Albert Nobbs - ein Film von Rodrigo Garcia mit Glenn Close, Janet McTeer und Mia Wasikowska. Ab 17. Oktober 2013 auf DVD - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kultur



AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 16.10.2013


Albert Nobbs - ein Film von Rodrigo Garcia mit Glenn Close, Janet McTeer und Mia Wasikowska. Ab 17. Oktober 2013 auf DVD
Britta Meyer

Seine Haltung ist würdevoll, sein Benehmen zuvorkommend und von erlesener Höflichkeit – was niemand ahnt: der Butler Mr. Nobbs ist eine Frau. Die BesucherInnen des exklusiven Hotels schätzen...




... ... seine angenehme Art ebenso wie seine KollegInnen.

Im Dublin des 19. Jahrhunderts ist eine Identität als Mann für Albert (Glenn Close) die einzige Möglichkeit, unbehelligt und anständig bezahlt ein respektables allein stehendes Leben zu führen. So führt die Frau, deren früheren Namen die ZuschauerInnen nie erfahren, seit ihrer Jugend ein zurückgezogenes Dasein als männlicher Dienstbote - nähere soziale Kontakte verbieten sich von selbst. Erleichtert wird die Maskerade auch dadurch, dass die betuchten GästInnen des "Morrison´s" viel zu sehr mit ihren Zerstreuungen beschäftigt sind, um auf ihre Umgebung zu achten und den Bediensteten ohnehin nur sehr selten ins Gesicht sehen. So arbeitet Mr. Nobbs seit Jahren eng in ein Mieder geschnürt, still, diszipliniert und von seinen Mitangestellten respektiert und spart dabei jeden Penny ihres Lohns für einen bescheidenen Zukunftstraum: ein Leben als selbständiger Unternehmer mit eigenem Tabakgeschäft, mitten im Herzen der Stadt. Vielleicht sogar zusammen mit dem Hausmädchen Helen (Mia Wasikowska), welche Albert schon seit langem heimlich verehrt.

Als jedoch eines Winterabends der Maler Hubert Page (Janet McTeer) im Hotel übernachten soll, wird er kurzerhand in Nobbs´ Zimmer einquartiert. Was das Ende von Alberts Tarnung hätte sein können, erweist sich als ein Glücksfall, denn Page hat mehr Verständnis für die Situation, als erwartet...

Die Story um den weiblichen Hotelbutler basiert auf der 1918 veröffentlichten Kurzgeschichte "The Singular Life of Albert Nobbs" des irischen Autors George Moore, welche die Hauptdarstellerin Glenn Close, die auch das Drehbuch mitgeschrieben hat, schon seit langem auf die Leinwand bringen wollte. Das Doing Gender der Protagonistin spielt inmitten der Kulisse eines harten Kampfes um Arbeitsplätze und Überleben in einer von Jobsuchenden überfüllten Großstadt des Industriezeitalters: das Machtgefälle zwischen protestantischer Oberschicht und katholischer ArbeiterInnenklasse wird ebenso beleuchtet, wie die Gleichgültigkeit, mit der langjährige Angestellte gegen jemand Jüngeres ausgetauscht werden oder die Selbstverständlichkeit, mit der ChefInnen eine unverheiratete Schwangere auf die Straße jagen.

Glenn Close spielt Albert Nobbs als eine vorsichtige und verängstigte Frau, der von der Rolle, die sie tagtäglich überzeugend darstellen muss, im wahrsten Sinne des Wortes die Luft abgeschnürt wird. Zwar antwortet sie auf die Frage, wie sie denn eigentlich wirklich heiße, verständnislos mit "Albert", als Mann begreift sie sich jedoch nie. Sie ist immer Albert, die Helen liebt, aber nie Gelegenheit hatte, sich in einer Identität wohl oder frei zu fühlen – zu lange schon musste sie jede echte Emotion hinter hart antrainierter, makelloser Haltung verstecken. Inmitten ihrer KollegInnen, ArbeitgeberInnen und den GästInnen des "Morrison´s" bleibt sie dabei aber mit ihrer Unbeugsamkeit und dem angedeuteten Lächeln die authentischste und aufrichtigste Person im Raum.

