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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 09.02.2008


58. Berlinale vom 07. - 17.02.2008
Tatjana Zilg

Die Stars der Rock- und Popmusik erobern die Filmszene. Madonna, Patti Smith und die Rolling Stones werden erwartet. Plus: 22. Teddy Queer Film Award und AVIVA-Fokus auf israelische Filme




Im letzten Jahr kündigte es sich bereits an: Musikfilme bekommen immer mehr Gewicht im umfangreichen Programm der Berlinale. Dieter Kosslick und seinen MitarbeiterInnen gelangen für 2008 einige ganz besondere Coups. Die dazugehörigen großen Namen können zur Freude der Berlinale-BeobachterInnen auf dem Roten Teppich erwartet werden.

Protagonisten des Eröffnungsfilms "Shine A Light" sind die Rolling Stones. Gemeinsam mit dem Regisseur Martin Scorsese werden sie nach Berlin kommen.
Ebenso unvergesslich und lange im Musik-Business aktiv wie Mick Jagger & Co. ist Patti Smith. Der Fotograf Steven Sebring drehte ein Portrait über die "Godmother Of Punk". Am Samstag, den 9.02. 2008, wird im Kino International die Premierenvorführung des Dokumentarfilmes "Patti Smith – Dream Of Live" (Panorama) gezeigt. Der Regisseur und die Rocklyrikerin werden persönlich anwesend sein. Am Tag zuvor gibt Patti Smith ein Live-Konzert in der Kreuzberger Passionskirche, die für ihre besonders schöne Akustik bekannt ist. Die Galerie artMbassy zeigt vom 08.02. - 14.02.2008 "objects of life", eine Multimediausstellung von Steven Sebring und Patti Smith. Der Fotograf wählte 14 Aufnahmen von Patti Smith für Großformate aus. Hinzu kommen einige persönliche Gegenstände beider KünstlerInnen und eine Videoinstallation.

Das Event, das am 14. Februar 2008 ab 20.30 Uhr im Haus der Kulturen stattfindet, hat auf der Berlinale eine viel längere Tradition als der Musik-Schwerpunkt, wobei beim schwul-lesbischen Film die Musik nicht selten auch eine wichtige Rolle spielt.

Wer wird diesmal mit dem begehrten Teddy ausgezeichnet? Bis zu vier FilmemacherInnen werden im Tiergarten Grund zum Jubeln haben, denn wieder gibt es je einen 1. Platz zu vergeben in den Kategorien Kurz-, Dokumentar- und Spielfilm. Zudem werden dieses Mal zwei Special Teddys für besondere Verdienste für die queere Filmkultur verliehen. Hier stehen die ausgezeichneten Team bereits fest: Zum einen Hans Stempel und Martin Ripkens für ihre Tätigkeit als Filmkritiker, Filmescouts und Filmemacher, zum anderen Tilda Swinton, James Mackay, Isaac Julien, Colin McCabe, Keith Collins und Simon Fisher Turner, die sich als "Familie", als MitstreiterInnen und Verbündete des britischen Filmemachers Derek Jarman um dessen Erbe bemüht haben.
Wie auch im vergangenen Jahr wird der deutsch-französische Kultursender ARTE die Teddy-Preisverleihung aufzeichnen und am Freitag, den 15. Februar, um 23.25 Uhr übertragen.

Tilda Swinton hat mehr als einen Grund, Berlin zu besuchen: Sie spielt eine Hauptrolle in dem Wettbewerbsfilm "Julia" (Regie: Erick Zonca) und ist die Produzentin von "Derek" (Regie: Isaac Julien). Der Dokumentarfilm über Derek Jarman wird im Panorama gezeigt.
Der deutsche Film ist im Wettbewerb mit zwei Produktionen vertreten: "Kirschblüten – Hanami" (Regie: Doris Dörrie) und "Feuerherz" (Regie: Luigi Falorni), mit österreichischer Beteiligung.

