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Beitrag vom 11.07.2012
Periferic - ein Film von Bogdan George Apetri mit Ana Ularu. Kinostart: 12. Juli 2012
Katarina Wagner
24 Stunden Freigang. Mehr Zeit hat Matilda nicht, um aus dem Gefängnis und aus einem Netz von sozialen Abhängigkeiten auszubrechen. Ausgezeichnet mit dem Preis der internationalen Filmkritik auf der...
... Viennale 2010, kommt der rumänische Film mit Shooting Star Ana Ularu nun in die deutschen Kinos.
Ohne Worte aber mit einem entschlossenen Blick verabschiedet sich Matilda (Ana Ularu) von ihren Zellengenossinnen. Sie wirkt unruhig, misstrauisch, aber nicht schwach. Sie wird nicht zurückkehren. Auf einem Schiff will die junge Frau am Abend ins Ausland fliehen. Vorher muss allerdings noch das nötige Geld besorgt und einiges geklärt werden.
Die erste Station ist die Wohnung ihres Bruders Andrei ( Andi Vasluianu). Der lässt sie nur widerwillig hinein. Zehn Jahre zuvor war Matilda von ihrer Familie fortgelaufen. Warum, wird an dieser Stelle nicht erwähnt. Klar ist, dass sie seitdem viel Ärger verursacht hat. Nun ist die Mutter gestorben, das Begräbnis ist der Grund für den genehmigten Ausgang. Im Auto erfahren wir dann gemeinsam mit Andrei, dass dieser einen achtjährigen Neffen hat.
Nachdem sich Matilda im Streit von der Trauergemeinschaft, ihrer Familie, getrennt hat, sucht sie in einem Bukarester Hotel Paul (Mimi Branescu) auf. Er ist der Vater ihres Sohns Toma (Timotei Duma ) und ihr ehemaliger Zuhälter. Es stellt sich heraus, dass die junge Frau unschuldig verurteilt worden war. Sie ging für ihn ins Gefängnis und sollte bei Entlassung zehntausend Euro bekommen. Dieses Geld bedeutet jetzt die Flucht mit ihrem Kind ins Ausland und die Möglichkeit für einen Neustart.
Zwischen Matilda und dem Schiff stehen allerdings noch viele Hindernisse. Die vereinbarte Summe muss erst noch aufgetrieben werden.
Erst im Laufe der Handlung werden die Zusammenhänge erkennbar und die Vergangenheit der Protagonistin stückchenweise aufgedeckt. Jede Station verdeutlicht die sozialen und ökonomischen Abhängigkeiten, welche die Personen oft unfreiwillig aneinander ketten und in die Handlung hineinziehen. Dabei beeindruckt der Film nicht nur durch seine ungeschönten Bilder, sondern vor allem durch das, was nicht gezeigt, sondern nur angedeutet wird. In den Köpfen der ZuschauerInnen entstehen die Szenen, welche von den ProtagonistInnen nur in Nebensätzen angesprochen oder auch von ihnen besorgt bis ängstlich erahnt werden.
Zum Schluss hängt es von dem achtjährigen Toma ab, wie sein eigenes und das Leben seiner Mutter weiter gehen werden.
Der Titel Periferic ist programmatisch. Im Film werden rumänische Lebenswirklichkeiten am Rande Europas authentisch gezeichnet. Die Sonne scheint, die Natur ist grün, allerdings herrscht eine bedrückende Hitze, die, zusammen mit sozialen Zwängen und finanziellen Schwierigkeiten, schwer auf den Menschen lastet.
AVIVA-Tipp: Mit einer großartigen Hauptdarstellerin zeichnet der zu Recht preisgekrönte Film ein realistisches Bild einer Frau, die versucht, vergangenen Fehlern und ihren Folgen zu entkommen. Trotz persönlicher Stärke und Unbeugsamkeit in der Verfolgung ihres Plans, muss sie feststellen, wie viel außerhalb der eigenen Kontrollmacht liegt.
Zur Hauptdarstellerin
Die 26-Jährige Ana Ularu wusste schon früh, dass sie Schauspielerin werden möchte. Ihre erste Rolle bekam sie mit neun Jahren in Claude-Michel Rome's TV- Thriller "Meutres par Procuration" Sechs Jahre später spielte sie im Theater bei einer Inszenierung von Vladimir Nabokovs "Lolita" neben einem der populärsten Theaterschauspieler Rumäniens, Stefan Iordache.
Ularu machte ihren Abschluss in Schauspiel an der National University of Theatre and Film Studies in ihrer Geburtsstadt Bukarest. Seitdem hat sie in mehr als zwanzig Kurz- und Spielfilmen mitgewirkt. Darunter 2003 in dem Drama Maria von Calin Peter Netzer. Ihre erste Hauptrolle spielte die damals 18-Jährige 2004 in Napoleon Helmis´The Italian Girls.
Für ihre Leistung in Periferic erhielt Ularu in Locarno 2010 den Boccalino d´Oro und wurde auf der Berlinale 2012 als Shooting Star ausgezeichnet.
Die Berlinale-Jury: "Ularu not only carries an entire film on her shoulders but does so with a complex, difficult character in convincing, magnetic fashion. Steely yet vulnerable, she possesses an amazing and adaptable physical presence, and eyes that really do serve as windows to her soul".
Zum Regisseur
Bogdan George Apetri wurde 1976 in Rumänien geboren. An der Columbia University in New York studierte er Regie und Kamera. Dort drehte er einige Kurzfilme, die auf internationalen Festivals präsentiert wurden. 2010 erhielt er für seinen ersten Spielfilm Periferic auf dem Thessaloniki International Film Festival den Goldenen Alexander und auf der Viennale den Fipresci-Preis.
(Quelle: Peripher Filmverleih)
Periferic
Regie: Bogdan George Apetri
Drehbuch: Bogdan George Apetri
DarstellerInnen:
Matilda: Ana Ularu
Andrei: Andi Vasluianu
Lavinia: Ioana Flora
Paul: Mimi Branescu
Toma: Timotei Duma
Kamera: Marius Panduru
Schnitt: Eugen Kelemen
Ton: Bruno Pisek, Birgit Oberkircher, Alex Koller
Ausstattung: Simona Paduretu
Kostüm: Brandusa Ioan
Koproduktion: Saga Film und Aichholzer Filmproduktion
Rumänien/Österreich 2010
35 mm, Farbe, 87 Min., rumänische OmU
Verleih: Peripher Filmverleih, Berlin
Starttermin: 12. Juli 2012
Weitere Infos unter:
www.peripherfilm.de
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