AVIVA-Tipp: Close ist großartig als die zutiefst verletzte und emotional verstummte Person Albert, doch eigentlich müsste deren Geschichte eineN mehr mitnehmen, als sie es tut. Es liegt wohl im zurückhaltenden Charakter des Mr. Nobbs begründet, dass ihre Story nicht aufwühlender ist. Mensch fragt sich jedoch, wie viele Frauen der Working Class wohl in den Städten des 19. Jahrhunderts ein als Mann getarntes Leben geführt haben, um mit einer angesehenen Arbeit für sich sorgen und dabei lieben zu können, wen sie wollten.

Zu den Darstellerinnen:

Glenn Close
, geboren 1947 in Greenwich, studierte Schauspiel und Anthropologie in Virginia und trat zunächst erfolgreich am Broadway auf, bevor sie 1982 ihre erste Kinorolle in "Garp und wie er die Welt sah" spielte. Seitdem erschien sie in zahlreichen Charakterrollen in Filmen, wie "Eine verhängnisvolle Affäre", "Gefährliche Liebschaften", "Der Löwe im Winter", "Things you can tell just by looking at her" und den Fernsehserien "The Shield" und "Damages". Sie gewann zahlreiche Preise für ihre Darstellungen, darunter den "Los Angeles Film Critics Association Award for Best Supporting Actress", die "Golden Camera" als beste Schauspielerin, dreimal den "Emmy" und zweimal den "Golden Globe".
Für die Rolle des Albert Nobbs erhielt sie folgende Auszeichnungen:
"AARP´s Movies for Grownups Awards", den "Alliance of Women Film Journalists for Female Icon Award" (zusammen mit Mia Wasikowska), den "Irish Film & Television Award", den "Tokyo International Film Festival" und den "Women Film Critics Circle for Courage in Acting".

Mia Wasikowska wurde 1989 in Canberra, Australien, geboren und spielte zunächst in der Fernsehserie "All Saints" mit, bevor sie 2006 für ihre erste große Rolle in "Suburban Mayhem" als beste Nachwuchsdarstellerin bei den "Australian Film Institute Awards" nominiert wurde. Seitdem spielte sie unter anderem in "Defiance", "Alice im Wunderland", "The Kids Are All Right" und "Jane Eyre". Sie wurde für ihre Arbeit bereits vielfach ausgezeichnet, wie beispielsweise mit dem "Australian Film Institute International Award" (2010), dem "Chlotrudis Award" (2011) und den "Alliance of Women Film Journalists for Female Icon Award" (zusammen mit Glenn Close) (2011),

Zum Regisseur: Rodrigo Garcia, geboren 1959 in Bogotá in Kolumbien, arbeitete als Kameraassistent und Kameramann (" Gia ", "The Birdcage", "Great Expectations") und führte Regie bei Filmen und TV-Serien, wie "Nine Lives", "Mütter und Töchter", "Die Sopranos", "Six Feet Under" und "Carnivàle". "Albert Nobbs" wurde für drei Oscars und drei Golden Globes nominiert.


Albert Nobbs
Originaltitel: Albert Nobbs
Großbritannien/Irland 2011
Regie: Rodrigo García
Buch: Glenn Close, Gabriella Prekop, John Banville, nach einer Kurzgeschichte von George Moore
DarstellerInnen: Glenn Close, Janet McTeer, Mia Wasikowska, Aaron Taylor-Johnson, Jonathan Rhys Meyers
Kamera: Michael McDonough
Verleih: STUDIOCANAL
Format: Dolby, PAL, Widescreen
Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch
Extras: Interviews mit Cast & Crew, Deleted Scenes, Kinotrailer, Wendecover
Region: Region 2
Bildseitenformat: 16:9 - 2.35:1
Länge: 113 Minuten
Bestellnummer: 504647
EAN: 4006680070247
Freigegeben ab sechs Jahren
Preis: 15,99 Euro
DVD-Start: 17. Oktober 2013
www.studiocanal.de



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Beitrag vom 16.10.2013

Britta Meyer