Dieter Kosslick, der kürzlich Israel besucht hat, betonte schon vor einigen Wochen die wichtige Bedeutung des israelischen Kinos für die Berliner Filmfestspiele, und beabsichtigte, dem israelischen Kino zum 60. Geburtstag des Staates Tribut zu zollen. Dennoch sind im Gesamtprogramm weniger israelische Spielfilme enthalten als im letzten Jahr, wo allein in der Generation zwei Produktionen gezeigt wurden: "Sweet Mud", der mit dem Gläsernen Bären ausgezeichnet wurde, und "Love & Dance". Der israelische Regisseur Joseph Cedar ("Campfire") gewann im Wettbewerb mit "Beaufort" den Silbernen Bären. Der Film thematisierte die Konflikte in einem Militärfort im Grenzgebiet. Das Festival ist in der Vergangenheit dafür kritisiert worden, israelkritische Filme ins Rampenlicht zu stellen, gleichzeitig aber das zeitgenössische israelische Kino zu ignorieren, das inzwischen weltweit gewürdigt wird. Dieses Jahr wurde für den Wettbewerb "Restless" ausgewählt, der von einem Vater-Sohn-Konflikt erzählt. Nach 20 Jahren begegnet der Dichter Moshe, der in New York lebt, seinen Sohn Tzach, den er bei der Mutter in Israel zurückließ, ohne sich je wieder bei ihm zu melden.

Israelische Filme im Ãœberblick:

Restless (Wettbewerb)
Israel/Deutschland/Kanada/Frankreich/Belgien, 100 Minuten
Regie: Amos Kollek
DarstellerInnen: Moshe Ivgy, Ran Danker, Karen Young, Phyllis Sommerville

Sharon (Panorama Dokumente)
Israel/Deutschland, 90 Minuten
Regie: Dror Moreh
Dokumentation über den israelischen Premierminister, der seit 2006 im Koma liegt. Szenen aus seiner Regierungszeit, Interviews mit ZeitzeugInnen (darunter auch Joschka Fischer) und biographisches Material geben Einblick in die Umstände seines politischen Handelns und Wirkens.

Lemon Tree (Panorama)
Israel/Deutschland/Frankreich, 106 Minuten
Regie: Eran Riklis
DarstellerInnen: Hiam Abbass, Rona Lipaz-Michael, Doron Tavory, Ali Suliman
Schon in "Die syrische Braut" widmete sich der israelische Regisseur den Problemen, die der Konflikt zwischen PalästinenserInnen und JüdInnen im Alltagsleben entstehen lässt. In seinem neuen Film ist ein großer Garten mit uralten Zitronenbäumen der Ausgangsort für die Konfrontation einer palästinensischen mit einer jüdischen Familie: Der israelische Verteidigungsminister bezieht eine Villa am Gaza-Streifen. Auf Anraten der Sicherheitskräfte ordnet er an, dass der Zitronenhain des Nachbarhauses entfernt werden soll. Die Witwe Salma befürchtet den Verlust eines wichtigen Teiles ihrer persönlichen Geschichte. Unterstützt von einem jungen Anwalt leitet sie ein Gerichtsverfahren ein.

Shahida (Brides of Allah) (Forum)
Regie: Natalie Assouline
Israel, 80 min.
Von den 141 Suizidattentaten, die in Israel seit dem Jahr 2000 mehr als 500 Menschen getötet und Tausende verletzt haben, wurden acht von Frauen durchgeführt. Im Sharon-Gefängnis in Tel Mond sind Palästinenserinnen wegen ihrer Beteiligung an solchen Attentaten inhaftiert. Natalie Assouline hat mit ihnen Gespräche geführt, die um Märtyrertum und Selbstverteidigung kreisen, aber auch das Selbstbild der Frauen und das Frauenbild des Koran berühren.

