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Beitrag vom 14.12.2012
Die Köchin und der Präsident. Filmstart 20.12.2012
Kristina Tencic
Catherine Frot mischt in ihrer bisher köstlichsten Rolle als erste Leibköchin eines französischen Präsidenten nonchalant den Hofstaat auf. Regisseur Christian Vincent entführt uns hinter die...
... Kulissen des Elysée-Palastes mitten ins Herz der Haute Cuisine Frankreichs.
Ob sie für den französischen Präsidenten kochen wolle, wird sie gefragt. Also die Leibköchin im Pariser Elysée-Palast sein. Die Köchin aus einem französischen Provinzlokal Hortense Laborie (Catherine Frot) sitzt in dem prunkvollen Palastsaal und zögert kurz. "Aber meine Küche ist sehr einfach" gibt sie zu bedenken. Ja, wird ihr versichert, das sei genau das, was der Präsident wolle.
Gewissenhaft und entschlossen macht sie sich an die Arbeit. Doch die Präsidialküche ist nun mal kein gewöhnliches Restaurant, es gilt einiges zu beachten: Die Palastetikette, das Protokoll, die Rangordnungen, die Termine. Hinzu kommt, dass sie (bis heute) die erste Frau in der Geschichte der Leibköche französischer Präsidenten ist, und somit wahrhaftig keine einfache Stellung einnimmt.
Hortense schlägt sich wacker und macht nach kurzer Zeit dank eines glücklichen Zufalls die Bekanntschaft des Staatsoberhauptes (Jean d´Ormesson). Beide verbindet eine innige Liebe zur französischen Küche, zur Authentizität der Speisen und traditionellen Rezepten der Großmutter. Aufrichtig interessiert sie sich für des Präsidenten persönlichen Vorlieben und weiß bald, wie sie ihrem Freund die höchsten Gaumenfreuden bereiten kann – auch wenn diese nicht immer mit seinem Diätplan übereinstimmen. Die unkonventionelle Hortense hat ihre Rechnung jedoch ohne die technokratische Männergesellschaft im Hofstaat gemacht, die neidvoll ihr eigensinniges kulinarisches Zauberwerk beäugt – und missbilligt.
Inspiriert wurde der französische Regisseur Christian Vincent durch die ungewöhnliche Geschichte der Danièle Delpeuch, die einst für die Verköstigung von Präsident Mitterand zuständig war. 1997 veröffentlichte Danièle Delpeuch ihr Buch "Mes carnets de cuisine, du Périgord à l´Élysée" ("Meine Küchentagebücher – vom Périgord zum Élysée-Palast") in dem sie ihre Erfahrungen niederschrieb. Mit der nötigen Chuzpe und Eckigkeit verkörpert die Schauspielerin Catherine Frot im Film diese interessante Mischung aus Bodenständig- und Warmherzigkeit bei gleichzeitiger Autorität und Charakterstärke.
Mit Jean d´Ormesson in der Rolle des Präsidenten hat sich das Filmteam obendrein ein echtes Schwergewicht der französischen Literatur- und Intellektuellenszene an Bord geholt. Obgleich dieser noch nie darstellerisch tätig war und aus einer Not heraus ans Filmset kam, kommt er der Authentizität des Films sehr zu Gute. Mit innewohnender Grazie und starker Präsenz stellt er das Staatsoberhaupt der französischen Republik so dar, wie es wohl kein gewöhnlicher Schauspieler gekonnt hätte.
Frustrierend als ZuschauerIn bleibt einzig und allein, dass frau zwar ganz ohne endloses Schlange stehen prachtvolle Einblicke in den Elysée-Palast erhält – eine Drehgenehmigung, die wahrlich nicht oft erteilt wird – aber dieser Voyeurismus nach mehr verlangt. Die im Film parallel erzählte Handlung ihrer nachfolgenden Zeit als Köchin einer Forscherstation in der Antarktis zeigt zwar eine andere Facette der weitgereisten Abenteuerin, bleibt jedoch im Gegensatz zur Haupthandlung wenig aussagekräftig (was daran liegen könnte, dass es das einzig frei erfundene Element der Geschichte ist).
AVIVA-Tipp: Ob Sie Hobbyköchin, Liebhaberin der französischen Küche, oder ganz einfach abschalten und genießen wollen - die sehr sinnliche und schmackhafte Komödie "Die Köchin und der Präsident" bietet das richtige Rezept. Angereichert mit gehaltvoller schauspielerischer Leistung, Intrigenspielchen und prunkvoller Dekoration, serviert Regisseur Christian Vincent hier einen stilvoll-genüsslichen Film, bei dem frau die Speisen der französischen Cuisine förmlich zu riechen glaubt.
Zur Hauptdarstellerin: Catherine Frot wurde 1957 in Paris geboren und studierte dort am dortigen Konservatorium Darstellende Künste. In Frankreich ist sie vor allem als Theaterschauspielerin berühmt geworden, doch feierte sie seit ihrer Filmrolle in Alain Resnais´ "Mein Onkel aus Amerika" (1980) auch große Leinwanderfolge. Vor allem überzeugt sie in Komödien in denen sie oft tragisch-komische Frauenfiguren verkörpert, wie etwa in "Un air de famille" ("Typisch Familie!") von Cédric Klapisch, für den sie 1996 den César als beste Nebendarstellerin erhielt, oder auch in "Odette Toulemonde" (2007) von Eric-Emmanuel Schmitt. In "Das Mädchen, das die Seiten umblättert" (2006) spielt sie hingegen die tragische Rolle einer Rache suchenden jungen Frau. Im Jahr 2013 kommt sie mit "Willkommen in der Bretagne" erneut in die deutschen Kinos.
Zum Regisseur: Christian Vincent wurde 1957 geboren, erhielt für sein Erstlingswerk als Regisseur "Die Verschwiegene" 1990 gleich einen César für das Beste Erstlingswerk und das Beste Drehbuch. Weiterhin gehören "Trennung" (1994), "Ich weiß nicht was ihr an mir findet (1997), oder auch "Les Enfants" (2005) zu seiner Filmografie.
Die Köchin und der Präsident
Originaltitel: Les saveurs du palais
Frankreich 2012
Alamode Filmverleih
Regie: Christian Vincent
Drehbuch: Etienne Comar und Christian Vincent
DarstellerInnen: Catherine Fro, Jean d´Ormesson, Hippolite Girardot u.a.
Spielzeit: 95 Minuten
Kinostart: 20. Dezember 2012
www.dieköchinundderpräsident.de
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