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Beitrag vom 02.12.2005
Uns wirft nichts mehr um. Die Lebensreise der Carola Stern
Sabine Grunwald
Die unendlich vielen Rollen und Leben einer Frau, die bereits in der Kindheit etwas Besonders aus ihrem Leben machen wollte und viele Wendepunkte in ihrem Leben meisterte
Carola Stern alias Erika Assmus ist 1926 in Ahlbeck geboren und nach ihren eigenen Aussagen in einem Matriarchat aufgewachsen. Ihre Großmutter und später ihre Mutter organisierten ein Fremdenheim auf der Badeinsel und hatten das Sagen. Erst später, als sie in die Welt hinauskommt, merkt die junge Frau, dass die Männer darauf aus waren zu bestimmen und die Frauen offenbar willens, das auch zu akzeptieren.
Erika bezeichnet sich als wenig ansprechendes rothaariges Mädchen mit Sommersprossen und O-Beinen, das aber schon beizeiten etwas Besonders sein möchte und die Kurgäste mit ihren Späßen unterhielt. Sie wollte auf keinen Fall ihr Leben auf der Insel verbringen, auf der es im Winter todlangweilig war.
Ihre Kindheit wurde durch die Nazis geprägt. Mit 10 Jahren wird sie Jungmädel und in den Alltag des Hitlerschen Regimes eingegliedert. 1944 bekommt sie mit, dass ZwangsarbeiterInnen gefoltert wurden, was für sie zu einem prägenden Erlebnis wird. 1945 flüchtet sie mit ihrer Mutter und jüngerem Vetter und kommt zuletzt auf einem Bauernhof unter.
In Bleicherode im Südharz hat die sowjetische Besatzungsmacht ein Forschungsinstitut. Hier bekommt Erika per Zufall eine Anstellung als Bibliothekarin. Danach beginnt sie eine Lehrerinnenausbildung und reist an den Wochenenden zu Verwandten nach Westberlin. Auf das Versprechen hin, dass die krebskranke Mutter operiert wird, lässt sie sich von den Amerikanern als Spionin anheuern. Erika tritt in die SED ein, besucht die Parteihochschule in Kleinmachnow und führte fortan ein Doppelleben. Als ihre Tätigkeit aufzufliegen droht, flüchtet sie in den Westen.
Nach harten Lehrjahren arbeitet sie als Lektorin bei Kiepenheuer und Witsch, später beim WDR, ist Gast beim Internationalen Frühschoppen und jederzeit bereit, ihre Meinung zu äußern. Sie ist Mitgründerin von Amnesty International und die erste Frau, die die Tagesthemen kommentieren durfte.
AVIVA-TIPP:
Ein einfühlsames Portrait einer faszinierenden Frau und Persönlichkeit, die an keinem Abschnitt ihres Lebens daran gedacht hat, aufzugeben.
Carola Stern, eine der bedeutendsten Politischen Publizistinnen in der Bundesrepublik, hat als Lektorin und Journalistin gearbeitet, bevor sie ihre autobiographischen Bücher In den Netzen der Erinnerung und Doppelleben schrieb. Sie veröffentlichte außerdem eine Reihe erfolgreicher Biographien, unter anderem über Dorothea Schlegel und Rahel Varnhagen.
Thomas Schadt arbeitet als Regisseur und Autor. Er ist Professor an der Filmakademie Baden-Württemberg, Ludwigsburg. Sein Film "Carola Stern –Doppelleben" entstand 2004 als Gemeinschaftsproduktion on Bayerischem Rundfunk, Westdeutschem Rundfunk und arte.
Carola Stern
Uns wirft nichts mehr um
Eine Lebensreise
Aufgezeichnet von Thomas Schadt
Rowohlt Taschenbuch Verlag, erschienen November 2005
ISBN: 3-499619865
235 Seiten, gebunden, mit zahlreichen Abbildungen90008115&artiId=3564698&nav=5081"