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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 10.12.2007


Dr. Ulrike Müller – Die klugen Frauen von Weimar
Annegret Oehme

Dass das kulturelle Weimar nicht nur mit Männern wie Goethe, Schiller und Herder verbunden ist, belegt Ulrike Müller in ihrem neuen Buch an Hand einiger Biographien gebildeter Frauen Weimars.




"Ich glaube, dass, wenn ebenso viel Frauen Schriftstellerinnen wären, als Männer es sind, und wenn wir nicht durch tausend Kleinigkeiten in unserer Haushaltung herabgestimmt würden, man vielleicht auch einige gute darunter finden würde, denn wie wenige gute gibt es heute unter den Autoren ohne Zahl."

So schreibt Charlotte von Stein 1798 in einem Brief an Charlotte Schiller und drückte damit aus, was wohl viele ihrer Zeitgenossinnen und Mitbürgerinnen empfanden, Frauen, denen es nicht mehr genügte, die brave Gattin zu sein und sich den Männern unterzuordnen.

Die oberflächliche Bildung, die man den Frauen jener Zeit zumaß, war für viele nicht mehr befriedigend, doch stießen sie mit ihrem Wissens- und Lebenshunger auch oft an die Grenzen dessen, was als "schicklich" empfunden wurde.

Nicht nur zur Muse degradiert, beeinflussten die gebildeten Damen ihre männlichen Künstlerkollegen. So schreibt beispielsweise Hans Christian Andersen über eine Weimarer Sängerin "Durch Jenny Lind hab ich zuerst die Heiligkeit der Kunst verstanden, durch sie habe ich gelernt, daß man sich im Dienste des Höheren selbst vergessen muß! Kein Buch, keine Person hat, für eine Zeit, besser und mehr veredelnd auf mich als Dichter eingeweiht als Jenny Lind."

Der Sängerberuf bot eine der wenigen Möglichkeiten, ein "Handwerk für das Leben" zu erlangen.
So dachte auch das, zu seiner Zeit sehr bekannte, Musikerehepaar Rosa und Feodor von Milde, die ihrer Adoptivtochter eine Gesangsausbildung zukommen ließen.
Die heute größtenteils vergessene Natalie von Milde steht in der Tradition von Frauen wie Anna Amalia und Johanna Schopenhauer und forderte im 19. Jahrhundert als Frauenrechtlerin den längst überfälligen Schritt der Emanzipation.
Schon in jungen Jahren zeichnete sie sich durch eine hohe Intellektualität und große Wissbegier aus. Dennoch blieb ihr das heiß ersehnte wissenschaftliche Studium untersagt, so dass sie all ihr Wissen durch Selbststudium erlangen musste. Auch durch Kontakt zu Mitschülerinnen und Mitbürgerinnen wurden ihr die Grenzen, die dem weiblichen Geschlecht gesetzt waren, schmerzlich bewusst und sie prangerte diesen Misstand in ihren zahlreichen Schriften, darunter auch "Goethe und Schiller und die Frauenfrage", an.

Das Buch "Die klugen Frauen von Weimar" ist in drei Rubriken gegliedert, wobei die erste den Frauen der Weimarer Klassik, die zweite denen der Weimarer Nachklassik und Weimars "Silberne Zeit" und die letzte den Frauen am Weimarer Bauhaus gewidmet ist.
Schon im Vorwort beklagt die Autorin Ulrike Müller, dass es noch so viele bedeutende Weimarerinnen gegeben habe, über die es zu berichten gilt, sie aber auf Grund der begrenzten Seitenzahl auf viele in ihrem Buch gar nicht eingehen konnte.

Zur Autorin: Dr. Ulrike Müller lebt und arbeitet als Literaturwissenschaftlerin und Musikerin selbst in Weimar und widmet sich seit vielen Jahren der Spurensuche bekannter und vergessener Weimarerinnen. Unter dem Titel "Weimar weiblich" bietet sie interessierten BesucherInnen auch eine ortskundige Führung der besonderen Art an. Weitere Informationen dazu finden Sie unter www.weimar-weiblich.de


AVIVA-Tipp: In ihrem Buch "Die klugen Frauen von Weimar" beschäftigt sich Dr. Ulrike Müller ebenso mit "großen Namen", wie Christiane Vulpius oder Anna Amalia, gibt aber auch weniger bekannten und zu Unrecht vergessenen Frauen Raum, wie Jenny Lind oder Natalie von Milde. Spannend erzählt die Autorin die Entwicklung von den gebildeten Frauen der Weimarer Klassik bis hin zu ihren geistigen Erbinnen, die schließlich das Recht auf Bildung durchsetzen konnten.
Dabei wurden die Töchter Weimars, die Bildung nicht als Männerdomäne betrachten wollten über die Jahrhunderte hinweg immer wieder mit den gleichen Vorurteilen konfrontiert.
Es gelingt Ulrike Müller eindrücklich, aus den vielen Einzelbiographien ein spannendes und umfassendes Bild der Weimarer Emanzipationsgeschichte zu zeichnen.

Lesen Sie auch unsere Rezension zu "Annette Seemann – Anna Amalia. Herzogin von Weimar".

Ulrike Müller
Die klugen Frauen von Weimar
Regentinnen, Salondamen, Schriftstellerinnen und Künstlerinnen
Von Anna Amalia bis Marianne Brandt

Elisabeth Sandmann Verlag, erschienen September 2007
176 Seiten, Gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-938045-19-0
24,80 Euro


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Beitrag vom 10.12.2007

AVIVA-Redaktion