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Beitrag vom 27.09.2007
Eine Debatte ohne Ende - Raubkunst und Restitution im deutschsprachigen Raum
Annegret Oehme
Die immer wieder aufflammende und stets sehr emotional diskutierte Restitution von Beutekunst war im April 2007 das zentrale Thema einer Konferenz, deren Vorträge jetzt in Buchform erschienen.
Erst im Jahr 2006 war die Bundesrepublik wieder einmal Schauplatz einer kontroversen Grundsatzdiskussion. Das Streitobjekt bildete diesmal Ernst Ludwig Kirchners 1913 geschaffene "Berliner Straßenszene". Als eines der wichtigsten Ausstellungsstücke des Berliner Brücke-Museums wurde das Bild im Juli 2006 von der Stadt Berlin an eine Erbin der jüdischen Sammlerfamilie Hess zurückgegeben. Von ihnen war es 1936 unter dem Druck des nationalsozialistischen Regimes und aufgrund wirtschaftlicher Not an den deutschen Industriellen Carl Hagemann verkauft worden.
Dieser Fall, wie einige andere Beispiele auch, und die Rechtslage der Restitution von Beutekunst im deutschsprachigen Raum waren das Thema einer, vom 22 bis 24. August 2007, in Potsdam stattgefundenen Konferenz.
Der Ort ist dabei gut gewählt, da im Potsdamer Schloss Cecilienhof vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 die drei Siegermächte in Person des sowjetischen Diktators Stalin, des amerikanische Präsident Truman und des britischen Premierministers Clement Attlee über die Neuordnung Europas und die Behandlung des besiegten Deutschen Reiches verhandelten.
Nach Potsdam – allerdings ins Alte Rathaus – hatte das Moses Mendelssohn Zentrum internationale und nationale Gäste geladen, um die häufig sehr emotional diskutierte Frage einmal von verschiedenen Gesichtspunkten zu betrachten. Bemüht, verschiedene Standpunkte aufzuzeigen, ließ man nicht nur WissenschaftlerInnen und MuseumsvertreterInnen, sondern auch JuristInnen, JournalistInnen und RepräsentantInnen aus Politik und Kultur zu Wort kommen.
Gerade die Debatte im Sommer vergangenen Jahres zeigte deutlich, wie schwer eine solche Diskussion in Deutschland zu führen ist. Die Argumente der Betroffenen und der Außenstehenden verlassen immer wieder den angemessenen Rahmen und verlieren sich zum Teil in beängstigenden Polemiken. Treffend lautete der Titel eines Referates von Martin Roth "Restitution – die Angst vor der eigenen Geschichte?"
Um auch der breiten Öffentlichkeit ein umfassendes, wenn auch niemals vollständiges, Informationswerk zugänglich zu machen, wurden die Vorträge dieser Tagung jetzt zusammengetragen und als Buch veröffentlicht. Dabei wird deutlich, dass das Feld der Gesetze, Erklärungen, Argumente und Gegenargumente immens weit ist. Bezeichnender Weise bildet die Straßenszene von Kirchner das Titelbild dieses Bandes.
Am Ende der Konferenz fassten die TeilnehmerInnen ihre Ergebnisse in einer gemeinsamen Erklärung zusammen, die ebenfalls am Ende des Buches abgedruckt zu finden ist.
Deutlich wird am Schluss des Buches, dass das Thema noch lange nicht der Vergangenheit angehören wird und die Provenienzbestimmung ein wichtiges Gebiet der Museen, Archive und Bibliotheken sein muss, die es zu fördern gilt.
AVIVA-Tipp: Gut strukturiert und ergänzt durch die wichtigsten Erklärungen und Gesetzestexte bildet "Eine Debatte ohne Ende?" einen guten Überblick über die Diskussion zur Restitution von Beutekunst. Weiterführende Literatur können die LeserInnen der umfassenden Bibliographie im Anhang entnehmen.
Julius H. Schoeps, Anna-Dorothea Ludewig (HerausgeberInnen)
Eine Debatte ohne Ende? Raubkunst und Restitution im deutschsprachigen Raum.
Verlag für Berlin-Brandenburg, erschienen September 2007
ISBN: 978-3-86650-641-1
280 Seiten, kartoniert
16,80 Euro
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