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Beitrag vom 22.12.2009
Jutta Allmendinger - Frauen auf dem Sprung. Wie Junge Frauen heute leben wollen. Die BRIGITTE-Studie
Lisa Erdmann
Die Berliner Soziologin untersuchte im Rahmen der großen "BRIGITTE-Studie" die innovativen Lebensmodelle der neuen Generation Frau und verglich dabei die Ziele, Ängste und Wünsche der...
... 20- bis 30-Jährigen mit denen ihrer männlichen Altersgenossen.
"Die Zukunft ist weiblich, pfeift es von den Dächern", doch der Soziologin Prof. Jutta Allmendinger, Leiterin der "BRIGITTE-Studie", reicht diese bloße Vorahnung nicht, viel eher erscheint ihr der Ruf als "vorlaut und frech". Immer noch geraten zu viele junge Frauen irgendwann in ihrem Leben in den Konflikt zwischen Beruf und Privatem und müssen sich zwischen Karriere und Familiengründung entscheiden. Auch im 21. Jahrhundert gibt es noch eine immense Differenz zwischen den Nettoeinkommen von Frauen und Männern und nur wenige Frauen in Führungspositionen. Von einer Chancengleichheit ist Deutschland damit weit entfernt.
Wie nehmen die "Frauen von heute" ihre Position in der Gesellschaft wahr, wie empfinden sie selbst die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und wie stellen sich die "Frauen auf dem Sprung" ihre Zukunft vor? Was sind ihre Wünsche und wovor haben sie Angst? Mit all diesen Fragen setzt sich Jutta Allmendinger in ihrem Buch "Frauen auf dem Sprung. Wie junge Frauen heute leben wollen" intensiv auseinander.
Die Zeitschrift "BRIGITTE" hat in Zusammenarbeit mit dem "Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung" und dem "infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft" die bereits 2007 durchgeführte Studie "Frauen auf dem Sprung" fortgesetzt. Damals wurden insgesamt 2038 Frauen und Männer im Alter von 17 bis19 Jahren sowie zwischen 27 und 29 Jahren in mündlichen Interviews befragt. 2009 wurden die TeilnehmerInnen gebeten, erneut Fragen zu ihrer aktuellen Lebenssituation, ihren Lebensentwürfen sowie zum politischen und wirtschaftlichen Geschehen zu beantworten. 83 Prozent dieser jungen Frauen und Männer erklärten sich bereit, an einer weiteren Befragung teilzunehmen.
Zusammenfassend schätzen sich die Teilnehmerinnen als unabhängig, ehrgeizig und selbstbewusst ein. Sie wollen Geld verdienen, Karriere machen, aber auch Kinder bekommen. "Die Zeit des Entweder-Oder ist vorbei. Jetzt zählt das Und", erklärt Jutta Allmendinger. Nötig dafür seien vor allem flexible Arbeitszeiten, Jobsharing und eine gute Kinderbetreuung.
Auch wenn diese Forderungen weder als neu, noch als unerfüllbar erscheinen, gibt es einen erheblichen Unterschied zwischen den Frauen des 21. Jahrhunderts und den früheren Generationen: Die modernen 20- bis 30-Jährigen sind wesentlich besser ausgebildet als ihre Mütter und Großmütter es waren. Darüber hinaus sind sie selbstsicherer, optimistischer und trauen sich mehr zu. "Ich weiß, dass ich gut bin", sagen 99 Prozent der Befragten von sich. "Arbeitgeber müssen sich auf sie einstellen und ihnen eine neue Balance zwischen Arbeit und Leben ermöglichen", meint Jutta Allmendinger.
Auch die Männer werden sich an die neuen, starken jungen Frauen gewöhnen müssen, denn ihre Wünsche und Sehnsüchte orientieren sich kaum noch an den Männern. "Nett, fürsorglich und gehorsam zu sein - daran glauben sie nicht", so skizziert Allmendinger das Selbstverständnis der "Frauen auf dem Sprung". Auch wenn drei von vier Frauen sich eine feste Beziehung wünschen, legen sie dabei heute mehr Wert auf ihren Freiraum und Autonomie und sind zunehmend selbständiger.
Wichtiger als der Mann fürs Leben sind den Befragten ihre finanzielle Unabhängigkeit und eine gute Ausbildung. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Frauen die Männer im Beruf überholt haben", glauben 62 Prozent der Befragten, denn eins ist nicht zu übersehen: Die "Frauen von heute" sind gut vorbereitet auf die Herausforderungen dieses Jahrhunderts.
Politik, Medien und Wirtschaft müssen ihr Denken und Handeln also schnellstens ändern und sich auf die neue Generation Frau vorbereiten. Denn diese Frauen wollen einen Beruf und eigenes Geld, fast ausnahmslos wollen sie Kinder, und sie wollen Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen. "Diese Frauen werden die Gesellschaft wachrütteln", prophezeit deshalb Jutta Allmendinger, denn sie wurden selbst von der Gesellschaft wachgerüttelt und zu dem gemacht, was sie heute sind - gut ausgebildet und voller Pläne. Nun sind sie endlich "auf dem Sprung", für den es schon viel zu lange einmal Zeit wurde.
Zur Autorin: Jutta Allmendinger, geboren 1956 in Mannheim, studierte Soziologie. Es folgten Wissenschaftlerinnen-Stationen in Mannheim und Harvard sowie in Berlin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. An der Ludwig-Maximilians-Universität in München wurde sie 1992 Professorin und 2003 Direktorin des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB). Sie erklomm die Spitze des Forschungsinstituts der Bundesanstalt für Arbeit, wo sie unter anderem den Anteil von Frauen in Führungspositionen radikal auf 39 Prozent ausweitete.
AVIVA-Tipp: Aus den Interview-Daten und deren kluger Analyse gestaltet Jutta Allmendinger ein äußerst aufschlussreiches Buch für all diejenigen, die wissen wollen, wie Frauen in Deutschland leben und was ihnen wichtig ist - im Beruf, in der Familie und in der Partnerschaft.
Jutta Allmendinger
Frauen auf dem Sprung. Wie Junge Frauen heute leben wollen. Die BRIGITTE-Studie
Pantheon Verlag, erschienen 3. Dezember 2009
Taschenbuch,112 Seiten
ISBN: 978-3-570-55126-4
12,95 Euro
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