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Beitrag vom 09.02.2005
Die Kommissarinnen - Fotografien von Herlinde Koelbl
Danielle Daum
Die bekannte deutsche Fotografin hat 15 prominente TV-Ermittlerinnen und eine echte Kriminalkommissarin in ihrem Fotobildband cool in Szene gesetzt. Mit Texten von Thea Dorn und Gabriele Dietze.
Nie zuvor in der Geschichte des deutschen Fernsehkrimis haben so viele Frauen so viele f�hrende Positionen eingenommen wie heute. Die Offensive der Kommissarinnen setzte in den neunziger Jahren ein, zun�chst im �ffentlich-rechtlichen, dann auch im privaten Fernsehen. Inzwischen herrscht ann�hernd Geschlechtergleichheit im deutschen Fernsehkrimi. Doch der Weg dorthin, den das vorliegende Buch und die gleichnamige Ausstellung im Berliner Filmmuseum noch bis zum 8. M�rz 05 dokumentiert, war lang.
Mehr zur gleichnamigen Ausstellung im Filmmuseum Berlin.
Woher kommt der Erfolg dieser Frauen? Welche Rollenmodelle werden mit ihnen auf dem Bildschirm propagiert? Wie erkl�rt sich die Diskrepanz zwischen Fernsehfiktion und gesellschaftlicher Wirklichkeit? Denn in der Realit�t wird nur ein einziges deutsches Mordkommissariat von einer Frau geleitet und nur acht Prozent aller Stellen der deutschen Kriminalpolizei sind �berhaupt von Frauen besetzt.
Auf Fragen wie diese versucht das vorliegende Buch "Die Kommissarinnen" zu antworten. Herlinde Koelbl hat f�nfzehn Schauspielerinnen portr�tiert, die Kommissarinnen im deutschen Fernsehen verk�rpern. Sie sollten sich mit dem klassischen Hauptattribut ihrer Rolle, der Dienstwaffe, selbst inszenieren. Das Ergebnis ist verbl�ffend. Fast alle Schauspielerinnen finden eine Pose, die vieles �ber ihre Beziehung zur Waffe erz�hlt, nur eines nicht, n�mlich dass sie sie wirklich benutzen. Sie spielen mit der Waffe, am dramatischsten Hannelore Elsner, die sich die Pistole an die Schl�fe h�lt, am witzigsten Ulrike Kriener, die mit der Pistole seitlich aus der H�fte zielt und am analytischsten Corinna Harfouch. Sie h�lt die Waffe locker vor sich in der Hand wie irgendeinen belanglosen Gegenstand. Jeder Verbrecher k�nnte sie so �ber den Haufen schie�en - wenn er nur ihrem Blick standhielte. Denn dieser ist ihre wirkliche Waffe. Dominant, arrogant und �berlegen. Nur eine Kommissarin, die sechzehnte, h�lt die Pistole so, wie man es auf der Polizeischule lernt: Mit ausgestreckten Armen schr�g nach unten. Es ist die einzige Kommissarin, die aus der Wirklichkeit stammt, Kriminalhauptkommissarin Marion Ursel Wiczorek von der Kripo Potsdam.
Die schwarz/wei� Portr�ts wirken hart und sind gepr�gt durch klare Konturen, als sollte die Gestaltung mit der H�rte des Polizeidienstes korrespondieren. Dennoch ist hier auch etwas Anderes zu sehen: Menschlichkeit, Verletzlichkeit, Einsamkeit... Ein Text der bekannten Krimiautorin Thea Dorn und ein kulturhistorischer Beitrag von Gabriele Dietze �ber die Geschichte der weiblichen Kommissarin im Fernsehen runden diesen ungew�hnlichen Bildband ab.
AVIVA-Tipp:
In ihrem Fotobildband zeigt Herlinde Koelbl die "Kommissarinnen" auf eine Weise, die weit �ber das hinausgeht, was die Fernsehbilder t�glich vorspielen und vermitteln. Nach diesen Bildern wird man seinen Augen beim Betrachten des abendlichen Fernsehkrimis noch weniger trauen.
Herlinde Koelbl, geboren in Lindau, arbeitet seit 1976 als Fotografin. Ihren ersten gro�en Erfolg hatte sie mit dem Bildband "Das deutsche Wohnzimmer" (1980). Einer breiten �ffentlichkeit wurde sie mit ihren "J�dischen Portr�ts" (1989) und durch ihre fotografische und filmische Langzeitdokumentation "Spuren der Macht" (1999) bekannt, in der sie anhand prominenter PolitikerInnen die Verwandlung des Menschen durch sein Amt zeigt. �hnliches passiert auch bei den "Kommissarinnen".
Die Kommissarinnen -
Fotografien von Herlinde Koelbl
Mit Texten von Thea Dorn und Gabriele Dietze
Herausgegeben von Peter Paul Kubitz und Gerlinde Waz
Nicolai Verlag, erschienen Oktober 2004
180 Seiten, 56 s/w-Abb., 80 Abb. im Duotone
21 x 27 cm, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 3-89479-192-6
24,90 Euro