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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 06.05.2010


Wer war Königin Luise wirklich - Neuerscheinungen im Luisen Jahr 2010
Undine Zimmer

200 Jahre nach ihrem Tod bemüht man sich nicht mehr darum zu verschweigen, dass die Königin von Preußen Luise Ausdrücke wie "Stinkloch" für ihre ZeitgenossInnen benutzte. Vielmehr wird heute auf...




...die liebevollen Beziehungen, dokumentiert in zahlreichen Briefen zu ihren Geschwistern, Kindern und ihrem Ehemann, ein Auge geworfen.

Königin Luise etwa als plapperndes Gilmore Girl? - Wortgewand, enthusiastisch und ihrer Familie über alles verbunden, erlebt Miss Preußen 2010 ein Revival. Zurecht wie es scheint, denn zum 200. Todestag von Preußens beliebtester Königin versetzt sie wieder zahlreiche BiographInnen in Verzückung, die uns noch einmal "die Wahrheit" über das Leben der Königin Luise näher bringen wollen. Die Mythen, die sich um die Person der Luise ranken, werden abwechselnd beschworen und wieder dekonstruiert. Die Zahl der Publikationen und Neuauflagen im "Luise Jahr 2010" scheint kein Ende zu nehmen. War Luise nun eine tanzwütige Ungebildete, eine modesüchtige Teetrinkerin, hingebungsvolle Ehefrau oder eine versteckte Politikerin? AVIVA-Berlin hat sich in die Wellen der Neuveröffentlichungen gestürzt und den Geist der Luise in ihrem Mausoleum im Schlosspark Charlottenburg beschworen, um Sie, verehrte LeserInnnen, durch das Luisen-Labyrinth, in dem bis heute die exotischsten Gerüchte der preußischen Geschichte Blüten treiben, sicher zu geleiten.

Carolin Philipps: Luise. Die Königin und ihre Geschwister



Wer waren die Geschwister, mit denen Königin Luise ein Leben lang in engem Kontakt stand, die ihr während Flucht, im Exil, während Trauer, Intrigen und politischen Zwistigkeiten Kraft gegeben haben? Carolin Philips hat recherchiert und stellt sie uns nun vor: Lolo (Charlotte), Röschen (Therese), Georg, Carl und Ika (Friederike) bezeichneten sich als das sechsblättrige Kleeblatt, dessen engste Verbindung zwischen Luise, Friederike und Georg bestand.

Charlotte, spätere Herzogin von Sachsen-Hildburghausen, war die erste der sechs, die mit 15 Jahren verheiratet wurde. Von ihrer Schönheit schwärmte Jean Paul noch Jahre später. Wegen ihrer schönen Stimme war Charlotte bekannt als die "Singschwester". Wie alle Geschwister trat sie bei jeder Gelegenheit auf Festen auf. Daneben hat sie sich sehr für die Schulbildung eingesetzt und war für ihr soziales Engagement bekannt.

Therese war die intellektuellste von den Schwestern. Sie war mit 15 Jahren in der besonderen Situation selbst darüber entscheiden zu dürfen, ob sie eine Heirat eingehen wollte oder nicht. Nach langen Beratungen mit ihrer Großmutter und ihrem Vater willigte sie eher aus praktisch als aus emotionalen Gründen ein. Was ihre Ehe anging teilte sie mit ihrer Schwester Charlotte ein schweres Los: Sie waren beide offensichtlich intelligenter als ihre Männer. Da sie die jedoch in ihrer Jugend gelernt hatte, dass es ein Trost sein, ihre Pflicht getan zu haben, fand Therese Ablenkung in der Philosophie und vielen Aktivitäten. Sie führte neben ihrer Ehe eine langjährige Affäre bis zum Tod ihres Geliebten. Therese hielt sich gerne in Weimar auf, diskutierte mit Goethe und Schiller und holte Künstler und Gelehrte an ihren Hof in Regensburg.

