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Beitrag vom 15.08.2014
Verena Güntner - Es bringen
Laura Fricke
Luis ist 16 und der King seiner kleinen Jungsgang. Sein Wort ist Gesetz, denn er ist gleichzeitig Trainer und Mannschaft. Mit ihrem schriftstellerischen Debüt ist der Schauspielerin die Entwicklung...
...eines ebenso selbstbewussten wie ambivalenten Protagonisten für einen ungewöhnlichen Coming of Age-Roman gelungen.
Luis ist ein "Bringer": Was er sich vornimmt, das erreicht er auch. Am Wochenende säuft er regelmäßig mit seiner Clique und seinem besten Kumpel Milan. Die mit seinen Freunden abgeschlossenen "Fickwetten", bei denen Luis mit ausgewählten Mädchen schläft, gewinnt er regelmäßig. Und weil ein "Bringer" auch furchtlos sein muss, trainiert er sich mal eben seine Höhenangst im 15. Stock auf dem Balkon ab: "Das ist der Triumph", brülle ich und die Stadt unter mir zittert. Die Stadt, das Mädchen. Mein Mädchen. Ich bin der Trainer und ich bin die Mannschaft. Das ist mein Motto."
Dazu bastelt sich Luis seine eigene Lebensphilosophie zusammen mit Erkenntnissen wie: "Man KANN nicht schlau sein, wenn man ZU klug sterben will."
Aber Luis hat auch eine weiche Seite: Die tritt auf, wenn er Zeit mit seiner besten Freundin und Mutter, genannt "Ma" verbringt, das Pony Nutella besucht oder mit Jenny schläft. Denn die ist nicht nur eine "Fickwette". Nach und nach wird sie für Luis zu mehr als einer Lieblingssexpartnerin.
Im Laufe der Zeit lernt der 16-jährige, dass auch er nicht immer stark sein kann. Ein für Luis vermeintlicher Betrug durch die zwei wichtigsten Menschen seines Lebens wirft ihn völlig aus der Bahn. Verständnis erhält er in dieser Situation ausgerechnet von dem von ihm verachteten Lehrer, auch wenn Luis letztendlich allein lernen muss, mit diesen Veränderungen umzugehen.
Dass Luis´ "Bringen" im Roman im Wesentlichen darin besteht, mit möglichst vielen Mädchen zu schlafen, wird auf Dauer öde. Es fällt mitunter auch schwer, der Autorin zu glauben, dass ein 16-jähriger derart lebensklug und selbstbewusst sein kann.
Die LeserIn wartet auf die Veränderung in Luis, auf seine Entwicklung zum Erwachsenen oder auf einen Paukenschlag, der die Welt des Protagonisten nachhaltig erschüttert. Stattdessen wird sie enttäuscht. Die mit Trommelwirbel ankündigte Wendung in dem Roman schleicht nur langsam voran und ist zum Teil wenig überraschend.
Den Ausgleich dafür bringt der Protagonist selbst: Luis ist so facettenreich, ambivalent und tiefgründig, dass frau gerne seine Handlungen und Gedanken mit verfolgt.
AVIVA-Tipp: Das Erwachsenwerden in der Vorstadt, die sommerliche Atmosphäre, die der Ich-Erzähler beschreibt und nicht zuletzt der Protagonist selbst vermitteln den Spaß beim Lesen von "Es bringen".
Zur Autorin: Verena Güntner, 1978 in Ulm geboren, studierte Schauspiel an der Universität Mozarteum in Salzburg. Vier Jahre lang war sie festes Ensemblemitglied am Bremer Theater, seit 2007 ist sie als freischaffende Schauspielerin regelmäßig auf den Bühnen des Staatstheaters Wiesbaden und des Theaters Bonn zu sehen. 2012 erreicht sie mit einem Auszug aus dem Roman "Es bringen" die Finalrunde beim OpenMike in Berlin, 2013 machte sie den dritten Platz beim MDR-Literaturpreis. Im selben Jahr gewann sie im Rahmen des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs den renommierten Kelag-Preis. "Es bringen" ist Güntners erster Roman. Sie lebt in Berlin.
(Verlagsinformationen)
Verena Güntner
Es bringen
Kiepenheuer & Witsch, erschienen im August 2014
Gebunden mit Schutzumschlag, 256 Seiten
ISBN: 978-3462046922
18,99 Euro
www.kiwi-verlag.de
Weitere Informationen zur Autorin:
Verena Güntners Porträt auf der Homepage des KiWi-Verlages
Verena Güntners Porträt auf der Homepage des Bachmann-Preises
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