Flipping out (Forum)
Regie: Yoav Shamir
Israel/Kanada 2007, 83 min.
Nach den Erfahrungen ihrer dreijährigen Pflichtzeit in der Armee zieht es junge Israelis in Scharen ins Ausland, eine beträchtliche Anzahl von ihnen nach Indien. Yoav Shamir besucht zwei der meist frequentierten "Exilorte", im Norden Indiens und in Goa. Für die zum Teil unter permanentem Drogeneinfluss stehenden Aussteiger hat sich dort eine Infrastruktur aus vom israelischen Staat finanziertem Anti-Drogen-Zentrum und religiösen Einrichtungen entwickelt.

In der Generation wird die australische Produktion "Hey Hey, It´s Esther Blueburger" (Regie: Cathy Randall) gezeigt, die von den Auf und Abs im Schülerinnen-Leben eines australischen Mädchen aus einer jüdischen Familie erzählt.

Ohnehin sollte sich niemand mit seiner cineastischen Lust auf die Filme beschränken, die direkt um den Goldenen und die Silbernen Bären konkurrieren. Man muss dabei nicht einmal auf den Versuch verzichten, zu erraten, welche Filme von den Jurys ausgezeichnet werden. Viele weitere Preise werden vergeben, auch sektionsübergreifend wie zum Beispiel der Viewfinder – Preis für den besten Erstlingsfilm.

Panorama

Dokumentationen mit brisanten und amüsanten Themen sind heute ein genauso wichtiger Bestandteil der drei Untersektionen wie Spielfilme, die ungewöhnliche und überraschende Geschichten erzählen, detailreiche Blicke auf die verschiedensten Facetten des Leben werfen und den Suspense-Faktor dabei nicht zu kurz kommen lassen. Erfreulich, dass dieses Jahr ein Drittel der Filme Regie-Arbeiten von Frauen sind.
Neben dem Musik-Schwerpunkt erhielten bei der Auswahl queere Filme besondere Aufmerksamkeit. Die Situation von homosexuellen Menschen in Ländern und soziokulturellen Umfeldern, die auf queere Lebensweisen weiterhin restriktiv reagieren, ist Fokus einiger Dokumentationen und Spielfilme. Leider nach wie vor häufiger mit schwulen als mit lesbischen AkteurInnen im Mittelpunkt.
Ein weiteres Thema, das sich wie ein roter Faden nicht nur durch das Panorama-Programm zieht, ist die Reflexion von Schicksalen benachteiligter Kinder und Jugendlicher.

AVIVA-Film-Tipps:

Maré, Nossa Historia De Amor
Brasilien, Frankreich, Uruguay, 105 Minuten
Regie: Lúcia Murat
DarstellerInnen: Cristina Lago, Vinicius D´Black, Babu Santana
Eine engagierte Tanzlehrerin unterrichtet Jugendliche in einer brasilianischen Favela. Dort herrschen Bandenkriege, an deren Ursprung sich kaum noch jemand erinnern kann. Zwei Kids, jeweils verbunden mit der gegensätzlichen Bande, verlieben sich ineinander und ihre Zeit miteinander ist so begrenzt wie die des berühmten Liebespaars Romeo und Julia. Temperamentvolle Tanzszenen zu explosivem Hip Hop und Funk vermischen sich mit einer Story, die das Leben in der Favela in seinen negativen, aber auch in seinen schönen Seiten zeigt.

Filth And Wisdom
Regie: Madonna
Großbritannien, 81 Minuten
DarstellerInnen: Eugene Hutz, Vicky McClure, Holly Weston
Die Pop-Ikone nahm nach der Hauptrolle in "Evita" nun selbst auf dem Regiesessel Platz. Sie erzählt von der Freundschaft zwischen dem Gypsy-Punk-Musiker Andriy Krystiyan und seinen zwei WG-Mitbewohnerinnen Juliette und Holly. Alle drei träumen davon, mit der Musik oder der Poesie Ruhm zu erlangen, müssen sich aber im realen Leben mit Alltagsjobs durchschlagen.