Auch die Brüder der Königin Luise nahmen Sonderrollen ein. Obwohl der jüngste, Carl, Herzog von Mecklenburg-Strelitz eine Karriere beim Militär machte, war er ein Schauspieltalent. Besonders viele lobende Kommentare finden sich von Zeitgenossen über seine Darstellung des Mephisto in Goethes Faust. Es wurde heimlich gemunkelt, dass er homosexuell gewesen sein könnte. Solche Unterstellungen durfte man jedoch nicht öffentlich äußern, da auf Homosexualität die Todesstrafe stand. Als Sohn aus zweiter Ehe von Karl Fürst von Mecklenburg-Strelitz mit Charlotte von Hessen-Darmstadt nahm Carl als Halbbruder und jüngster eine Sonderrolle ein. Auch charakterlich unterschied er sich von den Geschwistern, stand jedoch mit seinen Schwestern und mit dem großen Bruder Georg sein Leben lang in enger Verbindung.

Der große Bruder, Großherzog Georg galt als schüchtern und kassierte jahrelang bei seinen auserwählten Bräuten nur Körbe . Seine Schwestern teilten mit ihm ihre Sorgen, schätzen ihn als Gesprächspartner und wetteiferten um seine Briefe. Seine eigenen Tagebücher zirkulierten von Schwester zu Schwester und wurden mit Anteilnahme und Begeisterung gelesen. Auch seine Brautschau wurde aufmerksam mit allerlei guten Ratschlägen verfolgt. Dennoch blieb er Junggeselle bis in seine Dreißiger und fand erst nach dem Tod seiner Schwester Luise, der Königin von Preußen, eine Frau. Die Freude und Erleichterung seines Bruders Carl dürfte laut Carolin Phillips am größten über diese gute Nachricht gewesen sein, da es ihn selbst von der Pflicht zu heiraten entband. Folglich blieb Carl auch Junggeselle.

Die sechs Geschwister von Mecklenburg-Strelitz waren ihrer Zeit voraus. Trotz ihres hohen gesellschaftlichen Status gaben sie sich volksnah und bürgerlich. Die Königin und ihre Schwestern nahmen sich Freiheiten heraus, um die andere Frauen ihrer Zeit ihre Männer vergeblich baten. Dass Mütter von ihrem Rang ihre Kinder selbst stillen, war damals nicht üblich. Luise, Frederike, Therese und Charlotte zeigten in ihren Ehen, jede auf ihre Weise, dass sie selbständig denken konnten und Durchsetzungsvermögen besaßen. Luise und Therese traten sogar als inoffizielle Diplomatinnen auf das politische Parkett und verhandelten für ihr Land zwischen ´Teutschland´, Frankreich und Russland.

So hat jedes der sechs Geschwister eine eigene Geschichte zu erzählen, die es wert ist kennenzulernen. Wer mehr über die Person hinter dem Mythos der Königin Luise erfahren möchte, sollte sich die Zeit nehmen und auch ihren Geschwistern eine Weile zuhören.

Piper Verlag
Broschiert, erschienen Mai 2010
ISBN: 9783492258548
421 Seiten
12,95 Euro


Luise - Die Kleider der Königin - Mode, Schmuck und Accessoires am preußischen Hof um 1800



Sollten Sie unversehens ins 18. Jahrhundert zurückversetzt und vor einem großen Kleiderschrank mit der Frage konfrontiert werden, welches das passende Hauskleid, Negligee oder Festkleid für den bevorstehenden Anlass ist, dann blättern Sie im Luise-Katalog zur Ausstellung "Luise. Die Kleider Der Königin". Hier finden sich auch die Antworten auf die Frage, wie Königin Luise ihre Reitkleider geschnürt hat, woher sie Inspiration für ihre Frisuren nahm und welche Blumenmuster ihrer Kleider sie selber entworfen hat.

