden gibt es bis heute nicht.

AVIVA-Tipp: Der verstörend dichte und von der Kritik gefeierte Spielfilm, ausgezeichnet mit dem Goldenen Löwen in Venedig 2009 und weiteren internationalen Preisen, liefert einen zutiefst menschlichen, unverklärten Blick auf diesen Krieg abseits jeglicher Heldenklischees. "LEBANON" entlässt seine ZuschauerInnen mit der Gewissheit, einen wichtigen und exzellent umgesetzten Film gesehen zu haben, einen Film, der einmal mehr die Sinnlosigkeit aller Kriege aufzeigt.

Samuel Maoz, Drehbuch und Regie

Samuel Maoz (auch Shmuel Maoz, Maoz Shmulik oder Shmulik Maoz) wurde 1962 in Tel Aviv geboren. Als er 13 Jahre alt war, bekam er als Geschenk zu seiner Bar-Mizva eine 8mm Filmkamera und 4 Minuten Filmmaterial. Mit 18 Jahren hatte er bereits mehrere Dutzend Kurzfilme gedreht. Nach dem Schulabschluss absolvierte er eine Ausbildung zum Kameramann an der Kunsthochschule "Beit Zvi Academy of the Arts".
Zunächst arbeitete er als Szenenbildner an Kino- und Fernsehfilmproduktionen mit, bevor er ins Regiefach wechselte und Theateraufführungen, Fernsehserien und Dokumentarfilme inszenierte. LEBANON, mit dem er als erster Israeli überhaupt 2009 den Goldenen Löwen der Internationalen Filmfestspiele von Venedig gewann, ist Maoz´ Spielfilmdebüt.
Es dauerte 20 Jahre bis er durch seine Arbeit an LEBANON endlich "nach Hause kam". Die Jury der evangelischen Filmarbeit hat LEBANON als Film des Monats Oktober ausgezeichnet.
FILMOGRAFIE
2000 TOTAL ECLIPSE (Dokumentarfilm)
2009 LEBANON


LEBANON
Ein Film von Samuel Maoz
mit Yoav Donat, Itay Tiran, Oshri Cohen, Michael Moshonov, Zohar Strauss, Reymonde Amsellem, Ashraf Barhom, und Dudu Tassa
Ariel Roshko, Production Designer
Verleih: Senator Home Entertainment
DVD- und Blu-ray-Verkaufstart: 13. Mai 2011

Den Trailer zu LEBANON finden Sie unter: www.youtube.com

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Beitrag vom 16.05.2011

Sharon Adler