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Beitrag vom 17.08.2008
Die olympischen Sommerspiele China 2008 aus Frauensicht
Daniela Roschke, Fr. Nixdorf
Die Olympischen Sommerspiele 2008 beweisen, dass die Frauen auch im Sport die Nase vorn haben. Lesen Sie von überraschenden Weltrekorden, TeilnehmerInnenzahlen und kuriosen Fakten.
Die Entscheidung über die erfolgreichste Nation der Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking steht zwar noch aus, aber eines ist schon sicher: Die Frauen liegen vorn. Denn in diesem Jahr ist der Anteil der Sportlerinnen so hoch wie nie zuvor. Von 10.500 angetretenen Sportlern sind 4.035 Frauen und machen damit rund 44 Prozent der GesamtteilnehmerInnenzahl aus. Damit haben die Frauen im Vergleich zu den Spielen in Athen 2004 um drei Prozent aufgeholt.
Doch natürlich brillierten die Damen nicht nur durch ihre Quantität, sondern vor allem aufgrund ihrer qualitativen sportlichen Leistungen. Beispielsweise gelang der 34-jährigen italienischen Fechterin Maria Valentina Vezzali als vierter Sportlerin überhaupt ein olympischer Hattrick. Sie gewann im Florett-Einzel dreimal in Folge bei Olympia Gold. Die Chinesin Liu Chunhong hingegen hat nicht nur die Goldmedaille im Gewichtheben geholt, sondern auch Weltrekorde im Zweikampf, Reißen und Stoßen aufgestellt. Die US-amerikanischen Säbelfechterinnen Mariel Zagunis, Sada Jacobson und Rebecca Ward feierten in Peking einen Dreifach-Erfolg. Sie konnten alle drei Medaillen der Disziplin Fechten Säbel-Einzel mit nach Hause nehmen.
Dennoch sollte auch nicht vergessen werden, dass es immer noch Disziplinen gibt, in denen weibliche Olympioniken benachteiligt sind. Beispielsweise ist das Boxen bis heute Männern vorbehalten. Was noch kritischer zu betrachten ist, ist die Tatsache, dass eine Reihe von Staaten nach wie vor ausschließlich mit reinen Männermannschaften antritt. In diesem Jahr sind das Brunei, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Beispielsweise dürfen iranische Sportlerinnen nur noch am Schießen teilnehmen, einer Disziplin, die trotz des Tschador und vor allem ohne Berührungen männlicher Schiedsrichter ausgeführt werden kann. Trotz des in der olympischen Charta festgehaltenen Diskriminierungsverbotes werden die betreffenden Staaten nicht von den Spielen ausgeschlossen. Das Internationale Olympische Komitee verweist auf die Verankerung des Frauensportverbotes und ähnlicher Regelungen in der islamischen Religion und weigert sich dagegen vorzugehen.
Ein Kuriosum der Olympischen Spielen in Peking stellt der Geschlechtstest an Athletinnen dar. Falls Zweifel am Geschlecht der Sportlerinnen beziehungsweise der Verdacht auf Androgen Insuffizienz Syndrom bestehen, können diese Tests durchgeführt werden. Dieses Syndrom ist dadurch gekennzeichnet, dass mit einem XY-Chromosomensatz geborene Menschen alle körperlich charakteristischen Merkmale einer Frau entwickeln - ausgenommen die inneren Sexual-Organe. Diese Frauen sind dennoch keine Männer, weil ihr Körper nicht auf das produzierte Testosteron reagiert. Deshalb dürften sie auch bei den Frauen starten.
Dass Sport letztendlich immer auch Kopfsache ist, bewies dieses Jahr Chanpim Kantatian. Vor den Olympischen Spielen riet ihr eine Wahrsagerin ihren Namen zu Prapawadee Jaroenrattanatarakoon zu ändern, und die thailändische Gewichtheberin gewann prompt die Goldmedaille im Gewichtheben der Klasse bis 53 kg.
Dass die Frauen die Nase vorn haben, belegen auch die erwarteten TeilnehmerInnenzahlen für die Sommerspiele in London 2012. Denn dann sollen endlich 50 Prozent der Teilnehmer Frauen sein!
