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Jüdisches Leben
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Beitrag vom 19.09.2006
AVIVA-Berlin wünscht ein glückliches 5767
Sarah Ross
Wenn am 29. Elul 5766 (22.09.06) die Sonne untergeht, beginnt das jüdische Neujahrsfest Rosh HaShanah. Es ist der Beginn von 10 Tagen des Nachdenkens übers vergangene Jahr und der Buße. Shana Tova!
Rosh HaShanah bedeutet wörtlich übersetzt die "Spitze des Jahres". Es ist einer der höchsten jüdischen Feiertage und ist weitestgehend als das jüdische Neujahrsfest bekannt, das am 1. und 2. Tischri (in diesem Jahr am 23. und. 24. September 2006) gefeiert wird. Doch der erste Tischri ist nicht etwa der erste Tag des nun kommenden jüdischen Jahres 5767, sondern der Tag, an dem die Juden die Erschaffung der Welt feiern.
Die rabbinische Literatur sowie die jüdische Liturgie beschreiben Rosh HaShanah vor allem als Yom Ha’Din, den Tag des Gerichts, an dem alles Vergangene gerichtet wird, man um Vergebung bittet und sich auf die spirituelle Erneuerung durch das Gebet und eine tiefgehende persönliche Reflektion besinnt. Es heißt, dass an Rosh HaShanah drei Bücher geöffnet würden: eines für die vollkommen Gerechten, die in dasselbe sofort eingeschrieben werden, ein weiteres für die vollkommen Bösen, die ebenfalls sogleich verzeichnet werden, sowie ein drittes Buch für die Durchschnittlichen, denen Zeit bis Yom Kippur gegeben wird, dem Bußtag, der zehn Tage nach Rosh HaShanah gefeiert wird. Daher wünscht man sich zum jüdischen Neujahrsfest: "Le-shanah tovah tikkatevu" ("Zu einem guten Jahr möget ihr eingeschrieben werden").
Das grundlegendste Element von Rosh HaShanah ist jedoch das Blasen des Shofars, des traditionellen Widderhorns. In der Torah wird dieser Tag demnach auch als Yom Teruah bezeichnet - der Tag, an dem das Shofar als Ausdruck der Huldigung von G’ttes Königtum erklingt -, aber auch als Yom Hazikaron, als einen Tag der Erinnerung. Weltweit blicken Jüdinnen und Juden auf die Geschichte ihres Volkes zurück und beten für Israel.
In der Synagoge feiert man Rosh HaShanah mit besonderen Gebeten, die G’ttes Königtum (Malchujot), G’ttes Gedenken an Israel zum Guten (Sichronot) und das Blasen des Shofars (Shofarot) zum Inhalt haben. Während des G’ttesdienstes in der Synagoge werden gute Wünsche, wie Shanah Tovah (ein gutes Jahr), für das kommende Jahr ausgesprochen, bevor die Gemeinde zur familiären Feier nach Hause geht. Innerhalb der Familie, aber auch unter FreundInnen und Bekannten, werden E-Cards und Grußkarten ausgetauscht. Zwischen Rosh HaShanah und Yom Kippur ist es Brauch, folgenden Gruß in die Karte zu schreiben: "Le-shanah tovah tikkateivu ve-tehateimu" ("Zu einem guten Jahr möget ihr eingeschrieben und versiegelt werden").
Am jüdischen Neujahrsfest isst man traditionell süße Speisen wie in Honig getauchte Apfelstücke, um die Süße des bevorstehenden Jahres sicherzustellen. Weitere süße und symbolträchtige Speisen werden beim Festessen im Kreise der Familien angeboten. Die Verknüpfung von Vergangenheit und Zukunft, sowie der Rhythmus eines Jahres als Kreislauf, werden durch die Challah, dem traditionellen jüdischen Brot, die ringförmig gebacken wird, symbolisiert.
Weitere Informationen und Rezepte zu Rosh HaShanah finden Sie beispielsweise unter: www.ritualwell.org, www.holidays.net/highholydays und www.cyber-kitchen.com/rfcj/category.cgi?category=ROSH_HASHANAH
Taschlich ist eine weitere Symbolhandlung an Rosh HaShanah. Rabbiner Dr. Walter Homolka beschreibt es so: Was ist: Taschlich?
In der Taschlich-Zeremonie (hebr.: taschlich = "du sollst werfen") werden die eigenen Sünden symbolisch fortgeworfen, indem man dreimal seine Taschen ausschüttelt und Staub oder auch Brotkrumen in ein fließendes Gewässer streut (Micha 7,19, Schabbat 153a).
Nach einer zusätzlichen Interpretation dieser Symbolhandlung erinnere dies daran, dass das Schicksal der Menschen so unsicher ist wie das der Fische, die sich im Netz verfangen (R. Jeschajahu Horowitz, Schnei Luchot Habrit), oder dass Gottes achtsame Fürsorge, die Haschgacha, stets gegenwärtig sei, so wie auch Fische nie ihre Augen schließen... Das Ritual wird traditionell am 2. Tag von Rosh HaShanah nach Mincha durchgeführt, in denjenigen liberalen Gemeinden, die nur einen Tag Rosch ha-Schana halten, am Nachmittag. Auch wenn dies bei uns keine weit verbreitete Sitte ist, lohnt es sich, darauf einzugehen.
Der Maharil, R. Jakow Mölln (1365-1427), ist der Erste, der diesen Brauch der aschkenasischen Juden beschreibt und in eine biblische Tradition stellt. Allerdings ist wahrscheinlich, dass dieser orthodoxe Minhag von der nichtjüdischen Umgebung übernommen worden ist. So beschreibt der italienische Humanist Francesco Petrarca (1304-1374) anlässlich eines Besuches in Köln, dass die christlichen Mädchen an den Rhein gehen und Blumen und Brot ins Wasser werfen, um damit Krankheit und Übel zu bannen. Für uns heute drückt das Taschlich-Machen, z.B. unter Lesen des 130. Psalms, aber den Gedanken der Teschuwa aus, der die Yamim Nora’im bestimmt. Zu den Feiertagen schafft es darüber hinaus eine zusätzliche Verbundenheit mit der Natur..."
Das Team von AVIVA-Berlin wünscht allen LeserInnen alles Gute, Glück und Frieden für das Jahr 5767!rn
Shana Tova ve Chag Sameach!