Song for Marion. Ein Film mit Gemma Arterton und Vanessa Redgrave. Kinostart: 14. März 2013 - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kultur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 05.03.2013


Song for Marion. Ein Film mit Gemma Arterton und Vanessa Redgrave. Kinostart: 14. März 2013
Julia Lorenz

Ein alter Grantler findet durch ein exzentrisches Chorensemble und seine engagierte Leiterin neue Lebensfreude - obwohl er mit ihren Motörhead-Interpretationen zunächst recht wenig anfangen kann.




Er ist der Schrecken aller Nachbarskinder und StaubsaugervertreterInnen: Rentner Arthur (Terence Stamp) verdient sich das Prädikat "Misanthrop" jeden Tag aufs Neue. Der mürrische, misstrauische Mann erträgt kaum Menschen in seiner Gesellschaft, was auch sein Sohn James (Christopher Eccleston) ständig zu spüren bekommt. Seine liebenswerte Frau Marion (Vanessa Redgrave, bekannt aus Michelangelo Antonionis "Blow Up") bildet die einzige Ausnahme. Obwohl ihr Gatte wenig Verständnis für ihr Hobby aufbringen kann, engagiert sie sich mit Begeisterung in einem Gemeindechor, der von der jungen Musiklehrerin Elisabeth (Gemma Arterton) äußerst unkonventionell geleitet wird: Statt "Ave Maria" interpretieren die SeniorInnen "Ace of Spades" der Heavy-Metal-Band Motörhead und weitere Songs, über die andere AltersgenossInnen wohl nur pikiert den Kopf schütteln würden. "Besser, darüber zu singen, anstatt die ganze Zeit nur darüber nachzudenken", kommentiert ein Ensemblemitglied den Vorschlag, "Let´s talk about sex" ins Programm aufzunehmen.

Als Marions Krebserkrankung zurückkehrt, will Arthur sie vom Chor fernhalten, um Aufregung zu vermeiden. Als seine Frau ihn daraufhin mit Schweigen straft, muss er einsehen, dass auch die schwere Krankheit ihrer Liebe zur Musik keinen Abbruch tun kann. Widerwillig begleitet er sie zu Proben und Auftritten und kommt so in Kontakt mit Elisabeth, die ihn überzeugen möchte, der Gruppe ebenfalls beizutreten. Um Arthur aus seinem Schneckenhaus auf die große Bühne zu locken, muss jedoch mehr als die Tonlage geändert werden.

Wer hat deutschen Verleihen eigentlich jemals erzählt, es sei eine gute Idee, solide englische Filmtitel mit absurden Übersetzungen auf den Markt zu werfen? So bekamen ZuschauerInnen hierzulande "Tamara Drewe" mit Hauptdarstellerin Gemma Arterton unter dem Namen "Immer Drama um Tamara" zu sehen, und auch "Song for Marion" ereilte ein nicht weniger schlechtes Schicksal: Der Untertitel "Lass dein Herz singen" lässt Rührseligkeits-AllergikerInnen die Antennen ausfahren. Ganz von der Hand zu weisen ist der Kitschverdacht sicherlich nicht. Wenn im Kino die hochemotionalen Thema "Leben und Tod" und "Musik" aufeinanderprallen, kommt es nicht selten zu Kollateralschäden, bei denen der Zuckerguss in Strömen fließt. Auch "Song for Marion" ist keine Ausnahme: Vor allem die leider recht vorhersehbare Schlussszene beweist - wohlwollend ausgedrückt - Mut zu großen Gefühlen.

Dennoch lohnt es sich unbedingt, dem Film eine Chance zu geben: Mit viel Wärme und Sinn für leisen Humor setzt Regisseur Paul Andrew Williams seine rüstigen ProtagonistInnen mit ungewöhnlichen Musikvorlieben in Szene, ohne sie vorzuführen. Das schrille Ensemble sorgt dabei nicht nur für Lacher, sondern lässt die KinobesucherInnen auch aufhorchen: Die Chorversionen bekannter Pop- und Rocksongs sind tatsächlich ein kleines Highlight. Auch wenn das Filmkonzept nicht unbedingt neu ist, glückte Williams mit "Song for Marion" eine liebenswerte Tragikomödie, die in bester Tradition englischer Filme wie "Calendar Girls" zwischen schrill und melancholisch changiert.

AVIVA-Tipp: Britischer Humor - eine hervorragende Zutat für Filme mit ernster Grundfärbung: In Paul Andrew Williams´ neuem Werk wird dem tragischen Plot der wunderbar schräge Chor entgegengesetzt, der die Dramatik der Story mit Humor würzt. Dank der großartigen Besetzung sind sogar kleine Abstecher in allzu sentimentale Gefilde zu verzeihen.

Zum Regisseur: Paul Andrew Williams wurde 1973 in Pourtsmouth geboren. Nach dem 2001 erschienenen Kurzfilm "Royalty" präsentierte er 2006 sein Kinodebut "London to Brighton", das unter anderem vom Guardian als "einer der besten britischen Filme der letzten Dekade" gefeiert wurde und 2006 den New Director´s Award beim Edinburgh International Film Festival gewann. Der schwarzen Komödie "The Cottage" aus dem Jahre 2008 folgte zwei Jahre später der Thriller "Cherry Tree Lane". Neben seiner Tätigkeit als Regisseur ist Andrews auch als Schauspieler tätig und war unter anderem an der Fernsehserie "Wallander" beteiligt.

Song for Marion
Großbritannien 2013
Regie und Buch: Paul Andrew Williams
DarstellerInnen: Terence Stamp, Vanessa Redgrave, Gemma Arterton, Christopher Eccleston
Kamera: Carlos Catalan
Produzenten: Ken Marshall, Philip Moross
Filmlänge: 93 Minuten
Verleih: Ascot Elite Filmverleih GmbH

Kinostart: 14. März 2013

Weitere Infos unter:
www.songformarion.de und www.facebook.com

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Beitrag vom 05.03.2013

Julia Lorenz