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Beitrag vom 16.07.2007
Wir sind jetzt - Frontfrauen im deutschen Pop
Eva Kaufmann
Sie sind jung und selbstbewusst, Medien und Fans reißen sich um sie. Nie zuvor waren so viele Sängerinnen in der deutschen Musikszene ähnlich erfolgreich. Arnt Cobbers bat sie zum Gespräch.
Vorneweg: Dies ist ein reines Interview-Buch. Kein einziger Artikel befasst sich theoretisch mit dem Phänomen der deutschen Pop-Frontfrau. Anstatt über sie zu schreiben, hat Cobbers 13 Musikerinnen aus unterschiedlichen Szenen zusammengetrommelt und selbst zu Wort kommen lassen, unter ihnen Suzie Kerstgens (Klee), Catharina Boutari, Anna Depenbusch, Inga Humpe (2raumwohnung) und Bernadette La Hengst. Die Auswahl zeigt: Der Autor will einen möglichst breiten Querschnitt an Meinungen, Altersgruppen und Musikerinnenkarrieren einzufangen. Das bestätigt auch ein Blick auf das Inhaltsverzeichnis: Popmusiklehrer, Manager, Labelchef, Musikjournalistin und Veejay äußern sich in einzelnen Interviews dazu, welche Voraussetzungen für eine Karriere zum Popstar erforderlich sind und ob es schwieriger für Frauen ist, diese zu erfüllen.
"Wir sind jetzt - Frontfrauen im deutschen Pop" kreist um diese Fragen. Unumstritten ist die Tatsache dass das Popbusiness von Männern dominiert ist. Doch wo genau liegen die Wurzeln für dieses Testosteron-Übergewicht? Und wie steht das Phänomen der "Frontfrauen im deutschen Pop" dazu?
Die Themenkomplexe, die der Autor in den verschiedenen Interviews von je rund 30 Fragen anspricht, ähneln sich von Gesprächspartnerin zu Gesprächspartnerin sehr. Sie drehen sich immer wieder um die eigene Positionierung der Pop-Frauen in der Musiklandschaft, ihre Selbstdefinition, um deutsche Liedtexte, Pop-Business und die Relevanz von Musikkritik. Doch von Langeweile oder Eintönigkeit keine Spur. Die Interviewpartnerinnen sind sorgfältig ausgewählt, so dass ihre Antworten sich weder widersprechen noch vollständig decken. In ihrer Vielfalt fangen sie den Kern des Problems langsam ein und im "inneren Ohr" des/der Lesers/Leserin kristallisiert sich eine Idee von der weiblichen Stimme im deutschen Popchor heraus.
Auffallend ist, dass es für nahezu alle befragten Künstlerinnen keine Alternative zur Musik gibt. Egal, wie sie zu ihr gekommen sind: Es gibt keinen "Plan B". Es scheint, dass es genau diese Radikalität und Bedingungslosigkeit ist, die das Musikgeschäft erfordert. Popmusik zu machen bedeutet, früh zu "rebellieren", sich für einen unkonventionellen Weg zu entscheiden und ihn bedingungslos zu gehen. Dazu gehört, keine Angst vor der Technik im Proberaum zu haben und bereit zu sein, hemmungslos am Verstärker herumzuschrauben.
AVIVA-Tipp: Sind hier die Gründe dafür zu suchen, dass auf der Popakademie in Mannheim nur 21 Prozent Frauen vertreten sind, davon der weitaus größte Teil Sängerinnen? Das ist zumindest der Eindruck, der sich nach der Lektüre des 118-seitigen Bands einstellt. Mehr als eine Idee kann dieses Interview-Buch nicht liefern und genau darin liegt sein Charme. Denn was wurde nicht schon alles über Frauen im deutschen Pop geschrieben! Anstatt Plattitüden zu wiederholen, in denen sich Musikzeitschriften bereits seitenweise ergangen haben, lässt Cobbers die Protagonistinnen selbst sprechen. Das Ergebnis gibt ihm Recht!
Zum Autor: Arnt Cobbers lebt in Berlin und spielte als Bassist Rock und Jazz, promovierte in Architekturgeschichte und kehrte dann zur Musik zurück. Er arbeitete für Herbert Grönemeyer, war Chefredakteur des Klassikmagazins "Crescendo", gründete das Jazzmagazin "halb elf" und leitet derzeit die Redaktion des Musikmagazins "Partituren".
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Arnt Cobbers
"Wir sind jetzt!" Frontfrauen im deutschen Pop
Verlag Schott Music, erschienen im Juli 2007
Broschiert, farbige Abbildungen, 118 Seiten
ISBN: 978-3-7957-0589-3
19,95 Euro