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Beitrag vom 14.06.2010
Waris Dirie - Schwarze Frau, weißes Land
Lisa Erdmann
Seit dreizehn Jahren kämpft Waris Dirie für die Frauen Afrikas, wird als Menschenrechtlerin weltweit gefeiert und blieb doch immer eine Getriebene, die zwischen den Kulturen steht. Ihr neuestes...
... Buch erzählt von diesem Leben in zwei Welten, von der Suche nach Heimat und dem Wunsch, Afrika zu helfen, sich endlich selbst zu retten.
Waris Diries Geschichte kennt jede. Es ist das Märchen einer jungen afrikanischen Nomadentochter, die zum internationalen Topmodel avancierte. Es ist aber auch die Geschichte eines schmerzhaften Schicksals, das kleinen Mädchen weltweit alle elf Sekunden widerfährt. Waris Dirie wurde zum Opfer von Genitalverstümmelung und kämpft seit vielen Jahren gegen dieses grausamen Verbrechen.
Mit ihrer Organisation, der "Waris Dirie Foundation" hilft sie den unterdrückten Frauen, die genau wie sie Opfer archaischer Traditionen sind. Als Sonderbotschafterin der UNO bereist sie seit vielen Jahren die westliche, die weiße Welt, hält Vorträge und kämpft mit immer neuen Kampagnen um Aufklärung und Prävention. Sie wird als Menschenrechtsaktivistin umjubelt - und macht zugleich immer wieder die schmerzvolle Erfahrung, dass sie im Alltag doch immer eine Fremde, eine "Schwarze Frau" im "weißen Land" bleiben wird.
In ihrem mittlerweile fünften Werk "Schwarze Frau, weißes Land" schildert Waris Dirie ihre Zweifel, ihre Hin- und Hergerissenheit zwischen den Kulturen und wie sie zu dem Entschluss gelangte, nur durch ihre Rückkehr nach Afrika den Frauen vor Ort helfen könne, finanziell unabhängig und selbstständig zu sein. Bestärkt wird sie dabei von dem Wissen, dass dadurch ihr kleiner Sohn Leon etwas haben wird, nach dem sich Waris Dirie seit Jahren sehnt - das Gefühl von Heimat.
"Schwarze Frau, weißes Land" dokumentiert diesen Prozess der Rückkehr und ist zugleich ein Rückblick auf das Leben einer Frau, die ihre innere Unruhe und Zerrissenheit nie ablegen konnte. Dabei stehen nicht nur Diries Zeit als Supermodel und ihre bitteren Erlebnisse hinter dem glamourösen Schein im Fokus des Buches. Auch ihr jahrelanger Kampf gegen Genitalverstümmelung, ihre Niederlagen und kleinen Siege sowie die Missstände Europas, beispielsweise die alltäglichen Diskriminierungen von Migrantinnen und ausländisch aussehender Frauen werden thematisiert.
Waris Diries biographisches Werk "Schwarze Frau, weißes Land" erzählt aber auch davon, wie die UN-Botschafterin die Dreharbeiten zu ihrer Biographie "Wüstenblume" in Dschibuti begleitete, welche Emotionen in ihr vorgingen, als sie zusah, wie ihr eigenes Leben verfilmt wurde und begann, ihre bisherigen Bemühungen im Kampf gegen FGM zu überdenken.
Ihre Erlebnisse mit traditionsbewussten Politikern und fortschrittlichen Unternehmern, mit Frauen, mit Müttern, deren kleine Töchter von Genitalverstümmelung akut bedroht sind und schließlich Diries Begegnung mit sich selbst inmitten der Wüste nahe der Somalischen Grenze, führen die Menschenrechtskämpferin schließlich zu der Entscheidung, ihre Arbeit einem neuen Schwerpunkt zu widmen und endlich wieder nach Afrika zurück zu gehen.
Während der Lektüre von Diries lebhaften Schilderungen wird die Leserin selbst zum Teil all dieser Episoden, sie hofft und leidet gemeinsam mit der Autorin, fühlt sich wütend und aufgewühlt und spürt dennoch, oder gerade deshalb Diries Glauben an eine selbstbestimmte Zukunft für Afrika im eigenen Herzen. Doch Waris Dirie weiß auch, allein kann sie ihren Kontinent nicht retten, sondern nur mit einem guten Beispiel vorangehen. Gerettet werden kann Afrika nur, wenn es beginnt, sich selbst zu verändern.
