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Beitrag vom 01.08.2008
Female Trouble - Die Kamera als Spiegel und Bühne weiblicher Inszenierungen - Inka Graeve Ingelmann
Christiane Krämer
"Female Trouble" evoziert der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung mit provozierenden Fotografien von Künstlerinnen wie Grete Stern, Ellen Auerbach, Cindy Sherman, Nan Goldin und Diane Arbus uva.
Sich in Szene setzen: Frauen im medialen Zeitalter
Eine Comtesse blickt vielsagend durch ein Passepartout wie durch eine Karnevalsmaske, eine Schaufensterpuppe belächelt die Betrachterin mit leerem Blick, ein Frauengesicht wird bis zur Unkenntlichkeit gegen eine Glasscheibe gedrückt.
Seit der Erfindung der Fotografie experimentierten Frauen mit dem Sujet des "anderen Geschlechts". Schon die frühen avantgardistischen Fotografinnen Grete Stern und Ellen Auerbach entlarvten unter dem Pseudonym "ringl+pit" Weiblichkeit als Maskerade: ihre Aufnahme einer aufdrapierten Schaufensterpuppe von 1931 bricht ironisch mit Schönheitsidealen, und sorgt spätestens beim Entdecken der echten Hand für Irritation. Das Scheitern stereotyper Repräsentation durch ästhetische Verfremdung ist somit keineswegs eine Erfindung der Gendertheorie Judith Butlers. "Female Trouble" wurde bereits seit dem 19. Jahrhundert ausgelöst und die Fotografien des Bildbandes finden in der gleichnamigen Ausstellung in der Münchner Pinakothek der Moderne bis zum 26.10.2008 viel Raum, ihre Wirkungen zu entfalten.
Zeitgenössische KünstlerInnen belichten Geschlechterbilder doppelt
Die verunsicherten binären Geschlechtszuschreibungen scheinen in Nan Goldins Momentaufnahmen von schillernden Drag Queens als karnevaleske Inszenierung. Diane Arbus betrachtet Körperoberflächen ohne ein zu Grunde liegendes biologisches Geschlecht zu vermuten. Cindy Sherman lässt ihren eigenen Körper in surrealistischen Diven- und Madonnenportraits zu künstlichen Posen wechselnder Identitäten erstarren. Das postmoderne Verkleidungsspiel wird von den gewaltsamen Erfahrungen körperlicher Materialisierung in den "Glass on Body Prints" der kubanischen Exilkünstlerin Ana Mendieta unterbrochen. Mathilde ter Heijne und Pipilotti Rist stellen schließlich in ihren bewegten Bildern Widerstand und weibliche Ermächtigung gegen die Geschlechterhierarchie jenseits einer Täter-Opfer-Logik in Aussicht.
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ringl+pit Petrol Hahn | 1931. Silbergelatine-Abzug The Metropolitan Museum of Art, New York © The Metropolitan Museum of Art |
Der Katalog versammelt die Fotografien avantgardistischer KünstlerInnen im Spiegel ästhetischer Diskurse und geschlechtertheoretischer Interventionen. So bereichern die Beiträge namhafter WissenschaftlerInnen wie
Elisabeth Bronfen, Gabriele Schor, Abigail Solomon-Godeau und Barbara Finken die Abbildungen um theoretische Reflexion – ohne dabei ihren Sinn fixieren zu wollen.
AVIVA-Tipp: Die Katalogisierung der "Female Trouble" führt zu unerwarteten Lektüren und Neuentdeckungen von Frauenbildern. Dabei ist den ausgewählten Fotografien und Videodokumenten gemeinsam, dass sie konventionelle Wahrnehmungen stören, ohne sich auf die einst von Laura Mulvey geforderte "Zerstörung der männlichen Schaulust" zu beschränken. Hinter den Maskeraden wartet nicht "das Weibliche" sondern die manipulierte Produktion desselben – was bei einigen BetrachterInnen Unbehagen auslösen könnte. Ein Kostbares Supplement für alle, die die Ausstellung nicht besuchen konnten.
Weitere Infos zum Katalog "Female Trouble. Die Kamera als Spiegel und Bühne weiblicher Inszenierungen" finden Sie auf den Verlagsseiten unter:www.hatjecantz.deInka Graeve Ingelmann(Herausgeberin)
Female Trouble. Die Kamera als Spiegel und Bühne weiblicher InszenierungenTexte von Gabriele Betancourt Nunez, Elisabeth Bronfen, Inka Graeve Ingelmann, Gabriele Schor, Carla Schulz-Hoffmann, Abigail Solomon-Godeau, Beate Söntgen u.a.
Hatje Cantz Verlag, erschienen Juli 2008
Katalog, 240 Seiten, 202 Abbildungen
ISBN 978-3-7757-2203-2
35 Euro