Die Kleider der Königin

Die Wahrnehmung von Königin Luise als "Fashion Victim" und "It-Girl" - so die Slogans der diesjährigen Luise-Ausstellungen - wurde im 18. Jahrhundert begünstigt von einem Wandel der modischen Standards: Der erste Schritt war der Wechsel von rüschenreichen ausladenden Kleidern zu langen fließenden Gewändern, die sich an der antiken Mode orientierten. Diese skandalös durchscheinenden Kleider deuteten gleichzeitig den Aufbruch zu einer bürgerlich-demokratischen Gesellschaft an. Schuld an der Aufregung um die neue Mode waren die Franzosen. Denn von Paris aus schwappte die Begeisterung für hautfarbene Stoffe nach Preußen über. Die damaligen berühmten Fashion Magazine, wie das "Journal des Luxus und der Moden" berichtete seinen Leserinnen, was man mit den kostspieligen Stoffen anstellen konnte. Bei den Männern sorgten die sogenannten "Nackt-Kleider" der Gesellschaftsdamen entweder für Missbilligung oder Euphorie, in jedem Falle für Tratsch und Klatsch. Auch Luise war eine der Ersten, die diese Mode am Hofe tragbar machte (mehr über die 12 Regeln der neuen Mode lässt sich im Aufsatz von Gundula Wolter nachlesen).

Mode ist eine Staatsangelegenheit

In dem ansprechend gestalteten Band zur Ausstellung "Luise. Die Kleider der Königin." wird ein grundlegendes Verständnis für die damalige Mode, den Handel und die handwerkliche Herstellung vermittelt. Die LeserInnen erfahren, welche Modezeitschriften sich Luise aus Paris kommen liess, von welchen Kleidern sie als kleines Mädchen träumte, weil sie diese in ihre Hefte kritzelte und dass ihre Ausstattung mit 65 Roben eine immense Belastung für die Staatskasse darstellte. Damals noch mehr als heute hatte Mode etwas mit Selbstinszenierung zu tun. Die Gewänder, in denen die Königin auf den zahlreichen Portraits zu sehen ist, wurden sorgfältig ausgewählt. Ein Portrait galt nicht als eine momentane Stimmungsaufnahme, sondern sollte die Person grundlegend in ihren Eigenschaften charakterisieren. Nicht selten waren Kleidungsstücke, Pelze und Nerze auch Geschenke der Nachbarstaaten, somit erhielt Mode auch eine politische Dimension (Wie Napoleon dieses Mittel nutzte ist im Aufsatz von Jörg Ebeling nachzulesen).

Diamonds are a girls best friend

Luise legte eine der reichsten Juwelensammlungen Europas an, die sich mit der exklusiven Sammlung ihrer politischen Konkurrentin, der französischen Kaiserin Josephíne messen konnte.

"Luise. Die Kleider der Königin" erklärt in elf reich bebilderten Aufsätzen die notwendigen Hintergründe und Trends für alle Modefans, die sich nicht nur für den letzen Schrei interessieren. Auch über Schloss Paretz erfahren wir, dass es nach seiner Plünderung und Wiederherstellung erst wieder als Ausstellungsort begehbar gemacht worden ist.

Der Katalog selbst ist, ähnlich einem Modemagazin unterteilt in Kapitel über Frisuren und Kosmetik, Juwelen, Kostüme, Kleider und Accessoires. Diese werden wiederum nach verschiedenen Anlässen kommentiert. Was an Mitgift der Königin Luise noch erhalten geblieben ist, wird in der Ausstellung und im Katalog liebevoll präsentiert. Wer weiß denn heute noch auf Anhieb, was "Stil Andrienne" zu bedeuten hat und wie die "Robe á la Turque" geschnitten ist? Beim Lesen tauchen weitere Wörter auf wie "Bonnets" und Bouffs" für Kopfbedeckungen, die Sie sicher lange nicht mehr gehört haben. Aber vielleicht bitten Sie ja schon beim nächsten Besuch Ihre/n SchneiderIn den Morgenrock etwas "á la Parisienne" aufzuarbeiten.


