Battle of the Sexes - Gegen jede Regel. Regie Jonathan Dayton und Valerie Faris, Kinostart am 23.11.2017 - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kultur



AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 12.11.2017


Battle of the Sexes - Gegen jede Regel. Regie Jonathan Dayton und Valerie Faris, Kinostart am 23.11.2017
Helga Egetenmeier

Ein Meilenstein zur Gleichberechtigung war der sogenannte "Battle of the Sexes" im September 1973 in Houston. Billie Jean King, die weltweite Nummer 1 des Frauentennis, kämpfte um die gleiche Bezahlung im Tennissport und ließ sich deshalb auf einen aufsehenerregenden Schaukampf mit...




... dem ehemaligen Tennis Champion Bobby Riggs ein.

Mit weltweit 90 Millionen Zuschauer*innen war der "Kampf der Geschlechter" nicht nur ein spektakuläres Tennismatch, sondern auch ein groß inszeniertes Medienspektakel um männliche und weibliche Machtansprüche. Dem Regiepaar Jonathan Dayton und Valerie Faris gelingt es gleichermaßen ernsthaft, wie auch humorvoll, die vielen Facetten dieses Sportereignisses zusammenzuführen und dabei feinfühlig zu verknüpfen.

Der Schaukampf am Ende des Jahres 1973 folgte einer durch feministische Auseinandersetzungen geprägten Zeit. Die US-amerikanische Frauenbewegung hatte im Januar des gleichen Jahres vor dem Obersten Gerichtshof mit dem Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch einen großen Sieg errungen. Und bereits seit 1972 gab es die Hoffnung, endlich den vorgeschlagenen Verfassungszusatz, das "Equal Rights Amendment" (ERA), auf den Weg zu bringen. Er sollte als 27. Zusatz in die Verfassung der Vereinigten Staaten eingehen, um Frauen gleiche Rechte zuzusichern - doch der bereits 1923 erstmalig eingebrachte Zusatz ist bis heute noch nicht ratifiziert.

Der Anlass: Die schlechte Bezahlung

Detailliert, wie auch eindringlich, nimmt der Film die finanzielle Schlechterstellung der Frauen und den damit verbundenen Sexismus als ausschlaggebenden Grund für diesen Tenniskampf in den Fokus. Aktuell wie auch heute noch, störten sich King und ihre Profi-Kolleginnen an ihrer bedeutend geringeren Bezahlung für die gleichen Leistungen.

Deutlich zeigt die Geschichte die sexistischen Hintergründe der von Männern dominierten ATP (Association of Tennis Professionals), für die Frauen zu "Kind und Küche" gehören. Doch die Gruppe um Billie Jean King demonstriert, wie Solidarität und entschlossenes Handeln zu Veränderungen führen kann. Sie starten eine eigenständige Turnierserie, aus der später die WTA (Women´s Tennis Association) entsteht.

Billie Jean King und Bobby Riggs

Beide waren zu unterschiedlichen Zeiten die weltweite Nummer Eins des Tennis und deshalb auch mit ihrem Privatleben in der Öffentlichkeit präsent. Bobby Riggs, der sein erstes professionelles Tennismatch 1941 spielte, nutzte dies nach seinem Rückzug aus dem Profisport gerne für spektakuläre Auftritte.

Billie Jean King (Emma Stone) war mit ihren 29 Jahren bereits mehrfache Wimbledon-Gewinnerin, als sie gegen Bobby Riggs (Steve Carell) antrat. Dieses Match kombiniert der Film einfühlsam und liebevoll mit dem Privatleben seiner beiden verheirateten Protagonist*innen. Während King eine einschneidende Veränderung in ihrem Leben erfährt, indem sie ihre Liebe zu einer Frau, Marilyn Barnett (Andrea Riseborough), entdeckt, versucht Riggs mit seiner Spielsucht zurecht zu kommen, um seine Ehe nicht zu zerstören.

Geschlechterkampf auf dem Rasen

Bis heute halten sich die Gerüchte, dass Bobby Riggs in diesem legendären Match am 20. September 1973 im Astrodome von Houston absichtlich gegen Billie Jean King verloren hätte, um seine Wettschulden bei der Mafia bezahlen zu können. Wenige Monate zuvor hatte er Margaret Court, die damalige Nummer Eins des Frauentennis, in einem Schaukampf vernichtend geschlagen. Der Film greift diese Diskussion, wie auch das Match gegen Court, geschickt auf und stellt ihr die jeweilige Tagesform - geprägt durch Nervosität oder falsche Vorbereitung - als ausschlaggebende Entscheidung über Sieg oder Niederlage entgegen.
Billie Jean King gewann mit 6:4, 6:3, 6:3 das "Battle of the Sexes" gegen Riggs.

