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Beitrag vom 13.08.2003
Animationsfilmreihe im Arsenal
Gerlinde Behrendt
Von Unterhaltung bis Kunst, von Avantgarde bis Kult
Das Arsenal in Berlin zeigt noch bis Ende August animierte Geschichten aus Hollywood und Japan. Unter dem Motto "Mickey Mouse trifft Spiderman" bietet das Programm einen Überblick von historischen Animationsfilmen aus den USA - z.B. Walt Disneys Propaganda-Trickfilmen aus der Zeit des 2. Weltkriegs - bis hin zu künstlerischen Experimental- und Avantgardefilmen. Der Disney-Klassiker "Fantasia" wird in einer vollständigen Fassung gezeigt, ebenso wie eine Originalversion des Ralph Bakshi Films "Fritz the Cat" nach den Charakteren des Underground Comic-Zeichners Robert Crumb. Aus Japan werden u.a. der tricktechnisch wichtige Film "Final Fantasy" vorgestellt, der sich durch besonders detailgetreue 3D-Animation auszeichnet, und "Robotic Angel", eine Anime-Adaption des Fritz-Lang-Films "Metropolis".
Kunst-Animationsfilme wie George Dunnings Beatles-Film "Yellow Submarine" und Avantgarde-Filme, z.B. von Maria Lassnig, ergänzen das Programm. Die technische Entwicklung wird gezeigt von handgezeichneten Filmen aus der Zeit der bewegten Tierfiguren bis hin zur gerenderten 3D Computerkunst.
Yellow Submarine
Ein wunderbar melancholisch dreinblickender Ringo geht durch das Liverpooler Hafenviertel. Die Szenerie wirkt ein wenig heruntergekommen, fast realistisch. Er schaut sich ein paar Mal um, seltsam... Dann trifft er auf einen Polizisten, der gerade versucht, die Aufmerksamkeit einer Katze zu erlangen. "Würden Sie mir glauben, dass ich von einem gelben Unterseeboot verfolgt werde?" Die Katze läuft weg, der Polizist fühlt sich ertappt, aber zum Ausgleich schaut er Ringo streng an - etwas mehr Respekt, bitte... damit sind wir schon beim Thema des Films.
Irgendwelche blauen phantasielosen, machthungrigen Fieslinge haben die Kontrolle in Pepperland übernommen. Die "meanis" verbieten die Musik, die Farben, die animierten Bewegungen und alles, was Spaß macht. Sie treten auf in Gestalt von Bürokraten, bissigen Hunden, Uniformierten, von gefräßigen blauen Handschuhen und von Micky Maus - ein Seitenhieb auf den Zeichentrick-Papst Walt Disney. Witzig sind die Spiele mit gezeichneten Wörtern: John streicht von einem blauen Handschuh - "Glove" - den Anfangsbuchstaben weg, und bemerkt dazu: All you need is "Love", schon ist der Musiktitel erschöpfend erklärt.
Der Film entstand 1967 als Ausdruck der Beatlemania, dem Höhepunkt der Popularität der Beatles. Die Musik aus "Yellow Submarine" stammt von dem Album "Sergeant Pepper´s Lonely Hearts Club Band", das parallell zu dem Film herausgegeben wurde.
Fritz the Cat
Der New Yorker Stadtkater Fritz ist unzufrieden mit seinem Hippie-Leben: sein Studium läuft nicht gut, Gespräche mit intellektuellen Frauen ziehen ihn runter, nur bei gelegentlichen Sex- und Kifforgien fühlt er sich noch halbwegs lebendig. Wenn nur nicht immer der Ärger mit den "Pigs" - der Polizei - wäre! Er fühlt sich solidarisch mit seinen unterdrückten schwarzen Freunden, den Raben, aber die sehen nicht so aus, als ob sie so dringend auf seine Unterstützung gewartet haben. Bis er in eine blutige Straßenschlacht gerät ....
Fritz the Cat (1971) von Ralph Bakshi zeigt in drastischen Bildern das private Sex-Dilemma des niedlichen, kleinen "Männchens", das immer an große, dicke "Weibchen" gerät, und das politische Problem der 68er Generation, die eigentlich nur ihren Spaß will, sich aber bei ihrer Opposition gegen den Staat unversehens in terroristische Aktionen einbezogen sieht.
Robotic Angel
Red Duke, der Erbauer des futuristischen Turmhochhauses Ziggurat von Metropolis, plant die Machtübernahme in der Stadt. Dazu bedient er sich der gewalttätigen "Marduk"-Partei und des kriminellen Wissenschaftlers Dr. Laughton, der für ihn einen Mädchenroboter mit den Gesichtszügen seiner verstorbenen Tochter Tima bauen soll. Die Stadt ist aufgeteilt in 4 streng voneinander getrennte Zonen: in der Oberstadt leben die priviligierten Menschen sorglos und von Robotern bedient, in der schmuddeligen Zone 1 leben die Arbeiter, die durch die Roboter arbeitslos geworden sind, in Zone 2 befindet sich die Energieversorgung der Stadt und in Zone 3 schließlich werden die Abfälle von Robotern entsorgt. Es kommt zu revolutionären Aufständen der Arbeiter, Dukes eifersüchtiger Adoptivsohn Rock setzt Laughtons Labor in Brand, um Tima zu zerstören. Detektiv Shunsaku Ban soll im Auftrag der japaischen Regierung den des Organhandel beschuldigten Laughton suchen, sein Neffe Kenichi hilft ihm dabei. Kenichi gelingt es in letzter Minute, Tima zu retten. Aber kann er den Untergang der Stadt verhindern?
Die Geschichte knüpft an den Science Fiction Klassiker Metropolis an, das Ambiente der teuren Oberstadt ist im Art Deco Stil der zwanziger Jahre gehalten. Die Figuren dieses spektakulären Films aus dem Animationsstudio Madhouse sind im klassischen "Astroboy"-Stil des Manga Künstlers Osamu Tezuka gezeichnet. Regisseur Rin Taro hat mit Robotic Angel eine technisch und ästhetisch vorbildliche Synthese aus detailliert und flüssig animierten 2D Figuren und bewegten 3D Hintergründen geschaffen. Auch sie Musik orientiert sich an der "Metropolis-Zeit": eigens für den Film komponierter unverkennbar japanischer Dixieland Jazz.
Beeindruckend an japanischen "Animes" ist der erfrischend freie Umgang mit Elementen des internationalen "Kulturerbes", z.B. des Babylon Mythos, aber auch der Popkultur. Gleichzeitig werden als "typisch japanisch" geltende Sichtweisen eingeführt. So ist Tima im Land der Spielzeugroboter keine bedrohliche charismatische Maschine, sondern ein niedliches Robotermädchen im Manga-Stil mit hellblonden Haaren und großen Kulleraugen. Spätere zerstörerische Entwicklungen nicht ausgeschlossen.....
Zeichentrick-Filme können Sie noch bis Ende August sehen, weitere Termine entnehmen Sie dem Programm des Kinos Arsenal: http://www.fdk-berlin.de
Yellow Submarine
George Dunning, GB, 1967
OF, 90 Min.
Fritz The Cat
Ralph Bakshi, USA, 1971
OF, 78 Min.
Robotic Angel
Rin Taro, Japan, 2001
OmU, 107 Min.