Katalogbuch zur Ausstellung in Paretz bei Berlin, 2010, Schloß Paretz.
Hrsg.: Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
ISBN: 9783777423814
Gebunden, 224 Seiten
Hirmer Verlag, erschienen 2010
29,90 Euro in der Ausstellung
34,90 Euro im Handel

Ausstellung "Luise. Die Kleider der Königin" Vom 31. Juli 2010 bis 31. Oktober 2010, Schloss Paretz und Schlossremise

Christine Gräfin von Brühl - Die preußische Madonna: Auf den Spuren der Königin Luise



Das erste, was positiv an Brühls Buch auffällt, ist, dass es im Gegensatz zu den meisten Luise-Publikationen nicht chronologisch aufgebaut ist. Es beginnt mit einer Einleitung, die an die Existenz des Adels in unserer Zeit erinnert. Die Autorin, selber eine Adlige, folgt der Königin auf ihren Pilgerwegen, sie startet an ihrem Todesort. Somit beginnt diese Luisen-Erzählung an einem Nachmittag im Garten des Schloss Hohenzieritz. Frau von Brühl konzentriert sich darauf uns die Spuren zu lesen, die wir heute noch von Luise an den Orten entlang des Pilgerpfades finden können. Gleichzeitig belebt sie die heute musealen Orte mit dem Geiste der Vergangenheit, in dem sie Details nachspürt oder uns durch ihr Wissen hinter der Fassade des "heute" sehen lässt. Sie erzählt uns die Geschichte die diese Orte ohne ihren damaligen Prunk bis heute weiter geschrieben haben. Frau von Brühl wird damit gleichzeitig zur Fremdenführerin und verpackt bekannte Daten und Fakten frisch. Wer allerdings hofft, neue Erkenntnisse über Luise zu erhalten wird zwar enttäuscht, entdeckt aber zahlreiche Details, die sich in keiner anderen Biographie finden. Die besondere Qualität dieses Buches liegt in den Betrachtungen der Orte. Es ist die Geschichte der Orte und der Legenden, die sich nicht nur um die Königin Luise direkt ranken, sondern um die Plätze und Gegenden, in denen sie gelebt hat. Mit ihrer behutsamen Vorgehensweise, den Gedenkstätten als Ausgangspunkt versteht es die Autorin, den Mythos Luise seinen Staub abzuklopfen und lässt die LeserIn die Wiesen und Gärten mit den Augen der Königin Luise sehen.

Aufbau-Verlag, erschienen 26. April 2010
Gebunden, 250 Seiten
ISBN-13: 978-3351027131
22,95 Euro


Gertrud Mander - Königin Luise



Auf das dünne Bändchen von Gertrud Mander, kommen alle Luisen BiograpInnen immer wieder zurück. Sie hat in kurzen übersichtlichen Kapiteln, chronologisch geordnet die Hintergrunddaten zur Königin Luise zusammengefasst, ebenso wie die bekanntesten Zitate, Fakten und Anekdoten.

Ein gutes Herz und einen starken Willen würde Gertrud Mander ihrer Königin Luise sofort bescheinigen. Luises Natürlichkeit und Intuition mag sie zu dem gemacht haben, was später die Vorlage für die Ikone der preußischen Madonna herhalten musste. Für ihre Zeit ist Luise eine starke Frau, die sich vor allem emotional engagiert. Mander betrachtet ihre Luise von verschiedenen Seiten: mit dem Maßstab der strengen Hofetikette, in die die junge Luise eingewöhnt werden muss; versetzt sich in die Perspektive des Königs, der die Impulsivität seiner jungen Frau zu schätzen und zu zügeln wusste und verteidigt Luise gegen das harte Urteil der Weltmänner, wie Freiherr von Stein. Luises stetes Bemühen, ihrer Rolle gerecht zu werden nimmt auch die Autorin ein. Sie schildert uns Luise als eine Frau, die ihre mangelde Bildung aktiv versuchte aufzuholen und ihre repräsentativen Aufgaben mit Bravour meisterte.