3 Zan (3 Women)
Iran, 94 Minuten
Regie: Manijeh Hekmat
DarstellerInnen: Niki Karimi, Pegah Ahangarani, Maryam Boubani
Fiktionsfilm, der einen lebendigen und detailreichen Frauen-Blick in den heutigen Iran gewährt. Eine vierzigjährige Frau begibt sich auf die Suche nach einem antiken Teppich und zugleich auch nach ihrer Tochter, die vor einiger Zeit verschwunden ist.

Rusalka (Mermaid)
Russische Föderation, 115 Minuten
Regie: Anna Melikyan
DarstellerInnen: Masha Shalaeva, Yevgeniy Tsyganov, Maria Sokova
Alisa ist ein ungewöhnliches Kind. Mit ihrer Mutter wohnt sie in einem kleinen Haus am Meer und träumt von ihrem Vater, der die Mutter noch vor der Geburt wieder verliess. In sich spürt sie die Gabe, kleine Alltagswünsche in Erfüllung gehen zu lassen. Im Teenageralter zieht sie mit ihrer Mutter in die Metropole Moskau. Erste Liebe lässt nicht auf sich warten, gestaltet sich aber schwierig.

Coupable
Frankreich, 107 Minuten
Regie: Laetitia Masson
DarstellerInnen: Hélène Fillères, Jérémie Renier, Amira Casar, Denis Podalydés, Anne Consigny
Ein Krimi der anderen Art: Nicht die Frage, wer den Mord an dem erstochenen Paul Kaplan begangen hat, steht im Mittelpunkt der verschachtelten Storyline, sondern die charakterliche Defragmentierung der Beteiligten. Das Hausmädchen Marguerite konfrontiert den Detektiv Lucien und den Anwalt Louis mit den eigenen Abgründen, während sie ihnen peu a peu die Beziehungsstrukturen enthüllt, die zwischen ihren ArbeitgeberInnen Blanche und Paul Kaplan und ihr selbst bestanden.

Transsiberian
Deutschland/Großbritannien/Spanien/Litauen, 111 Minuten
Regie: Brad Anderson
DarstellerInnen: Emily Mortimer, Kate Mara, Woody Harrelson, Eduardo Noriega
Der legendäre Transsiberian Express rast in atemberaubender Kulisse von Asien nach Europa. Der Thriller verfolgt den Ereignis-Strudel, in den ein amerikanisches Paar gerät, nachdem Jessie, die weibliche Hälfte, mit einem jungen, charismatischen Mitreisenden einen Stop-Over einlegt, der für ihn tödlich endet. Wenig später finden sich Jessie und ihr Freund Roy bedroht von korrupten russischen Polizeibeamten wieder, die aus dem Zugtrip ein dunkles Abenteuer werden lassen.

Sag mir, wo die Schönen sind
Deutschland, 90 Minuten
Regie: Gunther Scholz
Eine Misswahl, die kurz vor dem legendären Mauerfall-Jahr 1989 in Leipzig stattfand, ist der Ausgangspunkt für die Portrait-Collage über neun Frauen aus der ehemaligen DDR. Heute sind sie 40 und wohnen in Dubai, Zürich oder immer noch in Leipzig. Mit gemischten Gefühlen blicken sie auf die Zeit der Teilnahme an der Misswahl zurück und erzählen von ihren Berufs- und Lebensweg, der oft turbulent, aber meist erfolgreich verlief.

Patti Smith – Dream Of Live
USA, 109 Minuten
Regie: Steven Sebring
Porträt über die legendäre Rock-Sängerin, die mit ihrer unvergleichlichen Bühnenpräsenz und ihrer einzigartigen Stimme Weltruhm erlangte. Die Dokumentation beobachtet sie über einen Zeitraum von 11 Jahren und zeigt sie während der Konzerte, Backstage, bei Interviews, bei einem Besuch im Haus ihrer Eltern, beim Malen, bei Spoken-Word-Performances und vielem mehr.