Hintergründige Story in schönen Bildern

Das Regieduo Dayton und Faris hat bereits in ihren zwei vorhergegangenen Spielfilmen "Little Miss Sunshine" und "Ruby Sparks - Meine fabelhafte Freundin" liebenswerte und taffe Frauenfiguren inszeniert. Stilvolle Ausgestaltungen gehören für sie ebenso dazu, wie eine pointierte Farbzeichnung und Designzusammenstellung. Darüber strahlt der Film eine Zuneigung zu seinen eigenwilligen Figuren aus, die erst diese gelungene Kombination aus gesellschaftspolitisch relevanter Thematik mit feinem Humor ergeben. Etwas mehr Kritik an der elitären Position des "weißen Sport" hätte dem Film dennoch ganz gut getan.

"Für die gleichen Dinge, für die wir 1973 gekämpft haben, kämpfe ich immer noch, und wir müssen diesen Kampf weiter vorantreiben" sagte Billie Jean King anlässlich der Veröffentlichung des Films.

AVIVA-Tipp: Mit humorvollen Ernsthaftigkeit und einem liebevollen Blick für die Vielschichtigkeit der Figuren und das Design der 70er Jahre, zeigt der Film, dass sich der solidarische Kampf um Geschlechtergerechtigkeit lohnt.

Zur Tennisspielerin Billie Jean King, geboren 1943 in Long Beach, Kalifornien als Billie Jean Moffitt, ist eine von acht Tennisspielerinnen, die im Einzel alle vier Grand-Slam-Titel gewann und neben Martina Navrátilová mit insgesamt 20 Titeln in verschiedenen Wettbewerben Rekordsiegerin ist. In London gründete sie 1973 die Women´s Tennis Association (WTA), wurde im gleichen Jahr zum zweiten Mal von der Associated Press als Sportlerin des Jahres geehrt und gewann den Showkampf gegen Bobby Riggs. 1974 wurde King als erste Frau Trainerin der Philadelphia Freedoms, eines professionellen amerikanischen Tennisteams, das sowohl aus Frauen als auch aus Männern bestand. Vor diesem Hintergrund widmete ihr Elton John 1975 das Lied "Philadelphia Freedom". In den 80er Jahren war sie eine der ersten prominenten Frauen, die offen über ihre Homosexualität sprach. 1987 wurde sie in die Hall of Fame des Tennissports aufgenommen und 1990 vom Life Magazine in die Liste der "100 wichtigsten US-Amerikaner des 20. Jahrhunderts". GLAAD (Gay and Lesbian Alliance Against Defamation) zeichnete King im Jahr 2000 mit dem Capitol Award für ihr Engagement als offen lesbisch lebende Person aus. 2009 wurde sie für ihre Verdienst im Kampf um soziale Gerechtigkeit und für ihre sportlichen Leistungen von Präsident Obama mit der Presidential Medal of Freedom ausgezeichnet. In Partnerschaft mit Teneo gründete sie 2014 die Billie Jean King Leadership-Initiative, die sich für Inklusion und Diversität am Arbeitsplatz einsetzt. 2016 richtete sie an die National Football League und die FIFA einen Appell, sich für Gender-Gleichberechtigung und Inklusion einzusetzen.
Billie Jean King lebt mit ihrer langjährigen Lebensgefährtin, der Tennisspielerin und Vorsitzenden der Tennis-Liga World Team Tennis Ilana Sheryl Kloss, in New York und Chicago.

Zu den Regisseur*innen: Valerie Faris und Jonathan Dayton ist ein US-amerikanisches Regie-Duo und Ehepaar, das gemeinsam bereits an über 75 Projekten gearbeitet hat, wie Filmen, TV-Programmen, Werbespots, Musikvideos und den zwei Spielfilmen "Little Miss Sunshine" (2006), mit dem sie viele Preise gewannen, und "Ruby Sparks - Meine fabelhafte Freundin" (2012).

Zur Hauptdarstellerin: Emma Stone, geboren 1988 in Arizona, zog mit ihrer Mutter 2004 nach Los Angeles, um Schauspielerin zu werden. Seit 2005 spielte sie in diversen Fernsehfilmen, Serien und Kinofilmen und erhielt 2017 einen Oscar und einen Golden Globe für ihre Darstellung in "La La Land".

Zum Hauptdarsteller: Steve Carell, geboren 1962 in Concord, Massachusetts, ist seit 1991 in vielen Filmen und Serien zu sehen und spielt meist in komödiantischen Rollen. Zuletzt hatte er eine Hauptrollen in "Freeheld - Jede Liebe ist gleich" (2015) und in Woody Allens "Café Society" (2016).