Gertrud Mander hat das perfekte Einsteigerbuch für Luisefans geschrieben, in dem kurz knapp und fundiert auf die Person Luises eingegangen wird, ebenso wie auf die wesentlichen Aspekte ihrer Idealisierung und Mythisierung.

Stapp Verlag Berlin, 5. Auflage März 2010
Taschenbuch, 149 Seiten
ISBN-13: 978-3877760116
6,80 Euro


Malve Gräfin Rothkirch, Hartmut Boockmann - Königin Luise von Preußen. Briefe und Aufzeichnungen 1786-1810: Sonderausgabe zum Luisen-Jahr



"Du wolltest nämlich gern wissen, wie ich auf den Gedanken oder zu dieser Überzeugung gekommen wäre. Ich kann Dir versichern, lieber George, daß ich sie allein aus meinem eigenen Herzen habe. Du weißt, wie ich von jeher gehandelt habe, ich darf sagen, ohne wenig Zubereitung, immer nach meinen Empfindungen, und ich habe mir keine Vorwürfe zu machen."
(Luise an ihren Bruder Georg Juni 1801)

Wer noch tiefer in das Leben und vor allem das innere Leben der Königin Luise eintauchen und ihre Stimme im inneren Ohr hören möchte, muss sich ihre Briefe zur Brust nehmen. Sie dokumentieren die enge Freundschaft mit Luises Lieblingsbruder Georg, die Zuneigung zu ihrem Ehemann und ihren Kindern, aber auch ihre Briefe an Metternich und Freiherr von Stein, zwischen denen und dem König sie immer versuchte zu vermitteln. In der Neuausgabe zum Luisejahr 2010 wird einführend die Lebensgeschichte der Königin Luise nur skizziert. Auf ausschweifende Anmerkungen und Zeichenerklärungen wird zugunsten der Lesbarkeit der Texte verzichtet. Der Einstieg in die Lektüre wird erleichtert durch kurze Erläuterungen der Herausgeberin, die direkt hinter den Briefen angebracht wurden. Darin erfahren wir, wo sich Luise gerade befindet, welche einschneidenden Ereignisse vor oder nach dem Brief stattgefunden haben und in welcher Beziehung sie zu den AdressatInnen stand. Diese Vorgehensweise befreit von lästigem Blättern und der Jagd nach Fußnoten. Der erste Brief ist 1786 datiert, der nächste jedoch erst 1790. Dazwischen liegen die Jahre in denen Luise mit ihren Schwestern getrennt von ihren Brüdern bei der Großmutter in Darmstadt aufwächst bis zu ihrer Hochzeit mit dem Kronprinzen. Dass Luise in diesen Jahren keine Briefe geschrieben hat ist nicht anzunehmen, eine Erklärung der Auslassung findet sich an dieser Stelle nicht.

Des weiteren entdeckt die Herausgeberin, dass einer der berühmtesten und meist zitierten Briefe von Luise, gar nicht von ihr zu stammen scheint, da von ihm nur Abschriften von Abschriften existieren und kein Original einsehbar ist. Wie andere BiografInnen betont Rothkirch, dass die Sprache in den Briefen eine stilisierte ist, wie sie dem damaligen Zeitgeist entsprach.

Bei der Auswahl der Briefe hat sich die Herausgeberin von einem Zitat über Luise von ihrem Ehemann König Friedrich Wilhelm III. persönlich leiten lassen. Damit verschiebt sich der Fokus von der stilisierten heimlichen Politikerin und Mutter des Königreichs auf die private Seite Luises. Die Neuausgabe ist älteren Ausgaben vorzuziehen, da seit 1943 erstmalig bisher unveröffentlichte Briefe Eingang gefunden haben und andere, bisher nur gekürzt veröffentlichte Briefe, hier in ihrer vollen Länge abgedruckt wurden. Kraftausdrücke und Gefühle der Königin, die nicht in das Bild der heroischen Königin zu passen schienen, sind in dieser Ausgabe erhalten, um die private Seite der Luise in allen Facetten sichtbar zu machen. So wird hinter dem Mythos der Königin Luise durch ihre Briefe ein Mensch sichtbar, dessen traurige Momente aus heutiger Sicht den Charakter der idealisierten Königin bereichern.


