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Beitrag vom 21.03.2011
Trude Fleischmann - Der selbstbewusste Blick. A Self-Assured Eye
Sharon Adler
Dem Werk der 1895 in Wien geborenen, nach New York emigrierten jüdischen Fotografin setzt die Ausstellung und dieser Bildband ein Denkmal, das sich tief einprägt gegen das Vergessen. Bahnbrechend...
... waren die Arbeiten der für ihre modernen, ja, spektakulären Portrait- und Tanzaufnahmen berühmt gewordenen Künstlerin, die sich gegen alle Konventionen durchsetzen und sich dennoch einen Namen machen konnte.
Und doch kennt kaum eine/r heute noch ihren Namen. Wer war Trude Fleischmann?
Trude Fleischmann, geboren am 22. Dezember 1895 in Wien, gestorben am 21. Januar 1990 in Brewster/USA, war eine der Vorreiterinnen von selbständigen Frauen in der Fotografie nach dem 1. Weltkrieg in Österreich.
In einer wohlhabenden assimilierten jüdischen Familie als zweites von drei Kindern aufgewachsen, fing sie bereits im Alter von neun Jahren an, zu fotografieren. Ihre erste Kamera habe sie sich, wie sie viele Jahre später in einem Interview äußerte, hauptsächlich deswegen gewünscht, weil eine ältere Cousine "auch so einen Apparat" hatte.
Fleischmann, die im Wien der 1920/30er Jahre zur "Leitfigur der künstlerischen Portraitfotografie" avancieren sollte, studierte nach ihrer Matura zunächst Kunstgeschichte in Paris. Zurück in Österreich war sie von 1913 bis 1916 eine von vielen jungen angehenden Fotografinnen, die sich an der Wiener Graphischen "Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproduktionsverfahren", einschrieb – seit 1908 waren dort erstmals Frauen zugelassen. Für kurze Zeit war sie als Volontärin bei Dora Philippine Kallmus angestellt, die seit 1907 das erfolgreiche und renommierte Atelier d´Ora betrieb. Von 1916 bis 1919 war Fleischmann Lehrling im Atelier von Hermann Schieberth.
Die Fotografin Trude Fleischmann hatte im Laufe ihrer Karriere alle vor ihrer Linse: Theaterstars, Tänzerinnen und Intellektuelle, darunter auch Albert Einstein, von dessen umgänglicher Art sie sich beeindruckt zeigte. Berühmt geworden sind ihre Portraits von ZeitgenossInnen wie Elisabeth Bergner, Karl Kraus, Paula Wessely, Stefan Zweig, Oskar Kokoschka oder Arturo und Carla Toscanini, für Aufsehen und chauvinistische Kritik sorgten ihre Tanz- und Aktstudien. Ihre puristisch inszenierten Bewegungsstudien der "Nackttänzerin" Claire Baudoff, Ausdruck eines neuen Körperbilds von Frauen, konfiszierte die Polizei im Jahr 1925 im Berliner Varietétheater Admiralspalast. Beide, Fotografin und Portraitierte, wurden schlagartig bekannt und Fleischmanns Atelier zum Treffpunkt der Wiener Bohéme.
Der Erfolg der jungen, größtenteils jüdischen Fotografinnen, die nach dem Ersten Weltkrieg in Wien eigene Studios eröffneten, war vor allem den etablierten, konservativen und älteren Kollegen ein Dorn im Auge – sie fühlten sich von der selbstbewussten weiblichen Konkurrenz in ihrer Ehre und Existenz bedroht.
Fleischmann, für die Fotografie eher Handwerk als Kunst bedeutete, machte sich im Rahmen ihrer künstlerischen Entwicklung auch bald einen Namen als Pressefotografin. Ab Beginn der 1920er Jahre veröffentlichte sie in allen wichtigen österreichischen und deutschen Gesellschafts-, Mode- und Kulturzeitschriften, bis der "Anschluss" Österreichs an Nazideutschland ihre Karriere in Europa beenden sollte.
Auf ihrer Flucht von Wien über Paris nach London und schließlich in die USA konnte Trude Fleischmann nur einen kleinen Teil ihrer Negative mitnehmen, ihr Archiv hatte sie bis auf 100 bis 200 Negative selbst zerstört, einen Teil gab sie einer Nachbarin. Ihre Geschäftseinrichtung, ihre KundInnenlisten und Gästebücher sind bis heute unauffindbar.
Der Schwerpunkt dieser Publikation liegt in der Wiener Zeit der Fotografin von 1920 bis 1938 wobei sie zahlreiche bisher noch unveröffentlichte Portraits, Tanz- und Aktfotos enthält. Das Kapitel "New York – als Fotografin im Exil" zeigt aber auch Reise- und Reportage-, sowie seltene Modeaufnahmen, die belegen, wie es Trude Fleischmann nach ihrer Vertreibung im Jahr 1938 gelang, in New York Fuß zu fassen und sich dort eine zweite Karriere aufzubauen. Auch im Exil konnte sie eine illustre Gemeinschaft um sich versammeln, darunter Intellektuelle, KünstlerInnen – viele Vertriebene wie sie. Vor allem ihrer Geliebten Helen Post war es zu verdanken, dass sie emigrieren konnte und sich in der neuen Welt zurechtfand.
Die gleichnamige Ausstellung
Noch bis zum 29. Mai 2011 können die Aufnahmen der Fotografin in der ihr gewidmeten Ausstellung "Trude Fleischmann – Der selbstbewusste Blick" im Wien Museum Karlsplatz besichtigt werden. Gezeigt werden hauptsächlich Fotografien aus der Wiener Zeit (1920 bis 1938).
Wien Museum Karlsplatz
Karlsplatz
1040 Wien
www.wienmuseum.at
AVIVA-Tipp: "Der selbstbewusste Blick. A Self-Assured Eye" liefert einen historischen Abriss über das Schaffen von FotografInnen in Österreich, speziell in Wien und einen Überblick derer Werke. Die Publikation ermöglicht die (Neu)Entdeckung einer der großen Fotografinnen des 20. Jahrhunderts, doch nicht nur Trude Fleischmanns Biographie wird im vorliegenden Bildband vorgestellt. Gewürdigt wird auch das Leben und Werk ihrer Kolleginnen und Freundinnen, von denen einigen die Flucht vor den Nazis gelang, die Spuren der meisten sich jedoch für immer verlieren.
Trude Fleischmann
Der selbstbewusste Blick. A Self-Assured Eye
Hrsg.: Frauke Kreutler, Anton Holzer, Texte von Heike Herrberg, Anton Holzer, Marion Krammer, Frauke Kreutler, Astrid Mahler, Gestaltung von Fuhrer, Wien
Deutsch/Englisch
Hatje Cantz Verlag, erschienen Februar 2011
200 Seiten, 139 Abb. in Duplex, 22,10 x 27,70 cm
Gebunden, mit Schutzumschlag
Euro 39,80
ISBN 978-3-7757-2780-8
Weitere Infos zu Trude Fleischmann finden Sie unter:
www.fembio.org
jwa.org
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(Quellen: FemBio, AVIVA-Berlin, Jewish Women´s Archive, Hatje Cantz Verlag)