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Beitrag vom 05.09.2003
Die Duckomenta aus dem Nicolai Verlag
Jana Scheerer
Kennen Sie die Trojanische Ente? Nicht? Dann müssen Sie dringend Ihr Kunstgeschichtswissen aufmöbeln! Mit dem wunderbaren Bildband "Die Duckomenta" ist das kein Problem.
Staun! Lach! Keuch! Wunder! Sprechblasen diesen oder ähnlichen Inhalts könnten beim Lesen des "Duckomenta"-Kataloges über dem Kopf der BetrachterIn erscheinen. Denn der Bildband zur gleichnamigen Ausstellung deckt Unglaubliches auf: Die Wurzeln des heutigen Entenhausen gehen zurück bis ins 6. Jahrtausend vor Christus!
Doch nicht nur Entenhausen dürfte diese Nachricht erschüttern, auch die bisher stark menschlich geprägte Kunstgeschichte muss sich aufgrund der neuen Fakten anders orientieren: In vielen Fällen stellen die plötzlich aufgetauchten Originale bisher Unbestrittenes in Frage.
So kommen mit dem Fund der Trojanischen Ente in der Nähe der zerstörten Stadt zu Recht Zweifel an der Überlieferung der Pferd-Version der Trojageschichte auf. Ähnliches gilt für Kunstwerke, deren wahrer Charakter der Nachwelt bislang wegen entstellender Übermalungen verborgen blieb. So konnte bei Rembrandts "Mann mit Goldhelm" durch das Entfernen einer Schicht ein zweites, schnabel-lastigeres Portrait entdeckt werden, das einem Schüler Rembrandts zugerechnet wird.
Überhaupt scheint der Entenhausener Beitrag zur Kunstgeschichte Jahrhunderte lang von menschlicher Seite geradezu unterdrückt worden zu sein: Immer wieder gab es Übermalungen, wurden Bilder an KünstlerInnen zur Korrektur zurückgegeben und Originale unter Verschluss gehalten. Es ist der KünstlerInnengruppe Interduck zu verdanken, dass diese Kunstschätze jetzt ans Licht kommen.
Dabei mussten einige nicht mehr auffindbare Werke rekonstruiert werden, was den KünstlerInnen auch hervorragend gelingt. Voller Ironie schaffen sie ein entenlastiges Paralleluniversum, das alle altbekannten Kunstschätze im neuen Licht erstrahlen lässt. Denn wenn Donald als Judas beim Abendmahl sitzt oder Onkel Dagobert als Bohemien auf Henri de Toulouse-Lautrecs "Le Divan Japonais" posiert, treffen zwei Klassiker aufeinander - und ein dritter entsteht.
Nicht unterschlagen werden soll hier die Geschichte der Schauspielerin Marlene Duckrich, die als Hauptsdarstellerin im Film "Die blaue Ente" auf einem Plakat zu sehen ist. Der Film konnte wegen eines tragischen Unfalls nicht beendet werden: Auf ungeklärte Weise kam Marlene Duckrich kurz vor Weihnachten 1928 in der Betriebsküche der Babelsberger Filmstudios um´s Leben. Von diesem schrecklichen Ereignis profitieren konnte Marlene Dietrich, die den Part übernahm.
So bietet "Die Duckomenta" ein reines Vergnügen - nicht nur für kunstgeschichtlich oder donaldistisch Vorgebildete. Selten hat Hochkultur so viel Spaß gemacht!
Der AVIVA-Tipp: Ein Muss nicht nur in Entenhausener Bücherregalen!
Die Duckomenta
Hrsg. von der Stiftung Schloss Neuhardenberg , Interduck
Ars Nicolai, 2003
ISBN 3-89479-080-6
14,90 EURO200662099075" .