Mit einer Einleitung von Hartmut Boockmann
Deutscher Kunstverlag, gebundene Ausgabe, 10. März 2010
Gebunden, 631Seiten
ISBN-13: 978-3422069756
24,90 Euro


Hanne Bahra - Königin Luise. Von der Provinzprinzessin zum preußischen Mythos



Die Bildbiographie zur Königin Luise kommt genau zur rechten Zeit. Sind doch zahlreiche Abbildungen und Kupferstiche, Gemälde und Statuen zu ihrer Ehre gefertigt worden, die ihre Zeit und ihr Leben veranschaulichen. Gleich im Einband fallen die weiß auf grau gedruckten Notizen in Luises Handschrift ins Auge. Die Seiten sind angenehm haptisch und dick. Das etwas größere Format und der helle praktische Umschlag erinnern etwas an ein gut gestaltetes Lehrbuch und laden zum Suchen von Informationen ein.

Schlägt man das Buch auf, hat man gleich das Gefühl, alle wichtigen Fakten zu Königin Luise finden zu können und man wird nicht enttäuscht werden. Die Autorin hat sich gründlich mit der umstrittenen Seite der Königin als Politikerin auseinandergesetzt und auch ihre früheren Lebensabschnitte prägnant eingefangen. Bahra reflektiert die Figur der Luise vom neuesten Stand der Erkenntnisse und liefert den bisher übersichtlichsten Beitrag zu Luises Kontext, berühmten ZeitgenossInnen, Familienbanden und Stationen. Zwischendrin befinden sich kurze geschichtliche Abrisse, welche die Situation Preußens umschreiben, in der Luise agierte.

Auf den Seiten ist viel Platz für schöne Zeichnungen und Portraits von Luise, Abbildungen des Schlosses, Ahnentafeln und übersichtliche Datengrafiken. Diese Bildbiographie gibt einen lebhaften Einblick in das Leben der Prinzessin bis zur Königin und ist mit Bildern und Zitaten geschmückt. So macht studieren Spaß!

Bucher Verlag, erschienen 2010
Gebunden, 144 Seiten
ISBN-13: 978-3765818257
17,95 Euro

Carolin Phillipps - Friederike von Preußen. Die leidenschaftliche Schwester der Königin Luise

"Wie soll ich ihr erklären, dass ich traurig bin, weil eine Frau, die schon über 150 Jahre tot ist, ihr Glück verloren hat?"



Carolin Phillips hat absolut Recht, wenn sie in der Einleitung ihrer Biographie über Friederike schreibt, dass diese zu unrecht immer nur als Beigabe ihrer beliebten Schwester benannt wird. Die Skandalnudel des preußischen Hofes ist es durchaus wert, näher und für sich betrachtet zu werden. Durch ihr frühes Schicksal als betrogene Ehefrau und Witwe, wurde ihr vom Leben eine ganz andere Selbstbeherrschung abverlangt als Luise.

Laut Philipps ist die Geschichte der Prinzessin Friederike nicht die eine zahlreicher oberflächlicher Affären, wie lange behauptet, sondern eine der Leidenschaft und Selbstverwirklichung. Da Friederike auch in den neuerschienen Luise-Biografien und den Ausstellungen zum Luisen Jahr nahezu ausgeklammert wird, soll sie an dieser Stelle zumindest einige eigene Zeilen erhalten.

