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Beitrag vom 26.06.2008
Judith Joy Ross - Living With War
AVIVA-Redaktion
C/O Berlin, International Forum For Visual Dialogues, präsentiert vom 19. Juli bis 5. Oktober 2008 im Postfuhramt Portraits der amerikanischen Fotografin Judith Joy Ross aus den Jahren 1983 - 2007.
VeteranInnen und Dekorierte, Frauen und Mütter, Opfer und Heimgekehrte, Kriegsgegner und DemonstrantInnen – wie tief greift der Krieg in das Leben der Menschen ein? Wie verändert er das Individuum? Durch das Geschehene, durch Krisen und Katastrophen werden Menschen normiert und generalisiert. Diesen Verlust des Subjektiven und der Identität dokumentiert Judith Joy Ross in Portraits von AmerikanerInnen, die in die Kriege in Vietnam, am Golf oder im Irak involviert waren. Kein Lächeln, keine Freude, dafür aber eine innere Zerrissenheit und Verhärtung finden sich in den präzisen und nüchternen Fotografien mit ihrer einzigartigen Mischung aus Intimität und emotionaler Distanz.
Judith Joy Ross zählt zu den wichtigen amerikanischen FotografInnen in der Tradition des "dokumentarischen Stils", deren Arbeit in Europa noch zu entdecken ist. Seit über 30 Jahren widmet sie sich ausschließlich dem Portrait. Ihre Schwarz-Weiß-Fotografien konzentrieren sich dabei ganz auf die Physiognomie der Menschen, um durch sie die innere Wirklichkeit der Portraitierten herauszuarbeiten. Sie verzichten auf alle darüber hinaus gehenden zeittypischen Attribute. Gleichwohl geht es der Fotografin nicht allein um eine Individualpsychologie, sondern ebenso um eine historische und existentielle Dimension. Ähnlich wie in August Sanders Werk ist auch bei Ross das Individuum eingebunden in seine Zeit und deren geschichtliche Koordinaten.
Die Ausstellung bei C/O Berlin zeigt drei Gruppen von Portraits: Die erste mit dem Titel "Protest the War" ist zugleich die chronologisch jüngste – sie entstand 2006/07 und zeigt Menschen, die in den USA gegen die Teilnahme ihres Landes am Irakkrieg demonstrieren. Begleitet werden diese Fotografien von Aufnahmen, die vor mehr als 15 Jahren entstanden. Sie zeigen SoldatInnen, die unmittelbar vor ihrem Einsatz im ersten Golfkrieg stehen. Eine letzte Gruppe entstand 1983/84 am Vietnam Veterans Memorial in Washington, D.C. Sie stellt in Einzelportraits dessen BesucherInnen vor, Veteranen oder Familienangehörige, die sich der Gefallenen des Krieges in Südostasien erinnern. Die Portraits von Ross nehmen nicht Partei für eine bestimmte politische Richtung, sondern stellen die Unersetzbarkeit des Individuums als Grundlage des geschichtlichen Prozesses heraus.
Zur Künstlerin: Judith Joy Ross wurde 1946 in Hazleton, Pennsylvania, geboren. Sie studierte Fotografie am Chicago Art Institute. Für ihre fotografischen Arbeiten hat sie zahlreiche Auszeichnungen und Preise erhalten, u. a. den Charles Pratt Memorial Award, ein Artist Fellowship des National Endowment for the Arts und ein John Simon Guggenheim Memorial Foundation Fellowship. Das Museum of Modern Art, New York, widmete ihr 1995 eine Einzelausstellung. Heute lebt Ross in Bethlehem, Pennsylvania.
C/O Berlin präsentiert die Ausstellung "Living With War" erstmals in Berlin. Die 85 Schwarz-Weiss-Fotografien wurden zuvor in Bottrop und Leipzig präsentiert. Zur Ausstellung ist im Steidl Verlag ein Katalog erschienen.
Judith Joy Ross - Living With War
Portraits 1983 bis 2007
19. Juli bis 5. Oktober 2008
Eröffnung: Freitag, 18. Juli 2008, 19 Uhr
Öffnungszeiten: Montag bis Sonntag, 11 bis 20 Uhr
Eintritt: 7 Euro, ermäßigt 5 Euro
Veranstaltungsort: C/O Berlin im Postfuhramt
Oranienburger Str. / Tucholskystr.
10117 Berlin
www.co-berlin.info