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Beitrag vom 10.05.2007
Doris Dörrie im Interview
Tatjana Zilg
Im Rahmen der neuen Berlinale–Filmreihe "Eat, Drink, See Movies" feierte ihr Dokumentarfilm über einen Zen-Priester, der mit Kochkursen buddhistische Philosophie vermittelt, Premiere
Für die 57. Berlinale im Februar 2007 ließen sich Dieter Kosslick und seine MitarbeiterInnen einige Neuerungen einfallen. Eine originelle Idee war es, den visuellen Genuss unmittelbar mit einem kulinarischen Erlebnis zu verbinden. Im Martin-Gropius-Bau wurden einige Filme gezeigt, die sich in Spielfilm- oder Dokumentarform mit dem Thema Essen beschäftigen.
Anschließend wurde ein ein Menü für gehobene Ansprüche serviert, zubereitet von auserwählten Meisterköchen. Für die geistige Vertiefung führte Alfred Biolek (an den meisten Abenden) ein Podiums-Gespräch mit den FilmemacherInnen und anderen Gästen.
Doris Dörrie präsentierte ihr filmisches Portrait über den kalifornischen Zen-Priester Edward Espe Brown, der mit der Kochkunst und dem Brotbacken einen Weg gefunden hat, Buddhismus-Interessierten einen leicht verständlichen Einblick in die östliche Spiritualität zu geben und einen bewussteren Umgang mit der Nahrungszubereitung und dem Essen zu vermitteln.
AVIVA-Berlin traf die erfolgreiche deutsche Regisseurin zu einem kurzen Gespräch.
AVIVA-Berlin: Wann sind Sie Edward Brown zum ersten Mal begegnet?
Doris Dörrie: Ich habe einen Kochkurs bei ihn mitgemacht und fand das sehr klasse, wie er Zen durch Kochen vermittelt.
AVIVA-Berlin: Sie fahren regelmäßig nach Tassajara, dem Zen-Zentrum in den Bergen von San Francisco?
Doris Dörrie: Nein, das war nur einmal. Ich habe dort gleichzeitig selbst unterrichtet, einen Film-Workshop.
AVIVA-Berlin: Wann sind Sie selbst zum ersten Mal mit der Zen-Lehre in Berührung gekommen?
Doris Dörrie: Das ist schon lange her. Es sind jetzt 15 Jahre.
AVIVA-Berlin: Was hat Sie denn besonders an der Zen-Lehre gereizt?
Doris Dörrie: Diese ganz klare, sehr praktische Ausrichtung, die Zen hat. Erst mal ist alles ja ganz einfach. Man muss sich nur hinsetzen und gar nichts mehr sagen. Schwieriger ist es, regelmäßig zu praktizieren. Aber einatmen, ausatmen, seinen Atem beobachten, nichts weiter zu tun als das, ist erst mal eine sehr klare Anleitung, genauso einfach wie das, was im Film vorkommt: Den Reis waschen, Karotten schneiden, die Suppe umrühren.
AVIVA-Berlin: Was unterscheidet die Zen-Lehre in Ihren Augen von anderen buddhistischen Lehren?
Doris Dörrie: Das ist ähnlich wie im Christentum, da gibt es ja auch unterschiedliche Ausrichtungen. Manche Richtungen im Buddhismus sind viel bildgewaltiger, viel mehr von Ritualen beherrscht. Tibetischer Buddhismus ist eher wie Katholizismus, Zen protestantisch.
AVIVA-Berlin: Was würden Sie Buddhismus-Interessierten empfehlen, wie Sie am einfachsten Zugang zur Meditation und Zenlehre finden können?
Doris Dörrie: Ein Kochkurs bei Edward ist eine sehr gute Möglichkeit. Im Internet kann jedeR natürlich auch viele Adressen von Zen-Zentren in der Nähe finden. Dort hat man die Möglichkeit zu meditieren, sich auf ein schwarzes Kissen zu setzen, gar nichts zu machen, nur still zu sitzen. Aber der Einstieg über das Kochen ist aus meiner Sicht ideal, weil er so einfach und klar ist. Jeder hat eine Küche, jeder hat auch ein Küchenmesser.
AVIVA-Berlin: Sie sagen im Film, dass es nicht immer gelingt, sich die Zeit zu nehmen, gehaltvoll zu kochen. Finden Sie denn regelmäßig Zeit dafür?
Doris Dörrie: Ja, es ist schon eine Aufgabe, zu der man sich aufraffen muss. Das passiert uns nicht mehr von selber, so wie früher, als es klar war, dass jeden Tag gekocht wird. Den Frauen hat dieses Verständnis auch sehr im Weg gestanden, weil sie dadurch eingeschränkt wurden. Heute ist das anders. Ich denke, es ist wichtig, sich dafür zu entscheiden, für das Kochen Zeit zu verwenden und die Familie einzubinden. Die Küche ist ein idealer Ort, um mehr Zeit miteinander zu verbringen.
AVIVA-Berlin: Wird Edward Brown auch zu Kochkursen nach Deutschland kommen?
Doris Dörrie: Nein, vorerst nicht. Er hat neulich in einem Zen-Center in Österreich unterrichtet, dort ist er auch wieder im Juni 2007.
AVIVA-Berlin: Wer hat die Radieschen geschnitzt, die auch für das Filmplakat verwendet werden? Wie ist die Idee dazu entstanden?
Doris Dörrie: Das sind zwei Thailänderinnen gewesen, ich hatte in ihrem Restaurant eine Auslage gesehen, wo sie eine Melone geschnitzt haben, und habe sie gefragt, ob sie für uns die Radieschen schnitzen.
AVIVA-Berlin: Auf der Berlinale werden immer mehr Dokumentarfilme gezeigt und vom Publikum sehr gut angenommen. Was zeichnet aus Ihrer Sicht einen guten Dokumentarfilm aus?
Doris Dörrie: Das ist schwer zu sagen. Was immer wichtig ist, aber das ist bei Spielfilmen genauso, ist eine Neugier zu der Person, über die man erzählt. Das ist eine Sache, die man leider im Fernsehen immer seltener findet, dass jemand wirklich neugierig und wach ist, und nicht nur das Programm füllen will und an der Oberfläche entlang surft.
AVIVA-Berlin: Wieviel Zeit haben Sie sich für "How To Cook Your Life?" genommen?
Doris Dörrie: Ich habe im Juni mit dem Dreh begonnen, insgesamt hat die Umsetzung 8 Monate gedauert.
AVIVA-Berlin: Haben Sie schon Pläne für einen nächsten Film?
Doris Dörrie: Ja, wir fangen im März 2007 an zu drehen. Es wird eine Geschichte über Eltern und Kinder.
AVIVA-Berlin: Vielen Dank für das Gespräch!
Lesen Sie auch unsere Filmrezension zu "How To Cook Your Life"