Geschenkt wurde uns nichts. Die Geschichte einer italienischen Partisanin. Ab 15.04.2020 auf DVD und VoD - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kultur



AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 13.04.2015


Geschenkt wurde uns nichts. Die Geschichte einer italienischen Partisanin. Ab 15.04.2020 auf DVD und VoD
Helga Egetenmeier

In der Dokumentation von Eric Esser (Chaja & Mimi) erzählt die ehemalige Partisanin Annita Malavasi vor der Kamera von Caro Krugmann ihre Geschichte des Widerstands in Italien während des Zweiten Weltkriegs. Die damals 22-Jährige transportierte Waffen und Informationen, nahm an Gefechten teil und...




... lebte ein Jahr in den Bergen des Apennin. Gegen Kriegsende gehörte sie zu den wenigen weiblichen Kommandierenden der Resistenza.

Eine Partisanin entsprach nicht - und entspricht bis heute auch nicht überall - dem gesellschaftlichen Frauenbild und so konnte sie dies für ihre Arbeit im Widerstand nutzen. Auch Annia "Laila" Malavasi zieht in ihrer Erzählung über ihr Leben als Partisanin immer wieder den Bezug zu ihrer Geschlechtsidentität. Als ihr Zukünftiger nicht wollte, dass sie sich gegen die Faschisten wendet, entscheidet sie sich nach vielen Diskussionen, die langjährige Verlobung zu lösen und dadurch mit ihrem geplanten Lebensweg zu brechen.

Gleichzeitig brachen sie und ihre Kameradinnen bewusst mit den ihnen zugeschriebenen weiblichen Erwartungen und Mustern. "Laila" erzählt davon, wie sie bei den Partisanen und Partisaninnen endlich eine gleichberechtigte Haltung und patriarchatskritische Gespräche fand. So gibt die Dokumentation auch Einblick in die Motivationen der Frauen, die sich mit ihrer Entscheidung auch gegen ein von Männern dominiertes Machtverhältnis wandten.

Doch, wie Annita Malavasi am Schluss sagt, "geschenkt wurde uns nichts".
Und weiter: "Das erste, was der Kommandant der Partisanen zu mir sagte, war: ´Hier bis du weder Mann noch Frau, sondern ein Partisan. Du hast dieselben Rechte und Pflichten wie alle anderen.´" Für viele Männer und auch die Mütter der Partisaninnen war es nicht einfach, dieses neue Rollenbild anzuerkennen. So verweigerte Annita sich nach der Zeit im Widerstand ihrer Mutter, die von ihr verlangte, die Schuhe für die Männer der Familie zu putzen.

Chronologisch ins Bild gesetzt, spricht "Laila" im hohen Alter ungeschönt über ihre Lebensentscheidungen, die in ruhigen Bildern von der Kamera eingefangen werden. In den kritischen Dialog geht sie, wenn sie sich mit "Iva" und "Sonia" trifft und sich über ihre Zeit in den Bergen auseinander setzt. Ernst und auch mit einem Sinn für Humor, reflektieren die drei Frauen ihre wagemutigen Entscheidungen, die ihnen auch das Leben hätten kosten können.

Positiv erwähnt werden müssen hier noch die auffallend gut gestalteten Untertitel, die durch ihre augenfreundliche Lesbarkeit und schnelle Verständlichkeit die Möglichkeit geben, sich auch auf die Stimmen und die Mimik einzulassen.

AVIVA-Tipp: Der Film "Geschenkt wurde uns nichts. Die Geschichte einer italienischen Partisanin" lässt durch seine Protagonistinnen die ungeschminkte Geschichte einer lebenslangen Emanzipation erzählen, die für die Frauen mit dem Befreiungskampf gegen den Faschismus begann. Ein einmaliges und wichtiges Dokument weiblichen Widerstands. die drei Kämpferinnen verstarben im Jahr 2011.

Auszeichnungen, u.a.:
Best Documentary Feature, Oregon Film Awards 2014
Best Documentary Feature, Great Lakes International Film Festival 2014
Gold Award, International Movie Awards Indonesia 2014
Rising Star Award 2014, Kategorie Studentenfilm, Canada International Film Festival, Vancouver

Regie und Buch: Eric Esser, geboren 1975, ging nach dem Studium der Medieninformatik auf die selbstorganisierte Filmschule "Filmarche" und studierte Dokumentarfilm Regie. Er ist dort heute Mitglied des Ältestenrates und engagiert sich in der AG DOK. Nach mehreren Kurzfilmen veröffentlichte er 2009 mit "Chaja & Mimi" einen auf vielen Festivals gezeigten Kurzfilm über zwei in Berlin geborene Frauen, die vor den Nazis nach Palästina flohen. Er besucht jetzt die Filmuniversität in Potsdam-Babelsberg.
Kamera und Ton: Caro Krugmann wurde 1976 in Essen geboren und studierte Cinematography (Kamera) an der University of Applied Science and Art, Dortmund und an der EICTV in San Antonio de los Banos, Kuba. Sie war Kamerafrau bei mehreren Kurzfilmen, sowie einem Spielfilm ("Bandaged", 2009) und mehreren Dokumentarfilmen und arbeitet freiberuflich in verschiedenen technischen Bereichen beim Film.

Geschenkt wurde uns nichts
Die Geschichte einer italienischen Partisanin

Originaltitel: Non ci è stato regalato niente
Deutschland, Italien 2014
Regie und Buch: Eric Esser
Kamera und Ton: Caro Krugmann
Darstellerinnen: Annita "Laila" Malavasi, Pierina "Iva" Bonilauri, Gina "Sonia" Moncigoli
Lauflänge: 58 Minuten, Original mit dt. Untertiteln
Kinostart: 18.04.2015
DVD- und Video-on-Demand-Start: 15.04.2020
58 Min. + 15 Min. Bonusmaterial:
Der Gefangene, In der Gewerkschaft, Die letzten Gefallenen
12-seitiges Booklet über Frauen in der Resistenza
Sprachfassung: Italienisch. Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch
Der Trailer und Informationen zu den VoD-Plattformen online unter: www.makeshiftmovies.info

Weitere Informationen unter:

Frauen in der italienischen Resistenza > www.resistenza.de

Das Projekt "Gedenkorte Europa" des Studienkreises Deutscher Widerstand 1933–1945 > www.gedenkorte-europa.eu

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Beitrag vom 13.04.2015

Helga Egetenmeier