Philipps verfolgt in ihrem Buch zwei erzählerische Linien, die in abwechselnden Kapiteln parallel zueinander verlaufen: Die eine ist die Recherche der Autorin selbst auf der Suche nach einer verstorbenen Persönlichkeit: Ihren ersten Kontakt mit Luise, das Wälzen der Akten. Ihre Faszination für Friederike führen sie tiefer in die Archive bis sie nie veröffentlichte, ungesichtet Briefe Friederikes in den Händen hält. Sie kommt dabei einem lang gehütetem Geheimnis auf die Spur. Dagegen setzt sie eine Erzählung aus der Sicht Friederikes mit Zitaten aus deren Briefen und Tagebüchern. Wer sich mit Friederike beschäftigt, wird eine höchst interessante Frau finden, die trotz aller Auflagen nicht gewillt war, die Suche nach ihrem persönlichen Glück aufzugeben. Mit dem Fokus auf Friederike als kluge, gewitzte und liebevolle Mutter erscheint die preußische Kaiserzeit und all das wofür man ihre Schwester so gerne als Mythos benutzt hat, noch einmal in einem anderen Licht.

Auch Luise war, wenn es sein musste, eine Meisterin der Geheimhaltung. Ihre Strategie hat, wie es Philipps anhand der Briefe von Friederike, für die sich lange niemand interessiert hat, aufdeckt, fast 200 Jahre funktioniert. Erst jetzt wird also das Geheimnis um Friederikes Verbannung vom Berliner Hof und ihre heimliche Hochzeit mit dem Prinzen Friedrich Wilhelm zu Solms-Braunfels gelüftet. Wer mehr wissen will, muss das Buch lesen - es lohnt sich. Ein gelungenes Projekt, eine spannende und unterhaltsame Lektüre, für KennerInnen und Neulinge des Luisenstoffs, das auch noch einige sonst vernachlässigte Details zu Luise zu bieten hat.

Piper Verlag, erschienen Oktober 2009
Broschiert, 384 Seiten
ISBN-13: 978-3492257244
19,90 Euro


Bettina Hennig - Luise. Königin aus Liebe



Zu guter Letzt folgt noch ein richtiger Schmöker. Autorin Bettina Hennig ist selbst eine entfernte Verwandte von Luise und beruft sich in ihrem Roman vor allem auf die Briefe Luises. "Königin aus Liebe" ist gleichzeitig ihr Romandebüt.

Ein Familienstammbaum darf natürlich zu Anfang der Geschichte nicht fehlen. Der erste Satz ist in starkem Darmstädter Dialekt eingefärbt und beamt uns direkt ins Jahr 1793, wo die Großmutter gerade dabei ist, den beiden ungestümen Mädels ordentlich die Leviten zu lesen. Strenge und Herzensgüte sind der Tenor des Romans, der in Luises Erziehung wohl auch wirklich dominiert hat. Historische Fakten werden, wie es sich für einen Roman gehört, ordentlich ausgeschmückt. Die finanzielle Situation von Luises Vater, die es nicht erlaubte, dass die Prinzessinnen an jedem Ball in Berlin teilnahmen, wird anschaulich geschildert. Der größte Teil des Romans spielt auf den Gesellschaften und Bällen in den Jugendjahren der Königin. Dazwischen befinden sich Zitate aus Briefen an ihren Bruder Georg oder ihre Schwestern, in denen Luise Klatsch und Tratsch am Hofe erzählt oder ihrem Gatten Friedrich Wilhelm III ihre Gefühle offenbart.

Hennig zeichnet ein lebhaftes Bild der Königin und ihrer Begleiter am Hofe, wobei die Empfindungen der AkteurInnen füreinander im Vordergrund bleiben. Luise und Friederike hätten dieses Buch sicher gerne verschlungen, denn dicke Ritterromane gehörten damals zu ihrer Lieblingslektüre.

Goldmann Verlag, erschienen November 2009
Broschiert, 703 Seiten
ISBN-13: 978-3442464067
9,95 Euro

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Die verschiedenen Erscheinungen der Königin Luise Der AVIVA-Steckbrief zu Miss Preußen 2010

Königin Luise - Miss Preussen 2010 Die Ausstellungen zu Königin Luise 2010

Weitere Veranstaltungen rund um Luise finden Sie auf den Seiten der Stiftung Preußischer Schlösser unter: www.spsg.de


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Beitrag vom 06.05.2010

Undine Zimmer