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AVIVA-BERLIN.de im März 2024 - Beitrag vom 29.10.2006


Cantorial Highlights 2 - Revival of Synagogue Music in Europe
Sarah Ross

Mit ihrer CD würdigt Mimi Sheffer, Kantorin und Dozentin am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam, die ersten drei Rabbinerordinationen in Deutschland seit der Shoah.




Kaum jemand weiß heute noch, welch reichhaltige und vielfältige jüdisch-liturgische Musik in Europa vor, während und nach dem Holocaust komponiert wurde. Daher widmet sich Mimi Sheffer, Kantorin und Dozentin am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam, in ihrer neuen CD "Cantorial Highlights 2" der Wiederbelebung synagogaler Musik in Europa. Sie machte sich nicht nur auf die Suche nach den verlorenen Klängen europäischer Synagogen, sondern rekonstruierte auch das Leben und Schicksal ihrer KomponistInnen.
Das Ergebnis ihrer Spurensuche ist ein großartiges Album, auf dem sie mit ihrer klaren und kräftigen Stimme Werken von David Eisenstadt, über Felix Mendelssohn bis hin zum berühmten Berliner Komponisten Louis Lewandowski wieder Leben einhaucht.

Die Auswahl der Stücke ist ebenso facettenreich wie faszinierend: Bekannte Psalme und Gebete, aber auch unbekannte Gedichte und Texte wurden in den verschiedensten musikalischen Stilen vertont. So wundert es nicht, dass auf dieser CD liturgische Kompositionen neben Kunstliedern und kammermusikalischen Werken erklingen.
Gerade bei diesem Album ist das Booklet von besonders großer Bedeutung, da es sehr wertvolle Informationen zum Leben und Überleben der KomponistInnen und ihrer Musikstücke liefert.

So erfahren wir beispielsweise, dass das Echo des bekannten und am häufigsten aufgeführten Komponisten Louis Lewandowski bis heute nachhallt. Gefördert und musikalisch geprägt von Alexander Mendelssohn, dem Cousin Felix Mendelssohns, war er der erste Jude, der in die Berliner Akademie der Künste eintrat und dort graduierte. In Al Tashlichenu, dem Gebet zu Yom Kippur, tritt Lewandowskis Stil sehr deutlich zu Tage. Hier verquickt er traditionelle jüdische Motive mit Harmonien seiner Zeit.

Mimi Sheffer hat auf ihrer CD auch ein "persönliches Highlight" integriert, denn die Melodien zu Shalom Aleichem stammen aus ihrem privaten Familienerbe. Während die erste – komponiert von Israel Goldfarb – über alle Grenzen hinaus bekannt ist und in der Synagoge in Brooklyn von Goldfarb an Sheffers Großvater und Vater weitergegeben wurde, stammt die zweite Melodie aus Galizien. Auch letztere wurde von Generation zu Generation in ihrer Familie an Mimi Sheffer weiter tradiert.

Unter den überwiegend männlichen Komponisten auf diesem Album treten die Namen Hannah Senesh und Lena Stein-Schneider besonders hervor. Hannah Senesh war eine ungarisch-jüdische Dichterin, die 1939 nach Israel auswanderte und mit Fallschirmabsprüngen verzweifelt versuchte, Europas Juden vor dem Holocaust zu retten. Doch wurde sie von den Nazis gefasst und ermordet. Ihr Gedicht Eli, Eli – von David Zehavi vertont – wurde zu einem zeitlosen israelischen Lied und fand darüber hinaus Eingang in Synagogen und Gebetbücher.
Das Gebet für den Frieden ist das einzige kompositorische, liturgische Zeugnis der Berliner Musikerin Lena Stein-Schneider. Sie schrieb es in ihrem Exil während des Krieges.

AVIVA-Tipp:
Mimi Sheffer ist der Botschaft des Gebetes LeDor VaDor gefolgt: Mit "Cantorial Highlights 2" setzt sie einer der herrlichsten Musikkulturen Deutschlands und Europas fort. Mit ihrer unvergleichlich ausdrucksvollen und starken Stimme trägt sie die Melodien von Generation zu Generation bei und bewahrt sie somit vor dem Vergessen.

Zu Mimi Sheffer:
Mimi Sheffer wuchs in Israel auf. Nach ihrer Ausbildung in jüdischen Wissenschaften schloss sie ihr Studium als Flötistin an der Rubin Academy of Music in Jerusalem ab. Im Anschluss studierte sie klassischen Gesang an der Rubin Academy of Music in Tel-Aviv. Sie gewann den "Young Artist" Wettbewerb von "Kol Israel" (Radio Israel), zweimal den Preis der "Rubin Academy, Tel-Aviv" und war viermal Preisträgerin des "Amerika-Israel Cultural Foundation". Als Teilnehmerin des "Israeli Vocal Arts Institute" wurde Mimi Sheffer nach New York in Joan Caplans Studio eingeladen. Sie vertiefte ihr Können im Bühnen- und Interpretationsbereich unter Renato Capecchi, Nico Castel, Rita Loving, Alfredo Kraus, Vera Rozsa und Hilde Zadek. Unter anderem sang Mimi Sheffer Opernrollen wie Mimi, Contessa, Michaela, Fiordiligi und Desdemona.
Ihre Karriere als Kantorin begann Mimi Sheffer an der West-End-Synagogue in New York als fest angestellte Kantorin. Ihr Ruf verbreitete sich zunehmend, so dass sie in der berühmten Emanuel Synagogue in West Hartford amtierte. In Berlin war Mimi Sheffer als Kantorin in der Synagoge Oranienburger Straße angestellt und für die Entwicklung der jungen Gemeinde zuständig. Mimi Sheffer widmet sich interreligiösen Aktivitäten, leitet Workshops zu jüdischen Themen und Liturgie, tritt häufig anlässlich offizieller Veranstaltungen und bei eigenen Konzerten auf. Als einzige weibliche Kantorin mit klassischer musikalischer Ausbildung in ganz Europa bietet Mimi Sheffer ein breites Spektrum ursprünglicher und höchst anspruchsvoller Programme an: sie ist spezialisiert in "cross-over" zwischen den verschiedenen Kulturen und Religionen und belebt kantorale und orchestrale Musik in Europa neu. Etwa ihr Konzert in der Berliner Philharmonie, wo sie Avodath HaKodesh (Sabbat-Gottesdienst, Hebräisches Oratorium für Kantor, Chor und Orchester) von Ernst Bloch und den 42. PSALM von Felix Mendelssohn mit den Berliner Symphonikern und der Berliner Singakademie; oder auch im Konzerthaus Berlin, wo sie ihr Programm Aus Oper und Synagoge sang.


Mimi Sheffer (Synagogale Kantorin und Sopranistin)
Cantorial Highlights 2

Revival of Synagogue Music in Europe
Mimi Sheffer sings with: Prof. Stefan Schuk (Orgel), Lorne Richstone (Piano) und Sigrid Heinrich (Harfe)
ISBN: ARS 38 460
18,00 Euro

Weitere Informationen finden Sie unter: www.mimisheffer.com
Mehr von Mimi Sheffer:
SULZER, Birnbaum, KATCHKO, + ISAAC SHEFFER, MIMI SHEFFER: SYNAGOGENMUSIK EAN: 4011407973855


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Beitrag vom 29.10.2006

Sarah Ross