Wanderausstellung - Lagerbordelle. Sex-Zwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kultur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 02.04.2009


Wanderausstellung - Lagerbordelle. Sex-Zwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern
AVIVA-Redaktion

Häftlingsbordelle sind ein in der Geschichte der Konzentrationslager bislang wenig beachtetes Phänomen. Die weiblichen Häftlinge, die Sex-Zwangsarbeit leisten mussten, schwiegen nach 1945 ebenso...




... über ihre Erfahrungen wie die Bordellnutzer – männliche, vor allem deutsche Häftlinge, denen die SS den Bordellbesuch im Rahmen eines Prämiensystems ermöglichte.

In den Jahren 1942-1945 mussten Frauen in insgesamt zehn Konzentrationslagern Sex-Zwangsarbeit leisten, die Mehrzahl von ihnen wurde im Frauen-KZ Ravensbrück rekrutiert. Die ab 1942 von der SS eingerichteten Bordelle sollten als Leistungsanreiz dienen, um die Arbeitsproduktivität der Häftlinge in der Rüstungsindustrie zu steigern. Zugleich wollte die SS-Führung auf diese Weise der von ihr gefürchteten Verbreitung der Homosexualität begegnen. Die Wanderausstellung zu dem tabuisierten Thema war zunächst in der Gedenkstätte Ravensbrück zu sehen, nun wird sie noch bis zum 21. April 2009 im Soziokulturellen Zentrum in der KULTschule gezeigt. Am 22. April 2009 jährt sich die Befreiung des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück zum 64. Mal.

Die Ausstellung bietet neue Erkenntnisse über Lagerbordelle in Konzentrationslagern. Es konnten zahlreiche Frauen namentlich ermittelt werden, die in den Lagern sexuelle Zwangsarbeit leisten mussten. "Etwa 70 Prozent von ihnen waren deutsche Frauen, die von der SS als ´asozial´ klassifiziert wurden, andere Frauen kamen aus Polen, der Ukraine, Weißrussland und den Niederlanden. Fast alle der rund 170 namentlich bekannten Frauen haben die KZ-Haft überlebt, keine von ihnen hat nach 1945 für die sexuelle Ausbeutung in einem Lagerbordell eine Entschädigung erhalten", so der Kurator der Wanderausstellung, der Berliner Kulturwissenschaftler Robert Sommer.

Die Ausstellung geht auf die betroffenen Frauen ein und beleuchtet die Organisation und Funktion der Bordelle aus der Sicht der SS. Sie stellt die Häftlingsbordelle in den einzelnen Konzentrationslagern vor und fragt nach den Gründen für das jahrzehntelange Schweigen über dieses Thema nach 1945. Präsentiert werden rund 150 Dokumente und Fotos sowie Themenmappen und Hörstationen.

Erstmals sind nicht nur Interviews mit zwei betroffenen Frauen zu hören, sondern auch ehemalige Häftlinge, die ein Lagerbordell besuchten, berichten aus ihrer Perspektive über ein Thema, das wie kaum ein zweites aus dem Bereich der KZ-Geschichte verschwiegen und verdrängt wurde. Neu ist außerdem ein Kapitel über Prostitution in der Zeit des Nationalsozialismus.

Eine Sonderausstellung der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück im Soziokulturellen Zentrum in der KULTschule - Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis "Marginalisierte - gestern und heute".

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Sexualisierte Gewalt. Weibliche Erfahrungen in NS-Konzentrationslagern, ein Beitrag von Martina Weibel.
Die Frauen von Ravensbrück. Loretta Walz ein Beitrag von Hilke Bölts.

Veranstaltungsort:: KULTschule
Sewanstrasse 43
Ausstellungsbereich: Räume 117 und 118
10319 Berlin- Lichtenberg
Öffnungszeiten: Wochentags von 9 bis 19 Uhr, Sonntags von 13 bis 17 Uhr
Weitere Informationen zur Ausstellung unter:
www.lichtenberger-kulturverein.de und www.ravensbrueck.de
Telefon: 030 - 32 59 84 51, 51 06 96 40


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Beitrag vom 02.04.2009

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