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Beitrag vom 02.07.2003
Licht und Schatten. Bildgestaltung und Technik am Beispiel berühmter Architekturfotografien
Britta Bodenstein
Der Bildband des Londoner Fotojournalisten Terry Hope "Die Kunst der Schwarz-Weissfotografie, Architektur" brilliert mit einem neuen Konzept. Die Kombination von Intuition und Technik
Architektur und Schwarz-Weißfotografie - seit der Moderne sind diese beiden Kunstformen eine feste Partnerschaft eingegangen. Die Bauten von Le Corbusier, Hans Scharoun und Mies van der Rohe sahen nie so gut aus wie auf Fotos von Ezra Stoller, Julius Shulmann und Co.
Auch heute noch sind die Hochglanzfotos der Architekturmagazine die nötigen Transmitter, um Bauten bekannt und ArchitektInnen berühmt zu machen.
Kein Wunder, dass die Wirklichkeit dann nicht immer mit dem Abbild mithalten kann, die Villa Savoy von Le Corbusier - eines der berühmtesten Bauwerke der klassischen Moderne - wirkt z. B. im Original viel kleiner und auch etwas schäbiger als der Fotoeindruck suggeriert.
Für Puristen gilt Schwarz-Weiß immer noch als der absolute Maßstab des künstlerischen Ausdrucks. Durch die Ausblendung der Farbe wird der Blick auf Licht und Schatten, auf die Form, auch die Imagination, kurz auf die Essenz der Architektur gelenkt. Das Foto wird mehr zur Interpretation des Gebäudes als zu seinem realen Abbild.
"In der Fotografie geht es um viel mehr als um die schlichte Abbildung der Welt vor der Linse. Wir möchten das leben interpretieren, und dabei steht uns manchmal die Farbe im Weg." (Terry Hope)
Der Fotobildband " Die Kunst der Schwarzweiss-Fotografie: Architektur", erschienen in der Reihe Laterna Magica im Callwey Verlag, zeigt eine Auswahl dieser faszinierenden Fotografie und beweist die Suggestivkraft dieses Mediums.
Ein Beispiel: Die Treppe der Kathedrale von Wells wird durch die Kameraperspektive zum Symbol christlicher Demut, das Chrysler Building in New York verwandelt sich durch die dramatische Lichtinszenierung zur bedrohten Spezies.
Eine Zusammenstellung solcher Fotos ist nicht unbedingt originell, aber dieses Buch ist weit mehr als eine Ansammlung von ästhetischen Bildern.
Der Londoner Fotojournalist Terry Hope ermöglicht einen Einblick in die Gedankenwelt der vorgestellten Fotografen. Zu jedem Bild gibt der Kopf hinter dem Auslöser eine Erklärung, teils eher technisch, teils eher konzeptionell orientiert.
Das Themenspektrum reicht von Aufnahmeorten und -situationen, über Detailstudien, Techniken, Gradationen, Entwicklung Sowohl Profi als auch HobbyfotografInnen werden von den technischen Tipps profitieren können.und Vergrößerung, bis hin zu Finishing, Ausstellungen und Websites.
Einziger möglicher Kritikpunkt wäre die Auswahl der Fotografen. Obwohl die Bandbreite des 20. Jahrhunderts abgedeckt wird, vermisst man doch wichtige Vertreter, die prägend für dieses Medium waren, zum Beispiel den Fotografen Julius Schulmann. Er rückte die Ikonen der modernen amerikanischen Architektur in ihr bestes Licht.
Trotzdem ein wunderschönes Buch, sowohl inhaltlich, als auch gestalterisch, geeignet gleichermaßen für ArchitektInnen, FotografInnen oder LiebhaberInnen dieser Medien.
Ein Bildband, der in einer neuen, aufregenden Kombination das Betrachten ästhetisch sehr gelungener Fotos mit der Analyse der Entstehung vereint.
Ein neues Konzept für einen Bildband, der durch den Blick hinter den Auslöser das Foto nicht entmystifiziert, sondern den Respekt für die Fotografien nur erhöht.
Terry Hope
Die Kunst der Schwarzweißfotografie: Architektur
Bildgestaltung und Technik am Beispiel berühmter Architekturfotografien
Laterna Magica, München, 2002
142 Seiten, 123 sw. Abbildungen und 3 Zeichnungen.
23 x 26 cm. Klappenbroschur.
€ 34,-
ISBN 3-87467-790-7