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Beitrag vom 15.12.2009
Same Same But Different
Claire Horst
Aus Thailand stammt die titelgebende Redewendung und auch die Hauptdarstellerin, doch die Geschichte von Benjamin und Sreykeo spielt in Kambodscha. Benjamin Prüfer, Journalist, hatte 2006 in der ...
... Zeitschrift "Neon" über seine Liebe zu der Kambodschanerin Sreykeo geschrieben. Auf einer Rucksackreise hatte der damals 23-Jährige die junge Frau in einem Club in Phnom Penh kennen gelernt. Was darauf folgte, war für ihn zunächst ein ganz normaler One Night Stand, eine Begegnung von vielen, wenn man jung und auf der Suche nach sich selbst ist. Wohin will ich, was mache ich hier, und wer bin ich überhaupt? Diese Fragen hat Benjamin im Kopf, als er sich ins Partyleben der Rucksackreisenden wirft.
Die Begegnung mit Sreykeo stellt alles auf den Kopf. Am Morgen nach der gemeinsam verbrachten Nacht fragt sie nach Geld. Ihre Familie lebt von ihren Einkünften als Prostituierte. Die Liebesgeschichte, die sich trotz dieser widrigen Umstände zwischen den beiden entwickelt, hat Prüfer in seinem Buch "Wohin du auch gehst" beschrieben, Detlev Buck hat sie jetzt verfilmt. Der recht naive und blauäugige Benjamin verliebt sich in Sreykeo und zieht zu ihr und ihrer Familie, als sein Freund Ed nach Deutschland zurückkehrt. Die Aufnahmen im Wohnblock "La Building" in Phnom Penh zeigen ein ungeschminktes Bild vom Alltagsleben in Kambodscha, ein Leben, das von Armut geprägt ist.
Sreykeos Blick auf die Dinge ist ein anderer und steht in dem Film gleichberechtigt neben der Perspektive von Benjamin. Sreykeo sieht sich als Geschäftsfrau, die für das Überleben ihrer Familie verantwortlich ist. Sentimentalitäten kann sie sich nicht leisten – umsonst ist nichts, und so muss Benjamin für das Zusammensein bezahlen. Als sie sich verlieben, schließen sie ein Abkommen: Nach seiner Rückkehr in die Heimat schickt Benjamin ihr Geld, wenn sie dafür auf die Prostitution verzichtet.
Same same but different – zwar wollen beide zusammen sein, doch Benjamin findet sich noch zu jung zum Heiraten, während Sreykeo genau darauf hofft. Für sie ist das eine existentielle Frage. Diese Situation ändert sich für beide abrupt, als Sreykeo einen Befund erhält: Sie ist HIV-positiv.
Kambodscha hat die höchste Infektionsrate in Asien – nach dem Abzug der vietnamesischen Besatzung 1991 und damit der Öffnung für den (Sex-)Tourismus breitete die Krankheit sich rasant aus. Dass die medizinische Versorgung katastrophal ist, hängt ebenfalls mit der Geschichte des Landes zusammen – die jahrzehntelange Abschottung führte dazu, dass es außer über Hilfsorganisationen keinen Zugang zu Medikamenten gibt.
Benjamin kämpft dafür, seine Geliebte medizinisch zu versorgen und muss dabei auch gegen ihre eigene Abwehr kämpfen, denn ihr Vertrauen zur westlichen Medizin ist nicht sehr hoch. Die AIDS-Problematik in Kambodscha steht allerdings nicht im Mittelpunkt des Films. Zwar zeigt "Same Same But Different" großartige Aufnahmen aus Kambodscha und vermittelt durchaus einen Einblick in die soziale Lage des Landes. Doch im Grunde ist es vor allem eine klassische Liebesgeschichte, die Detlev Buck erzählt: "Seit der Filmhochschule will ich einen Film machen, der nicht nur, wie so oft, ein bisschen Liebe beinhaltet, sondern nichts außer Liebe thematisiert. … Jetzt mit dieser wahren Geschichte von Benjamin Prüfer und Sreykeo sehe ich endlich die Zeit gekommen, den Film zu machen. Nie zuvor wurde mir so klar bewusst, dass die Bedeutung der Liebe mit der Verantwortung wächst."
AVIVA-Tipp: Die Liebe von Sreykeo und Benjamin hat sehr unterschiedliche Facetten. Es geht um Versorgung, um finanzielle Abhängigkeit, aber auch um Vertrauen und das Einstehen füreinander. Die zunächst absurd anmutende Geschichte des jugendlichen Praktikanten, der noch gar nicht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll und plötzlich Verantwortung übernimmt, berührt. Gerade dass die Beziehung zwischen einem westlichen Touristen und einer asiatischen Prostituierten so ganz anders erzählt wird als üblich, gerade dass beide nachvollziehbar und sympathisch geschildert werden, macht den Film zu etwas Besonderem.
Neben den beiden HauptdarstellerInnen Apinya Sakuljaroensuk und David Kross begeistern auch die NebendarstellerInnen. In Kambodscha hat das Team zahlreiche Mitwirkende gecastet, übrigens nicht nur als SchauspielerInnen, sondern auch für Aufgaben hinter der Kamera. Allein für die Szene in einer Diskothek wurden 150 StatistInnen engagiert. Zudem wartet der Film mit einem großartigen Soundtrack von Noir Desir über Cat Power zu Schubert auf.
"Same Same But Different" wurde am 13. August 2009 auf dem 62. Internationalen Filmfestival von Locarno erstaufgeführt und im Rahmen des Festival-Wettbewerbs mit dem "Variety Piazza Grande Award" ausgezeichnet. Außerdem lief er auf dem Toronto International Film Festival und auf dem London Festival of German Films.
Zum Regisseur: Detlev Buck ist Schauspieler, Autor, Regisseur und Produzent. Nach seinem Studium an der DFFB gründete er 1991 mit Claus Boje die Boje Buck Produktion. Für seine Filme erhielt Detlev Buck zahlreiche Preise, darunter den Bayerischen Filmpreis sowie den Deutschen Filmpreis in Silber für den Besten Film. Mit "Same Same But Different" inszenierte Buck seinen ersten Film außerhalb Deutschlands.
Same Same But Different
Deutschland 2009, 100 Minuten
Regie: Detlev Buck
Produktion: Boje Buck Produktion GmbH
mit David Kross, Apinya Sakuljaroensuk, Stefan Konarske u.v.a.
Dolby Digital, 35 mm
Starttermin Deutschland 21.01.2010
Der Film im Netz: http://samesame-themovie.com und www.mein-moment-der-liebe.de/
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
Detlev Buck – "Knallhart"
"Der Vorleser" mit David Kross
Lesen Sie auch unser Interview mit Apinya Sakuljaroensuk.