Zur Cutterin: Pamela Martin ist eine US-amerikanische Filmeditorin, die ihren ersten Filmschnitt bei "Spanking the Monkey" verantwortete, der 1994 den Publikumspreis beim Sundance Film Festival erhielt. Für ihre Arbeit an "The Fighter" erhielt sie eine Oscar-Nominierung für den Besten Schnitt. Sie arbeitete für das Regiepaar Faris/Dayton bereits bei "Little Miss Sunshine" und "Ruby Sparks - Meine fabelhafte Freundin".

Battle of the Sexes - Gegen jede Regel
Originaltitel: Battle of the Sexes
USA, Großbritannien, 2017
Regie: Jonathan Dayton, Valerie Faris
Drehbuch: Simon Beaufoy
Darsteller*innen: Emma Stone, Steve Carell, Andrea Riseborough, Sarah Silvermann, u.a.
Schnitt: Pamela Martin
Verleih: Fox
Lauflänge: 122 Minuten
Kinostart: 23.11.2017
Mehr Informationen zu Battle of the Sexes - Gegen jede Regel und den Trailer finden Sie unter:
www.fox.de

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Interview mit Henrike von Platen, Past-Präsidentin des BPW Germany und Initiatorin der Initiative und Online Petition FairPlay ist FairPay!
Ungleiche Bezahlung zwischen Männern und Frauen ist ein Skandal. Seit 2010 ist die Kampagne EPD mit Henrike von Platen eng verknüpft. Gleiche Bezahlung lautet das Ziel. Die bereinigte Lohnlücke ist daher unerlässlich und wird auf dem Equal Pay Day 2017 eingefordert. (2017)

Equal Pay Day am 18. März 2017: Kongress zum zehnjährigen Jubiläum.
"Endlich partnerschaftlich durchstarten!" lautet der diesjährige Aufruf zum Equal Pay Day. Dabei steht die Bekämpfung der weiterhin bestehenden Lohnunterschiede wie immer im Zentrum der deutschlandweit stattfindenden Aktionen. (2017)

UEFA startet Kampagne zur Stärkung des Mädchenfußballs
Eine Studie ermittelt stärkeres Selbstvertrauen bei Fußball spielenden jungen Frauen. Internationale Stars wie Alex Morgan, Nadine Keßler, Lara Dickenmann, Nilla Fischer und Camille Abily unterstützen "Together #WePlayStrong"-Programm. (2017)

Women´s Tennis Association feiert 40jähriges Bestehen.
Vorkämpferin Billie Jean King legte 1973 den Grundstein für den Siegeszug der Profi-Tennisspielerinnen und damit zum Aufstieg von schlecht bezahlten Sportlerinnen zu den bestverdienendsten Athletinnen der Welt. (2013)

Weitere Informationen zum Thema:

www.equalpayday.de
#EPD2018: Frauen arbeiten bis 18. März umsonst. Der EPD markiert symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer für ihre Arbeit seit dem 1. Januar bezahlt werden. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass die Lohnlücke in Deutschland gemessen am Durchschnittsbruttostundenlohn 21 Prozent (2016) betrug. Umgerechnet ergeben sich 77 Tage (21 Prozent von 365 Tagen) und das Datum des nächsten EPD am 18. März 2018.

www.wtatennis.com
The WTA (Women´s Tennis Association) is the global leader in women´s professional sport with more than 2.500 players representing nearly 100 nations competing for a record $ 139 million in prize money. In September 1970, the birth of women´s professional tennis was launched when nine players signed $ 1 contracts with World Tennis publisher Gladys Heldman to compete in a new women´s tour, the Virginia Slims Series, which included Billie Jean King, who founded 1973 the WTA.

www.equalrightsamendement.org - The Equal Rights Amendement. Unfinished Business for the Constitution.
Auf dieser Webseite informieren die Aktivist*innen über den Verfassungszusatz in die Verfassung der Vereinigten Staaten, der besagt: "Männer und Frauen sollen in den Vereinigten Staaten und überall, wo US-Recht gilt, gleiche Rechte haben." Dieser von Alice Paul geschriebene und 1923 erstmals im Kongress eingereichter Verfassungszusatz wurde bis heute nicht ratifiziert, da die nötige Anzahl der zustimmenden Bundesstaaten nicht erreicht wurde. Ziel ist, den ERA genannten Verfassungszusatz in die Verfassung aufnehmen zu lassen.

Billie Jean King Leadership-Initiative
The Billie Jean King Leadership Initiative is an ambitious and motivated endeavor whose sole focus is to move the needle on issues impacting diverse talent globally.


Kultur

Beitrag vom 12.11.2017

Helga Egetenmeier