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Beitrag vom 08.10.2009
Laure Adler, Elisa Lécosse - Endlose Liebe - Leidenschaftliche Frauen in der Kunst von Tizian bis Warhol
Lisa Erdmann
Eine unterhaltsame Wanderung durch die Geschichte der Malerei, die einlädt, die verschiedensten Darstellungen der liebenden Frau auf Kunstwerken vergangener und gegenwärtiger Kulturen zu erforschen
Die Liebe war schon immer Gegenstand in Kunst, Literatur und Musik, sie hat viele Facetten und kann beständig und wohltuend, dramatisch und schmerzhaft, leidenschaftlich und berauschend sein. Ideal und unvergänglich ist die Liebe jedoch, wie es scheint, nur in der Kunst, die ebenso rätselhafte wie starke, leidende und treue Frauengestalten hervorgebracht hat: Daphne, Delilah, Ophelia, Medea oder Circe sind nur einige von jenen, in deren Armen die größten Krieger und tapfersten Helden dahinschmolzen.
Unwiderstehliche Verführerinnen, schöne Musen und selbstbewusste Liebhaberinnen aus Mythologie, Religion und Literatur haben die Fantasie von MalerInnen wie Tizian, Boucher, Rubens, DalÃ, Niki de Saint Phalle und anderen zu großartigen Kunstwerken inspiriert. Doch am Ende scheint es, als ob meist nur die tragische Liebe wirklich unendlich wäre.
Die Herausgeberinnen Laure Adler und Elisa Lécosse untersuchen in diesem Bildband die Abbildung des weiblichen Körpers in Mythen und Fabeln. Frauengestalten vergangener Kulturen wie Venus, Danae und Psyche und deren jeweilige Mythen werden eindrucksvoll vorgestellt, ihre Geschichten überzeugend und faszinierend erzählt. Dazu haben die Autorinnen ganz besondere Bilder ausgewählt – vorrangig Ölgemälde, meist Porträts, welche die Betrachterin durch ihre Ästhetik und Einzigartigkeit in ihren Bann ziehen.
Das Kunstbuch "Endlose Liebe" widmet sich aber nicht nur Frauengestalten aus der Mythologie, auch Themen wie Emanzipation und Frauen in Machtpositionen werden beleuchtet. Zentral sind nicht die MalerInnen der Kunstwerke, sondern die Frauen, welche abgebildet wurden. Es geht um ihre Geschichte, ihren Reiz, die Aura die sie verströmen und um die Faszination, welche von ihnen ausgeht. "Endlose Liebe" beschreibt darüber hinaus, wie sich das Bild der Frau im Wandel der Zeit änderte.
Ein treffendes Beispiel hierfür ist die Skulptur der Braut, welche das persönliche Frauenverständnis Niki de Saint Phalles widerspiegelt. Die Künstlerin hat mit ihren Brautfiguren unglückliche und unterdrückte Frauenbilder geschaffen, die zu ihren vorherigen Arbeiten, den voluminösen, selbstbewussten und lebensbejahenden "Nanas" einen starken Kontrast darstellen. Die Auseinandersetzung mit frauenspezifischen Thematiken ist charakteristisch für die Werke de Saint Phalles.
Auch die surrealistische Dichterin und Fotografin Lucy Schwob, welche sich später Claude Cahun nannte, wird von den Autorinnen porträtiert. Das Selbstbildnis der Künstlerin von 1938 ist repräsentativ für ihr Lebenswerk, das von Identitätssuche und dem Streben nach völliger Emanzipation geprägt ist. Die Beschäftigung mit Metro-Sexualität und Androgynität stand bei ihren künstlerischen Arbeiten immer im Fokus.
AVIVA-Tipp: Die Kunstwerke sprechen für sich: Sie erzählen von der glühenden Leidenschaft, der quälenden Sehnsucht, der zerstörerischen Eifersucht oder der abgründigen Enttäuschung. Laure Adler und Elisa Lécosse haben mit diesem Bildband eine gelungene Mischung von Gemälden und Zeichnungen, Skizzen und Fotografien mythologischer, orientalischer, aber auch moderner Frauengestalten vorgelegt und diese Kunstwerke mit gut formulierten Texten in ein Einklang gebracht.
Einziges Manko des Bildbandes "Endlose Liebe - Leidenschaftliche Liebe in der Kunst von Tizian bis Warhol" ist die geringe Anzahl von Künstlerinnen, die vorgestellt werden, und das fehlende Register, welches diesen Titel nicht zum Nachschlagewerk, aber doch zu einem attraktiven Coffeetablebook macht.
Zu den Autorinnen:
Laure Adler, geboren 1950 in Caen, arbeitet als Journalistin, Historikerin und Schriftstellerin. Sie ist Autorin zahlreicher Werke, u.a. einer Biografie über Marguerite Duras (2000). Außerdem schrieb sie das Vorwort zu der erfolgreichen französischen Ausgabe von Stefan Bollmanns "Frauen, die lesen, sind gefährlich" (2006) und "Frauen, die schreiben, leben gefährlich" (2007).
Elisa Lécosse ist Kunsthistorikerin. Im Verlag Flamarion sind bisher von ihr erschienen: "Iconographie de la Renaissance" (2006) und "Amour. Carnets du Louvre"(2008).
Laure Adler, Elisa Lécosse
Endlose Liebe - Leidenschaftliche Liebe in der Kunst von Tizian bis Warhol
Übersetzung: Ulrike Bokelmann, Irène Kuhn und Ralf Stamm
Elisabeth Sandmann Verlag, erschienen: Herbst 2009
Gebundene Ausgabe, 160 Seiten, 130 Abbildungen
ISBN 978-3938045442
24,80 Euro
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
Neuerscheinungen in 2009 zum Thema Frauen und Kunst im Elisabeth Sandmann Verlag:
"Und ob es sie gab – Impressionistinnen"
Katja Behling und Anke Manigold – "Die Malweiber"
Ulrike Müller – "Bauhaus-Frauen. Meisterinnen in Kunst Handwerk und Design"