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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 18.03.2008


Absurdistan von Veit Helmer
Anna Tremper

Ein skurriles Märchen mit derbem Humor und einer jungfräulichen Liebesgeschichte, die das bunte Treiben zusammenhält. Veit Helmer mit großartigem Schauspiel-Ensemble und innovativer Erzählweise.




Inspiriert wurde Veit Helmer zu "Absurdistan" von einer wahren Begebenheit, die so absurd scheint, wie der Film selbst. 2001, in einem südtürkischen Dorf, versuchten Frauen ihre Männer durch einen Sexstreik dazu zu bewegen, sich um die Reparatur der maroden Wasserleitungen zu kümmern. Veit Helmer hat diesen Vorfall aufgegriffen, um eine Liebesgeschichte und einige absonderliche Figuren ergänzt, und so eine originellen Spielfilm kreiert.

Der Film
Es war einmal ein Dorf irgendwo im Nirgendwo. Wo das Dorf liegt weiß keiner so genau, es ist auf keiner Landkarte zu finden und für die Außenwelt scheinbar nicht existent. Hier leben Aya (Kristýna Maléøová) und Temelko (Maximilian Mauff).
Gemeinsam aufgewachsen, ist für sie schon immer klar, dass sie zusammen gehören. Anhand der Sterne bestimmt Ayas Großmutter den Zeitpunkt für ihre erste Liebesnacht. Als die entsprechende Sternenkonstellation eintritt, ist das Dorf jedoch ohne Wasser und die Herren der Schöpfung machen keinerlei Anstalten, an diesem Zustand etwas zu ändern. Aya beschließt kurzerhand, Temelko dazu zu bringen, die Wasserversorgung des Dorfes wieder herzustellen indem sie ihm die erste gemeinsame Nacht verweigert. Als die übrigen Frauen des Dorfes davon Wind bekommen schließen sie sich Aya an und beginnen einen Sexboykott, der ihre faulen Männer, die sich sonst nur im Teehaus verlustieren, endlich dazu motivieren soll, sich um das Wasserproblem zu kümmern.

Eine ganz eigene Welt entsteht
Nicht nur die skurril anmutende Optik der DarstellerInnen und der Szenerie unterscheiden diesen Film von seinen cineastischen Zeitgenossen. Auch die Art und Weise, wie erzählt wird, ist sehr eigen. Als dialoglastig ist dieser Film nun wirklich nicht zu bezeichnen! Unterhaltungen kommen nur sehr spärlich vor. Die Geschichte wird hauptsächlich über die Bilder des Films transportiert. Über die Geschehnisse und das sich Gebaren der SchauspielerInnen wird die Erzählung stetig vorangetrieben. Von Zeit zu Zeit ertönen die Stimmen der Liebenden, Aya und Temelko, aus dem Off und ergänzen das Gezeigte um ihre Sicht der Dinge.

Durch diese unkonventionelle Erzählweise und die schlichtweg schrägen DorfbewohnerInnen hat der Film seine ganz eigene Atmosphäre, die im Großen und Ganzen zu verzaubern weiß. Vor der Wüstenkulisse Aserbaidschans verkörpern die aus aller Herren Länder stammenden SchauspielerInnen sehr treffend die bizarren BewohnerInnen dieser Fantasiewelt und schaffen es auch ohne große Worte universal verständlich zu machen, was in ihren krausen Köpfen vor sich gehen mag.


AVIVA-Tipp: Was unbedingt für "Absurdistan" spricht, ist die originelle Art des Erzählens. Veit Helmer hat sich seine ganz eigene Welt mit sehr eigentümlichen BewohnerInnen geschaffen. Es ist aber auch eine Welt der Zoten und des "krachledernen" Humors, in der sich ein Mann mal eben mit falschem Melonendekollete unter die feindlich gesonnene Frauenfront mischt. Wer alleine bei dem Gedanken an diese Szene schmunzeln muss, findet sicherlich großen Gefallen an Helmers Leinwandwahnsinn. Allen anderen sei dieser Film nur bedingt empfohlen.

Zum Regisseur: Veit Helmer drehte im Alter von 14 Jahren seinen ersten Film. Der Autor, Regisseur und Filmproduzenten studierte Film an der Hochschule für Film und Fernsehen in München. Sein erster Spielfilm "Tuvalu" wurde vielfach auf Filmfestivals eingeladen und kam 2000 in die Kinos. 2003 folgte "Tor zum Himmel". Sein Dokumentarfilm "Behind the couch - Casting in Hollywood" wurde im Oktober 2005 auf den Hofer Filmtagen der Weltöffentlichkeit vorgestellt.
Weitere Infos zu Veit Helmer finden Sie unter:
www.veithelmer.de

Zur Schauspielerin: Kristýna Maléøová, geboren 1985 in der tschechischen Republik, studierte Schauspiel am Konservatorium von Janacek-Ostrava. Seit ihrem Abschluss tritt sie regelmäßig beim Stadttheater von Cesky Tesin auf. Dort spielte sie bereits die Rolle der Jeanne d´Arc in Jean Anouilhs "Jeanne und die Lerche" oder die Rolle der Jill Tanner in Leonard Gershes "Schmetterlinge sind frei". In "Absurdistan" gibt sie ihr Filmdebut.

Absurdistan
Regie: Veit Helmer
Drehbuch: Gordan Mihic, Zaza Buadze, Ahmet Golbol, Veit Helmer
DarstellerInnen: Kristýna Maléøová, Maximilian Mauff, Nino Chkheidze
Deutschland 2008
FBW: besonders wertvoll
Produktion: Veit Helmer Produktion
Verleih: farbfilm verleih
87 Minuten, FSK ab 12 Jahren
Kinostart: 20. März 2008


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Beitrag vom 18.03.2008

AVIVA-Redaktion