"Deshalb werde ich auch in meine Heimat zurückkehren, um dort für die gesellschaftlichen Veränderungen zu kämpfen, die notwendig sind, damit Afrika sein Potenzial voll ausschöpfen kann. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich auf diesem Kontinent etwas Grundlegendes ändern muss: die gesellschaftliche Stellung der Frau. Nur so hat Afrika überhaupt eine Chance.", erklärt Waris Dirie in ihrem spannenden, aufreibenden Buch.
Auch Waris Diries Nichten sind akut von FGM bedroht
Kurz nach dem Erscheinen von "Schwarze Frau, weißes Land" werden Waris Diries Kräfte erneut auf die Probe gestellt, denn seit einigen Wochen sind ihre sechs Nichten im Alter von drei bis elf Jahren akut von Genitalverstümmlung bedroht. Verzweifelt versucht die UN-Botschafterin, die Mädchen nach Europa zu bringen, aber Europäische Regelungen und schwerfällige afrikanische Verwaltungssysteme behindern sie immer wieder. Weder die "Reformprogramme" für Afrika noch persönliche Versprechungen europäischer PolitikerInnen helfen ihr weiter. Aus Angst, ihre Nichten allein in Äthiopien zurückzulassen, wartet Waris Dirie nun seit sechs Wochen auf die notwendigen Papiere und Visa in Addis Abeba, anstatt, wie geplant, ihr neues Buch in Deutschland, Österreich und Schweiz vorzustellen.
"Mein Traum ist es, schon bald mit meiner ganzen Familie auf einer Farm in Afrika zu leben. Momentan sehe ich aber keinen anderen Weg, meine Nichten vor dem furchtbaren Verbrechen der Genitalverstümmelung zu schützen, als sie kurzfristig nach Europa zu bringen bis ich in Afrika einen sicheren Platz für die Kinder habe.", sagt Waris Dirie.
"Ich hoffe, dass die vielen europäischen Politiker, die mir immer wieder ihre Unterstützung in meinem Kampf zugesagt haben, mich bei jetzt meinem persönlichsten Kampf unterstützen werden. Nach meiner Rückkehr werde ich mit meinem neuen Buch durch Europa reisen um möglichst vielen Menschen in Europa zu erzählen, wie man den Frauen und Mädchen in Afrika wirklich helfen kann! In den letzten Wochen habe ich all die Probleme, die ich in "Schwarze Frau, weißes Land" beschreibe, in dramatischer Weise selbst erlebt – sowohl in Afrika als auch in Europa“
AVIVA-Tipp Waris Dirie präsentiert in ihrem neuesten Werk eine Erkenntnis, die tausenden Menschen bis heute verwehrt geblieben ist, nämlich die, dass die Rechte der Frauen sich nur dann stärken lassen, wenn die Frauen, um die es geht, die Frauen vor Ort, nicht nur in Afrika, sondern auf der ganzen Welt gestärkt werden. Mit "Schwarze Frau, weißes Land" eröffnet Waris Dirie ihren Leserinnen neue Einblicke in eine Kultur, die bei weitem nicht so fern liegt, wie frau manchmal denken möchte. Doch solange Waris Dirie ihren Kampf gegen FGM und für Afrika nicht aufgibt, sollte auch die Leserin weiter hoffen und dieser starken, klugen Frau Gehör schenken.
Zur Autorin: Waris Dirie wurde ca. 1965 in der somalischen Wüste geboren und lebt heute in Europa. In ihrem Weltbestseller "Wüstenblume", der 2009 für das Kino verfilmt wurde, sprach sie sich öffentlich gegen den Brauch der Genitalverstümmelung aus - und brach damit ein Tabu. Mit der von ihr gegründeten Waris-Dirie-Foundation kämpft sie weltweit gegen diese Art der Menschenrechtsverletzung. Für ihr Engagement wurde sie mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Afrika-Preis der deutschen Bundesregierung und dem World Women´s Award. Vom französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy wurde sie zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. (Verlagsinformationen)
Waris Dirie
Schwarze Frau, weißes Land
Gebunden, 334 Seiten
Droemer Verlag, erschienen Mai 2010
ISBN: 978-3-426-27535-1
19,95 Euro
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.stop-fgm-now.com , www.waris-dirie-foundation.com, www.frauenrechte.de und www.hbdg.de
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