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Beitrag vom 03.05.2007
Scherben hätten Glück gebracht
Sabine Grunwald
Die kleinen Tragödien des Alltags mit seinen Beziehungs- und Lebenskrisen werden in 20 Kurzgeschichten aus allen Perspektiven betrachtet.
In ihrem neuen Erzählband "Scherben hätten Glück gebracht", kommen die Figuren Gabriele Wohmann´s aus völlig unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten: Frauen, Männer, Teenager und Kinder schildern ihre Ohnmacht, Wut, Verzweiflung und Einsamkeit. Mit knappen, präzisen Worten präsentiert uns die Erzählerin die menschlichen und seelischen Abgründe ihrer Personen, wobei trotz des realistischen Erzählstils immer noch genug für die eigene Fantasie zum Weiterfabulieren übrig bleibt.
In "Endlich Falten" versucht Millie, durch tägliches Gesichtstraining älter und erfahrener auszusehen, wie die Exgeliebte ihres Vaters, die Anwältin Elke. "Sie hoffte, die täglich mindestens zweimal ausgeübte Prozedur brächte ihr endlich jene Faltenhalbmonde ein, die Elke Bilkarts Gesicht bereicherten. Es ging um mehr als Verschönerung. Die zarten Falten standen für Erfahrungen, auf die der Betrachter neugierig wurde. Millie fand ihr eigenes glattes rundliches Gesicht leer und langweilig".
Mit messerscharfem Blick beschreibt die Autorin die persönlichen Probleme ihrer ProtagonistInnen in all seinen Facetten
"Du bist gemein, richtig gemein. Das Kind konnte die Mutter überhaupt nicht verstehen. Warum war sie bloß plötzlich so gemein? Und sie bemerkte es nicht einmal." Mit diesen Worten beginnt die kleine Erzählung "Angerührtes Mehl", die die subtilen Verletzungen aufdeckt, die uns manchmal unbewusst und doch verletzend tagtäglich zugefügt werden.
Zur Autorin: Gabriele Wohmann, 1932 in Darmstadt geboren, studierte Germanistik, Romanistik, Musikwissenschaft und Philosophie in Frankfurt. Sie gehört zu einer der bekanntesten Schriftstellerinnen Deutschlands und arbeitet nach einem kurzen Intermezzo als Lehrerin, seit 1956 als freie Schriftstellerin. Sie ist seit 1975 Mitglied der Berliner Akademie der Künste und seit 1980 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Von 1960 bis 1988 gehörte sie dem PEN-Zentrum der Bundesrepublik Deutschland an. und erhielt zahlreiche Preisen und Ehrungen: Villa Massimo-Stipendium 1967/68, Bremer Literaturpreis 1971, Bundesverdienstkreuz 1980, Deutscher Schallplattenpreis 1981, Hessischer Kulturpreis 1988 u.a.
AVIVA-Tipp: Gabriele Wohmanns Erzählungen beginnen unvermittelt, ziehen einen in das Geschehen hinein und enden ebenso abrupt, allein die sprachliche Perfektion machen die Geschichten zu einer runden Sache.
Erzählungen und Romane: Mit einem Messer (1958, Erzählungen), Jetzt und nie (1960, Roman), Sieg über die Dämmerung (1960, Erzählungen), Ländliches Fest (1967, Erzählungen), Paulinchen war allein zu Haus (1974, Roman), Schönes Gehege (1975, Roman), Das dicke Wilhelmchen (1977, Erzählungen), Frühherbst in Badenweiler (1978, Roman), Stolze Zeiten (1981, Erzählungen), Der Irrgast (1985, Erzählungen), Der Flötenton (1987, Roman), Bitte nicht sterben (1993, Roman), Erzählen Sie mir was vom Jenseits (1994, Erzählungen), Wäre wunderbar. Am liebsten sofort. Liebesgeschichten (1994, Erzählungen), Aber das war doch nicht das Schlimmste (1995, Roman) ... Hörspiele: "Ein gehorsamer Diener", 1990.
Gabriele Wohmann
Scherben hätten Glück gebracht
Aufbau-Verlag Berlin, erschienen August 2006
Erzählungen, 208 Seiten
ISBN 3-351-03081-9
EAN: 9783351030810
17,90 Euro90008115&artiId=5466354" target="_blank">bestellen