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Beitrag vom 19.06.2009
Katja Behling und Anke Manigold - Die Malweiber
Jana Muschick
Else Lasker-Schüler, Paula Modersohn-Becker und Clara Rilke-Westhoff sind drei der insgesamt 42 Portraits von Malerinnen, deren Leben und Wirken in diesem Bildband präsentiert werden ...
... doch sie fügen sich eher in den aufgeführten Reigen der Künstlerinnen, als dass sie die Darstellungen in "Die Malweiber" dominieren.
Den Autorinnen Katja Behling und Anke Manigold ist damit eine bemerkenswerte Auswahl "unerschrockener Künstlerinnen um 1900" gelungen. Den Fokus haben sie dabei auf Künstlerinnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gelegt. Alle hier dargestellten Frauen haben dabei eines gemeinsam: es war ihre größte Passion, sich kreativ und produktiv im Metier der Kunst zu verwirklichen.
Künstlerin ohne akademische Ausbildung
Für Frauen war es im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts sehr schwierig, sich als Malerinnen ausbilden zu lassen, denn ein professioneller künstlerischer Unterricht wurde für viele begabte Töchter aus gut situiertem Haus als völlig inakzeptabel betrachtet. Von ihren Familien blieb ihnen jede Unterstützung versagt, von den Männern wurden sie als unbegabt wahrgenommen und von der Kunstwelt verlacht.
Dessen ungeachtet schufen sich Künstlerinnen ihren Raum zum Malen, brachen durch die gesellschaftlichen Erwartungen an ihre Rolle als Frau und gingen nach Paris, Wien, München oder Berlin, um sich der Avantgarde anzuschließen und Kunst zu produzieren. Bis 1919 wurde Frauen im Zentrum Europas eine Aufnahme an die Akademien verwehrt. Sie mussten sich von ihren Familien emanzipieren und wurden als "Malweiber" verspottet – eine karikierende Bezeichnung männlicher Künstler für die ´unnormale, dilettantisch-unkreative Frau´.
Bekannte und vergessene Künstlerinnen
Unter den in dem Buch "Die Malweiber" vorgestellten Frauen finden sich bedeutende Namen wie Paula-Modersohn-Becker, Clara Rilke Westhoff oder auch Else Lasker-Schüler.
Käthe Kollwitz stellt unter den bekannteren Künstlerinnen eine Ausnahme dar, denn sie war schon zu Lebzeiten anerkannt. Frauen, deren Namen heute vergessen sind, da sie von KunsthistorikerInnen der vergangenen Jahrzehnte häufig ´übersehen´ wurden, erhalten im Buch die gleiche Aufmerksamkeit wie ihre berühmten Kolleginnen. Unter ihnen befinden sich Augusta von Zitzewitz, Broncia Koller oder Emmi Walther.
Die 42 Portraits aus dem Buch "Die Malweiber" sind ein wichtiger Beitrag zur Einführung ´vergessener´ Künstlerinnen in den Kunstkanon der Moderne, in dem in den vergangenen Jahrzehnten eher männliche Maler zu finden waren, – darunter etwa Franz Marc, Auguste Rodin oder Paul Cezanne – als die Frauen, deren innovative, künstlerische Kraft ebenso zur Gestaltung der Moderne beitrug.
Radikale, weibliche Avantgarde
Künstlerinnen, die den Begriff "Malweiber" teils ironisch, teils kritisch selbst für sich beanspruchten, stellten häufiger Frauen in den Mittelpunkt ihrer Gemälde. Die ungewohnte Radikalität ihrer Kunst brach darüber hinaus auch Räume auf, die vorher ausschließlich von Männern frequentiert wurden – so wie die Künstlerkolonne in Worpswede oder spezielle Salons in Berlin, Paris, Wien oder München. Die Qualität ihrer Kunst veränderte schließlich bestehende Vorstellungen über weiblich-kreative Fertigkeiten und brachte das heteronormativ geprägte Leben eines patriarchalischen Systems – und Kunstbetriebs – des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ins Wanken.
Die Künstlerinnen verwarfen den abendländischen Kanon und bereicherten die moderne Malerei ab dem frühen 20. Jahrhundert in ein bis dahin unbekanntes Ausmaß. Die Portraits in "Die Malweiber" lassen auf verschiedene Art und Weise erkennen, wie Frauen in ihrem Leben um die Emanzipation von ihren Rollen innerhalb der Gesellschaft gekämpft haben und wie es ihnen teilweise gelungen ist, für das akzeptiert zu werden, was ihre größte Leidenschaft war.
Malerinnen, waren eine wichtige Inspirations- und Schaffensquellen an der Schwelle zur Moderne, weil sie mit ihrem künstlerisch-femininer Blick auf die Dinge eine neue Perspektive eröffneten. Dadurch besaßen sie für die verschiedenen künstlerischen Strömungen der Moderne einen elementaren Einfluss. Deshalb steht es ihnen auch zu, endlich von der Kunstwelt beachtet zu werden, denn das Aufbrechen der Ignoranz einer antiquierten kunsthistorischen Welt ist eines der Anliegen dieser vielschichtigen Biographiensammlung.
AVIVA-Tipp: Der Bildband "Die Malweiber" bietet einen beachtlichen visuellen Einblick in die Arbeit und Werke der Künstlerinnen, in ihre Ateliers und ihre Inspirationsräume.
Zu den Autorinnen:
Katja Behling studierte Medizin und Germanistik in Hamburg. Sie promovierte in Medizin. Danach folgte eine Weiterbildung in psychoanalytischer Psychotherapie und einige Jahre Arbeit in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie. Seit 1998 ist sie als Autorin sowie als Medizin- und Kulturjournalisten tätig – u. a. für das Wochenmagazin "tacheles" und das jüdische Monatsheft "Aufbau". Heute lebt Katja Behling mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Hamburg.
(Quelle: Verlagsinformationen)
Anke Manigold studierte Kunstgeschichte, klassische Archäologie sowie romantische Philologie und promovierte 1986 in Göttingen. Sie arbeitet als Autorin und seit 1987 auch als Kulturjournalistin, u. a. für "Die Welt", "Die Zeit" und "Brigitte". Die Autorin lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Hamburg.
(Quelle: Verlagsinformationen)
Katja Behling, Anke Manigold
Die Malweiber
Elisabeth Sandmann Verlag, erschienen März 2009
Gebunden, 154 Seiten
ISBN-13: 978-3-938045-37-4
24,80 Euro