Erika Rabau – Der Puck von Berlin
Deutschland, 87 Minuten
Regie: Samson Vicent
Portrait über die Fotografin Erika Rabau, die seit 1963 an der Jagd nach den besten Berlinale-Bildern teilnimmt.

Tote Schwule – lebende Lesben
Regie: Rosa von Praunheim
Deutschland, 90 Minuten
Der Kultfilmemacher zeichnet die Biographien schwuler Männer nach, die in der Nazizeit lebten und inzwischen verstorben sind, und stellt ihnen Portraits gegenüber von vitalen und starken Frauen, die in der heutigen Zeit lesbisch leben und sich dazu offen bekennen.

A Jihad For Love
USA/Deutschland/Großbritannien
Regie: Parvez Sharma
Dokumentation über Tabuisierung und Verfolgung von homosexuellen Lebensweisen in muslimisch-gläubigen Ländern. Schwule und Lesben aus Indien, Pakistan, Iran, Türkei und Ägypten erzählen, wie sie ihren Alltag unter den restriktiven Bedingungen gestalten, die sich von Land zu Land stark unterscheiden. Manche sucht das Filmteam auch im Exil in Frankreich und Südafrika auf, wo sie sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen können.

Forum

Experimentierfreudig, unkonventionell und ideenreich – das sind die Kriterien, nach denen die Filme für das Forum ausgesucht werden. Zum dritten Mal wird das Programm mit dem Forum expanded bereichert. Viele begleitende Veranstaltungen mit Ausstellungen, Film- und Videoprogrammen, Performances und Gesprächen sind geplant. Isabella Rossellini, die Schauspielerin, die schon öfter auf der Berlinale mit ihrem Charme und ihrem Talent beeindruckt hat, geht hier ungewohnte Wege und entwarf in Zusammenarbeit mit Jody Shapiro, Rick Gilbert und Andy Byers die Installation "Green Porno". Mit Hilfe einer Lupe können die BesucherInnen auf Monitoren alles über das Sexualleben von Fliegen, Würmern und Glühwürmchen erfahren. "Die tausendfachen bizarren und ´anrüchigen´ Sexualpraktiken von Insekten haben mich schon immer fasziniert", so die Künstlerin und Insektenperformerin Rossellini. Einige dieser Green Porno-Kurzfilme sind auch als Vorfilm zu Guy Maddins My Winnipeg, dem Eröffnungsfilm vom Forum, zu sehen.

AVIVA-Film-Tipps:

Regarde-Moi
Frankreich, 97 Minuten
Regie: Audrey Estrougo
DarstellerInnen: Emilie de Preissac, Terry Nimajimbe, Paco Boublard, Salomé Stévenin
In der Pariser Vorstadt prallen Jugendliche mit verschiedenen ethnischen Hintergründen aufeinander. Als sich Julie und Fatimata in den selben Jungen verlieben, eskalieren die Konflikte. Soziodrama, das die Realitäten von Gewalt unter Jugendlichen schonungslos darstellt.

Mafrouza/Coeur
Frankreich/Ägypten, 166 Minuten
Regie: Emmanuelle Demoris
Die Dokumentation setzt die Langzeitstudie der Regisseurin über das Alltagsleben in Mafrouza, einem ärmlichen Stadtteil von Alexandria, fort. Sie beobachtet mit behutsamen Auge den Auflösungsprozess eines komplexen sozialen Netzes und die Sisyphosarbeit derjenigen, die dem etwas entgegensetzen.

Nacht vor Augen
Deutschland, 91 Minuten
Regie: Brigitte Maria Bertele
DarstellerInnen: Hanno Koffler, Petra Schmidt-Schaller und Jona Ruggaber
Der 25jährige Bundeswehrsoldaten David kommt vom Auslandseinsatz in Afghanistan zurück in sein Heimatdorf im Schwarzwald. David wird von einer geheimnisvollen inneren Unruhe geplagt, die in einer ambivalenten Beziehung aus Spiel und Gewalt zwischen David und seinem achtjährigen Halbbruder Benni zum Ausdruck kommt und zu eskalieren droht.

