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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 10.12.2007


Lieber Vater. Erinnerungen eines Heimkindes
Sabine Grunwald

Hanne Wickop bringt ihre schmerzlichen Erinnerungen zu Papier und berichtet von ihrer einsamen Kindheit, die sie, geprägt von Enttäuschungen und Verletzungen, überwiegend in Heimen verbrachte




In 45 kleinen eindringlichen Kapiteln schildert Hanne Wickop ihr Leben:

"Zu keiner Zeit wollte ich in meine Steinzeit zurück. Altern als einzige Waffe gegen das Kindsein. Nie wieder zurück ins Geröll, in dem ich keine Wurzeln bilden, mich nicht festhalten konnte an irgendetwas oder irgendwem.
Du bist gegangen, Vater, hast mich im Kiesbett abgelegt, mich bei meiner Mutter zurückgelassen, die mich blind und taub in den Schlaf sang und mit wunden Füßen über verletzende Steine tanzte…So wie sie will ich nicht werden, dachte ich."

Die Autorin kommt 1939 als "unwertes Leben" zur Welt. Kurz nach der Geburt wird die Mutter des Kindes zwangssterilisiert, da sie als Analphabetin und mit ihrem Lebenswandel nicht der nationalsozialistischen Norm entspricht.
Die Eltern dürfen nicht heiraten, der Vater entzieht sich der Verantwortung, um nur hin und wieder sporadisch im Leben seiner Tochter aufzutauchen.

Bereits nach den ersten vier Lebensjahren kommt die kleine Hanne das erste Mal wegen Vernachlässigung in ein Heim. Nach einer kurzen Zwischenstation bei Pflegeeltern verbringt sie erneut zwei Jahre bei ihrer Mutter und deren Freund, wird von ihm missbraucht und in das Erziehungsheim Maschen gebracht, das sie 1955 verlässt, um eine Schneiderlehre zu absolvieren.

Frei von Verbitterung und Weinerlichkeit befreit sich Hanne Wickop mit den Briefen an ihren Vater von den leidvollen Erinnerungen an eine trostlose Kindheit und schildert die Kraft eines Menschen, der trotz aller erlittenen Verletzungen und schmerzlichen Erfahrungen die Kraft gefunden hat, ein positives und erfülltes Leben zu führen.

Zur Autorin: Hanne Wickop, geboren 1939 in Hamburg, wuchs in Heimen auf, absolvierte eine Schneiderlehre und arbeitete anschließend als Kindermädchen. 1963 übersiedelte sie nach München und nahm Schauspielunterricht. Seit 1979 ist sie als Malerin, seit 1989 als Schriftstellerin tätig. Sie veröffentlichte Gedichte und Erzählungen. 1993 erhielt sie das Literaturstipendium der Stadt München, 1994 das Stipendium im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf. 1999 wurde sie mit der Eugen Viehof-Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung ausgezeichnet. Hanne Wickop lebt in München, ist verheiratet und Mutter zweier Adoptivkinder.

AVIVA-Tipp: Es schmerzt, dieses Buch zu lesen, aber gleichzeitig macht es Mut, denn das Kind gibt trotz der fehlenden Geborgenheit und Liebe nicht auf und kämpft auch als Erwachsene weiter um ihr Lebensglück.


Hanne Wickop
Lieber Vater

Erinnerungen eines Heimkindes
A 1 Verlag München, erschienen September 2007
Gebunden, 168 Seiten, mit 14 Schwarz-Weiß-Abbildungen
17,80 Euro
ISBN: 3927743984


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Beitrag vom 10.12.2007

Sabine Grunwald