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Beitrag vom 25.02.2006
Die bedeutende jüdische Lyrikerin Hilde Domin ist gestorben
Sarah Ross
Am 22.02.06 verstarb Hilde Domin im Alter von 96 Jahren. Sie gehörte zu den letzten deutschen DichterInnen, die Verfolgung, Flucht und Exil in ihren Werken literarisch verarbeitete.
Zusammen mit Else Lasker-Schüler, Rose Ausländer, Nelly Sachs und Paul Celan gehörte Hilde Domin zu den Letzten in der Reihe der großen jüdischen DichterInnen. Das Besondere an ihren Werken ist, dass sie in großem Maße von ihren persönlichen Lebenserfahrungen geprägt waren: Verfolgung durch die Nazis, Flucht und das Leben im Exil –ihr gesamtes Schicksal begriff sie als Zeichen der menschlichen Haltlosigkeit im 20. Jahrhundert. Sie sprach, während andere schwiegen, ihre Worte waren zaghaft, aber dennoch klar und deutlich – sie zeugten von Skepsis und Trotz. Am 22. Februar 2006 ist Hilde Domin im Alter von 96 Jahren in Heidelberg gestorben. Vor allem die literarische Welt trauert nun um den Verlust dieser großen Dichterin.
Hilde Domin wurde am 27. Juli 1909 in Köln als Tochter eines jüdischen Rechtsanwalts geboren. In den Jahren von 1929 bis 1932 studierte sie an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Bonn und an der Humboldt-Universität in Berlin zunächst Jura, dann Volkswirtschaftslehre dann Soziologie und Philosophie.
Zu ihren wichtigsten Lehrern gehörten unter anderem Karls Jaspers und Karl Mannheim. Wie viele andere jüdische WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen stand auch Hilde Domin während des Nationalsozialismus auf der Liste der Verfolgten. So war sie in den Jahren 1932 bis 1939, zusammen mit dem Kunsthistoriker und späteren Ehemann Erwin Walter Palm, auf der Flucht. Ihr Weg führte sie zunächst nach Rom, wo sie an der Universität in Florenz 1935 promovierte, über Großbritannien in die Dominikanische Republik.
Bevor sie zur Schriftstellerei fand, war Domin als Lehrerin für Sprachen, Übersetzerin, Fotografin und schließlich von 1947 bis 1952 als Dozentin für Deutsch an der Universität von Santo Domingo tätig. Ihr Vater floh derzeit mit ihrer Mutter über die belgische Grenze.
Erst nach dem Tod ihrer Mutter 1951 begann Hilde Palm in Santo Domingo unter dem Pseudonym "Domin" zu dichten. Ihr neuer Name war vor allem als eine poetische Reminiszenz auf ihr Exil in der Dominikanischen Republik sein, ihrer Karriere als Lyrikerin begann. Mitte der 1950er Jahre kehrte sie nach 22 Jahren im Exil nach Deutschland zurück, wo 1957 ihre in den Akzenten und der Neuen Rundschau erschienen ersten Gedichte ein literarisches Aufsehen erregten und sie bereits 1959 mit ihrem ersten Gedichtband "Nur eine Rose als Stütze" als eine der bedeutendsten DichterInnen aufstieg. Ab 1960 war sie als freie Schriftstellerin tätig. In den folgenden Jahren erschienen im S. Fischer Verlag weitere Werke wie Rückkehr der Schiffe (1962), Hier (1964) und Ich will dich (1970), die als stiller Protest mit einer lyrischen Klarheit verstanden wurden.
Domin schrieb auch Erzählungen, Essays, literaturwissenschaftliche Abhandlungen und einen Roman in Montageform, ihre Gedichte aber, scheinen die Menschen am meisten bewegt zu haben. So sagte der Philologe Walter Jens, dass sich in ihrem Werk die große Klarheit mit Visionen verbinde. Und mit Blick auf ihr Leben im Exil beschrieb der Literaturkritiker und Publizist Walter Hinck ihre Dichtungen als solche, die den Zustand eines Menschen reflektieren, den es in ein fremdes Sprachgebiet verschlagen habe, und dass aus diesem Erlebnis heraus ihre Wendung vom "Wohnen im Wort" entstanden sei. Alles in Allem hinterlässt Hilde Domin ein beeindruckendes literarisches Gesamtwerk, das von Zuversicht und einem unvergleichlichen Vertrauen in das Sagbare der Dinge zeugt. Nicht zuletzt hat sie scheinbar stets die Chance der dichterischen Wahrheit genutzt, was der verfolgten und im Exil lebenden Jüdin die Möglichkeit zum Überleben gab.
Die Poesie war ihr Retter.
Bis zuletzt lebte Hilde Domin in Heidelberg. Und bereits seit 1992 stiftet ihre Geburtsstadt ihr zu Ehren den alle drei Jahre vergebenen Literaturpreis "Literatur im Exil".
Weitere Informationen zu Hilde Domin finden Sie unter:
www.wikipedia.de
www.fr-aktuell.de
www.dradio.de
www.newsclick.de