Nirvana
Regie: Igor Voloshin
Russische Föderation, 89 Minuten
DarstellerInnen: Olga Sutulova, Marya Shalaeva, Artur Smolyaninov
In einem aufwendigen Cyberpunk-Setting findet eine Dreiecks-Liebesbeziehung statt, in der intensive Emotionen hervorbrechen. Dabei strahlen die Charaktere in den zwischen Punk, "Blade Runner" und Gothic angesiedelten Kostümen eine Coolness und bizarre Schönheit aus, die die tragische Entwicklung der Story in ein surrealistisch-episches Licht rückt: Alisa verlässt Moskau und fährt nach St. Petersburg in der Hoffnung, dort ihrer Einsamkeit entfliehen zu können. In einem heruntergekommen Prachtaltbau trifft sie auf Vehl und Krolik. Bald verbindet die Drei eine tiefe Freundschaft.

Perspektive Deutsches Kino

In der eigens für den jungen deutschen Film eingerichteten Sektion gibt es wieder einiges an innovativen Filmideen in Kurz- und Langfilmform zu sehen. Darunter auch unterhaltsame wie feinsinnige Fiktionen über das Leben in Berlin wie "1. Mai" (Regie: Sven Taddicken) und "Die Helden aus der Nachbarschaft" (Regie: Jovan Arsenic).

AVIVA-Film-Tipps:

Football Under Cover
Deutschland, 85 Minuten
Regie: Ayat Najafi, David Assmann
Dokumentation über ein außergewöhnliches Fußball-Spiel: Die jungen Frauen des Kreuzberger Frauenfußball-Vereins "BSV AL-Dersimpor" hören von den schlechten Trainings-Bedingungen ihrer Kolleginnen im Iran. Mit einem Freundschaftsspiel gegen die iranische Frauennationalmannschaft setzen sie ein Zeichen für die Ermöglichung von mehr Selbstbestimmung für Frauen in dem strenggläubigen Land. Der Film gewährt Einblick in den Alltag der jungen SpielerInnen in Berlin und im Iran, wobei ein Teil der Kreuzbergerinnen ebenfalls aus muslimischen Familien kommt, und begleitet sie von der ersten Idee im Vereinsclub bis zum Spiel in Teheran. Einige Hindernisse, bürokratischer und politischer Art, mussten dazu überwunden werden.

Die Dinge zwischen uns
Deutschland, 90 Minuten
Regie: Iris Janssen
DarstellerInnen: Daniela Wutte, Antje Widdra, Christoph Jacobi
Myriam und ihr Ehemann leben in einer scheinbar perfekten Beziehung in einer Kleinstadt, bis sie feststellt, dass er heimlich in ein Bordell geht. Zuerst ist sie gekränkt, dann gerät sie selbst in die Anziehungskraft der puren Erotik. Aus Neugierde beginnt sie als Tresenkraft in einem Edel-Bordell zu arbeiten.

Die Besucherin
Deutschland, 104 Minuten
Regie: Lola Randl
DarstellerInnen: Sylvana Krappatsch, Samuel Finzi, Isabell Metz, Jule Böwe
Eine erfolgreiche Karrierefrau beginnt ein kurzzeitiges Doppelleben, als sie per Zufall den Schlüssel für eine fremde Wohnung bekommt. Ihre Ehe und ihren Alltag vernachlässigt sie immer mehr. Sie lässt sich mit einem Mann ein, der in der Wohnung auftaucht, ohne zu fragen, wer er ist oder ihm ihre Identität zu offenbaren. Eine "Intimacy"-Parabel voller Rätsel und Momentaufnahmen der fortschreitenden Entfremdung der Beteiligten untereinander.

Weitere Infos zur Berlinale und alle Programmtermine finden Sie unter:

www.berlinale.de



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Beitrag vom 09.02.2008

AVIVA-Redaktion