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Beitrag vom 31.03.2004
Killing me softly todesarten In Szene gesetzt von Claudia Reinhardt
Sabine Grunwald
Die Fotokünstlerin beschäftigt sich in ihrer zehnteiligen Serie mit Schriftstellerinnen und Künstlerinnen, die sich selbst töteten. Erschienen im AvivA Verlag. Zu sehen in der Galerie Engler & Piper
Die Fotokünstlerin Claudia Reinhardt inszeniert die Selbstmorde von Künstlerinnen. Ihre Auswahl der Portraitierten erfolgte rein subjektiv. Sie setzte sich intensiv mit den Suizid-Opfern und deren Arbeiten auseinander, versuchte sich deren letzten Moment vorzustellen, "wie es hätte sein können", und imaginierte sich selbst in die Rollen dieser Persönlichkeiten.
"Mir ist aufgefallen, dass es viele Schriftstellerinnen, Künstlerinnen gibt, die sich umgebracht haben. Ich habe darüber nachgedacht, ob es irgendeinen Zusammenhang gibt, eine Gemeinsamkeit zwischen diesen Frauen und deren Leben. Für die meisten war es sehr schwer, überhaupt künstlerisch zu arbeiten, weil es nicht in das Frauenbild passte. Viele hatten schon mehrere Selbstmordversuche hinter sich, litten unter schweren Depressionen und - das schockierte mich am meisten - hatten Missbrauchserfahrungen in ihrer Kindheit oder auch in ihrem Erwachsenenleben erfahren."(Claudia Reinhardt)
Mit ihren Inszenierungen geht es ihr weniger um eine authentische Darstellung der Tat, vielmehr um Legendenbildung. Die sich auf bereits existierende Legenden stützt, diese dann neu interpretiert, demontiert und in Bildern erzählt.
Gängige Interpretationen weisen darauf hin, dass Psychosen, Depressionen und Angstzustände die Frauen zu ihrem letzten Schritt bewogen, beziehungsweise in den Tod getrieben haben. Claudia Reinhardt widerspricht mit ihren Bildern Schlussfolgerungen, die auf eine seelisch krankhafte Disposition verweisen. Die Fotos zeigen die Akteurinnen handelnd. Die gezeigten Agierenden sind keine Opfer, sondern Täterinnen. Sie setzen, legen, springen oder hängen sich den Betrachtenden direkt vor die Augen. Die Dargestellten wirken weder ängstlich noch traurig - sie haben eine Entscheidung getroffen.
Der ambivalente Titel "killing me softly" eröffnet die Möglichkeit zur Diskussion zum Leben und Sterben der dargestellten Frauen.
Der silberfarbene Katalog enthält Textpassagen der Künstlerinnen und Aufsätze über sie, sowie 10 Bildtafeln.
Die SelbstmörderInnen:
Sarah Kane (1971-1999), britische Dramatikerin, erhängte sich
Unica Zürn (1916-1970), deutsche Schriftstellerin, stürzte sich aus dem Fenster
Clara 1963) amerikanische Schriftstellerin, vergaste sich
Adelheide Duvannel (1936-1996) schweizerische Schriftstellerin, vergiftete sich
Ingeborg Bachmann (1926-1973), österreichische Schriftstellerin, verbrannte im Bett
Anne Sexton (1928-1974), amerikanische Immerwahr (1870-1915) deutsche Chemikerin und Pazifistin, erschoss sich
Sylvia Plath (1932-Lyrikerin, vergaste sich
Diane Airbus (1923-1971), amerikanische Fotografin, schnitt sich die Pulsadern auf
Pierre Molinier (1900-1974) französischer Künstler und Fotograf, erschoss sich
Karin Boye (1900-1941), schwedische Schriftstellerin, vergiftete sich
Begleittexte von: Kristin Möller, Joy, Gutthardt, Julia Solis, Gaby Frank, Ingrid Müller-Farny, Tanja Drückers, Liliane Studer, Ingeborg Gleichauf, Karin Liersch, Annette Weber, Kristin Möller, Charlotta Bjelfvenstm. Veronika Springmann und Claudia Reinhardt.
Claudia Reinhardt, 1964 geboren, arbeitete als Werbe- und Modefotografin und studierte an der Kunsthochschule Hamburg. Heute lebt sie als freie Künstlerin und Assistant Professor in Berlin und Norwegen.
Killing me softly
todesarten
Claudia Reinhardt
Englisch/Deutsch
AvivA Verlag, 2004
101 Seiten, 10 Bildtafeln
ISBN 3-932338-21-9
29,80 Eurojsessionid=fdc-ot3xjgqeec1.www07?aUrl=90008115&artiId=2723685&nav=5081"
Begleitend findet eine Ausstellung mit den Fotografien von Claudia Reinhardt statt.
Galerie Engler & Piper
Kastanienallee 67, Prenzlauer Berg
Dauer der Ausstellung:
bis zum 11.4.2004
Öffnungszeiten: Di-Sa 12-20 Uhr
Weitere Informationen zur Ausstellung finden Sie unter:
www.engler-piper.de
Diskussion zum Thema "Suizid in der Kunst"
Am 6.4. gibt es um 20 Uhr in der Literaturwerkstatt der Kulturbrauerei, Knaackstraße 97, eine Diskussion zum Thema "Suizid in der Kunst".
www.kulturbrauerei-berlin.de