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Beitrag vom 10.09.2007
Mein Führer
Sarah Ross
Die Geschichte von Dani Levys neuem Film ist frei erfunden und provozierend zugleich. Mit subversivem Humor stößt er den Nazi-Herrscher Adolf Hitler vom Sockel historisch getreuer Dokumentationen.
Nicht erst seit Dani Levys neuem Film "Mein Führer. Die Wirklich Wahrste Wahrheit über Adolf Hitler" streiten sich die Geister darüber, ob man über Adolf Hitler lachen und den Holocaust als Kulisse für neue, filmische Perspektiven abstrahieren darf. Der Schweizer Regisseur hat diese Fragen für sich mit Ja beantwortet, jedenfalls so lange, wie man nicht versucht, die eigenen – der reinen Phantasie entsprungenen – Abbildungen des Geschehenen als Realität zu verkaufen. Somit nähert er sich dem Phänomen Hitler und den Schrecken des Nationalsozialismus mit "analytischer Schärfe und frischer Respektlosigkeit", wobei er den Nazi-Führer als auch seine AnhängerInnen dem Gelächter preisgibt.
Denn für Dani Levy kommt "die Phantasie, die faktenunabhängige Fabel, der Wahrheit vielleicht näher."
Am 25. Dezember 1944 liegt nicht nur Berlin in Schutt und Asche. Der Zweite Weltkrieg scheint unwiderrufbar verloren und dennoch ist Goebbels (Sylvester Groth) noch nicht dazu bereit, dies zu akzeptieren. Ein Ruck muss durch das Land, so seine Idee. Daher soll der Führer (Helge Schneider) am Neujahrstag, vor den Pappkulissen eines unversehrten Berlins, noch einmal mit einer kämpferischen Rede das Volk mobilisieren. Doch zum Leidwesen Goebbels ist der Führer derzeit unpässlich: krank, depressiv und demoralisiert hat er sich aus dem öffentlichen Leben in sein Arbeitszimmer zurückgezogen. Allein ein einziger Mensch ist jetzt noch dazu in der Lage, das Ruder rum zu reißen: Es ist der jüdische Schauspielprofessor Adolf Grünbaum (Ulrich Mühe), der Hitler bereits zu Beginn seiner politischen Karriere unterrichtet hat. Mit samt seiner Familie lässt der Reichsminister Grünbaum aus dem KZ Sachsenhausen in die Reichskanzlei bringen. In nur fünf Tagen soll der Jude den Führer wieder in Höchstform bringen: "Wir brauchen jemanden, der in unserem Führer seine größte Kraft entzünden kann – und diese Kraft ist sein Hass. Warum sollte ich ihm da jemanden reinschicken, den er liebt?"
Während Grünbaum mit Lockerungs- und tiefenpsychologischen Übungen versucht, seinem Schüler wieder zu alter "Größe" zu verhelfen, muss er sich nach getaner Arbeit seiner Familie gegenüber rechtfertigen, warum er die Gunst der Stunde nicht nutzt, um Adolf Hitler zu ermorden. Und in der Tat, Gelegenheiten hätte es derer einige gegeben: zum Beispiel verliert Grünbaum die Nerven und schlägt Hitler K.O., als dieser ihn fragte, warum die Juden sich nicht wehren. Doch als Hitler seinem Lehrer später unter Tränen von seiner schwierigen Kindheit erzählt, erkennt Grünbaum hinter dem Monster den noch verbliebenen, kläglichen Rest Mensch. Immer wieder verschieben sich in den kommenden Tagen die Machtverhältnisse zwischen dem Nazi-Führer und dem jüdischen Schauspieler.
Obwohl beide stets unter Beobachtung von Goebbels, Speer (Stefan Kurt), Himmler (Ulrich Noethen) und Bormann (Udo Kroschwald) stehen, eskalieren derweil die Unterrichtsstunden und der Reichsminister gerät in Erklärungsnotstand über die Vorgänge in Hitlers Arbeitszimmer. Während Hitler also keine Erniedrigung zu weit geht, sehen Himmler und Goebbels nur noch einen Ausweg aus der misslichen Lage: während seiner Ansprache soll ein Attentat auf den schwächlichen Führer ausgeübt werden.
Als der große Tag gekommen ist, wird Hitler in der Maske versehentlich der halbe Schnauzbart gekappt, was ihn total aus der Fassung bringt. Sogar so sehr, dass er seine Stimme verliert. Nun muss Grünbaum die einstudierte Rede in einem Versteck unter dem Pult halten, während Hitler – für alle sichtbar – die passende Mimik und Gestik dazu liefert. Was jedoch niemand ahnt ist, dass Grünbaum mittendrin vom Text abweicht...
Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.meinfuehrer-derfilm.de
AVIVA-Tipp: Mit seinem neuen Film hat Dani Levy einmal mehr bewiesen, dass er ein besonderes Talent dafür hat, heikle Themen auf die Leinwand zu bringen – und zwar nicht nur in Form von historisch akkuraten Dokumentationen oder Dramen. In Levys Film ist Lachen über Adolf Hitler nicht nur erlaubt, sondern erwünscht. Dabei verharmlost oder retuschiert der Film jedoch absolut nichts. Der Schweizer Regisseur knüpft mit "Mein Führer" bewusst an die Tradition von "Der Grosse Diktator" und "Sein oder Nichtsein" an. Vor allem aber lädt er Sie dazu ein, sich eine eigene Meinung zu bilden!
Zum Regisseur:
Dani Levy wurde 1957 in Basel geboren und lebt seit 1980 in Berlin. Er spielte in Basel (1977 - 79) und Berlin (1980 - 83) Theater, bevor er mit Du Mich Auch (1986) sein Regiedebüt vorlegte, für das er auf dem Komödienfestival von Vevey gleich den Preis für den besten Film erhielt. Weitere Preise erhielt er für seinen 1988 gedrehten RobbyKallePaul (Publikumspreis des Max-Ophüls-Festivals 1989) und für den 1991 entstandenen I Was on Mars (Auszeichnung der FIPRESCI als bester Film in San Sebastian). Mit seinem Kurzfilm Ohne Mich (1993) gewann er den Regiepreis der Hypobank auf dem Münchner Filmfest. Ein Jahr später gründete Dani Levy gemeinsam mit Stefan Arndt, Wolfgang Becker und Tom Tykwer die Produktionsfirma X Filme Creative Pool.
Neben vielen weiteren erfolgreichen Produktionen wurde Dani Levy für seine turbulente Komödie Alles Auf Zucker! mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter mit dem Deutschen Filmpreis 2005 in den Kategorien "Bestes Drehbuch", "Beste Regie" und "Bester Film".
Mein Führer. Die Wirklich Wahrste Wahrheit über Adolf Hitler
Ein Film von Dani Levy
DarstellerInnen: Helge Schneider, Urich Mühe, Sylvester Groth, Adriana Altaras, Ulrich Noethen, Stefan Kurt, Lambert Hamel
X Verleih AG, Deutschland 2007
Länge: 90 Minuten
DVD-Infos:
Format: Dolby, PAL, Surround Sound
Sprache: Deutsch
Bildseitenformat: 16:9
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Studio: Warner Home Video - DVD
DVD-Erscheinungstermin: 14. September 2007