Weitere Informationen:
AVIVA-Berlin empfiehlt Ihnen die Ausstellung "Frauen bei Olympia" im Frauenmuseum Köln.
Beeindruckende Fakten über die Teilnehmerinnen der olympischen Sommerspiele China 2008
- Die 27-jährige Zhang Juanjuan bringt dem Gastgeberland China die erste Goldmedaille im Bogenschießen.
- Die 34-jährige Maria Valentina Vezzali schafft als erste Fechterin überhaupt den olympischen Hattrick. Zusätzlich ist sie erst die vierte Sportlerin weltweit, die in einer Disziplin dreimal hintereinander Gold bei Olympia holt.
- Im Fechten erlangen die US-Athletinnen einen Dreifachsieg mit Mariel Zagunis auf dem ersten Platz, sowie Sada Jacobson und Rebecca Ward, die die Silber- und Bronze-Medaille erhalten.
- Die 23-jährige Gewichtheberin Liu Chunhong stellt in allen Teildisziplinen des Gewichthebens in der Klasse bis 69 kg Weltrekorde auf.
Mit ihren gerade einmal zwanzig Jahren erzielt die australische Schwimmerin Stephanie Rice die bisherigen Weltrekorde über 400 Meter Lagen und 200 Meter Lagen.
- Die chinesische Synchronspringerin Guo Jingjing scheint unschlagbar: In den Jahren 2001 und 2003 wurde sie Doppelweltmeisterin und bereits 2004 als Einzel- und Doppelspringerin Olympiasiegerin. Der Erfolg wird nun mit der Goldmedaille im 3 Meter Synchronspringen zusammen mit Wu Minxia gekrönt.
- Bereits vier Weltrekorde stellte die 22-jährige Leisel Jones auf. Den ersten mit gerade einmal siebzehn Jahren. Zusätzlich gewann die Olympiasiegerin im 100 Meter Brustschwimmen schon bei den Commonwealth Games 2006 in Melbourne als erste Athletin weltweit sämtliche Teildisziplinen im Brustschwimmen.
- Die 20-jährige italienische Schwimmerin Frederica Pellegrini stellt bei ihrem Olympiasieg im 200 Meter Freistil einen neuen Weltrekord von 1:54,82 Minuten auf.
- Mit siebenundzwanzig Jahren überbietet Chen Yanqing den Zweikampf-Weltrekord in der 58 kg Kategorie des Gewichthebens um ganze zehn Kilogramm (insgesamt 251 kg).
- Auch mit fünfundvierzig Jahren ist es nicht unmöglich eine olympische Goldmedaille zu gewinnen, was die Deutsche Hinrich Romeike im Reitsport eindrucksvoll beweist.
- Mit neunzehn Jahren feiert die Chinesin Liu Zige ihren internationalen Durchbruch aufgrund ihres Olympia-Sieges und eines neuen Weltrekords über 200 Meter Schmetterling.
- Nastia Liukin siegt mit neunzehn Jahren im Turnen über ihre noch jüngeren Konkurrentinnen.
- Die Berliner Schwimmerin Britta Steffen hatte den Traum vom Erfolg durch unzählige Rückschläge schon aufgegeben. Doch das im Jahre 2005 erneut begonnene Training verhalf ihr in 2008 zu zwei olympischen Goldmedaillen im Schwimmen über 50 m und 100 m Freistil.
- Die australische Siegerin über 100 Meter Schmetterling, Lisbeth Trickett, gilt als eine der schnellsten Freistil-Sprinterinnen der Welt. Bereits bei den australischen Kurzbahnweltmeisterschaften verbesserte sie innerhalb von 24 Stunden zweimal den Weltrekord über 100 Meter Freistil. Hätte die FINA ihre Zeit von unter 52 Sekunden anerkannt, wäre sie die erste Frau gewesen, die auf einer Kurzbahn unter dem genannten Wert blieb.
- Mit fünfundzwanzig Jahren zählt die Amerikanerin Natalie Coughlin zu den besten Rückenschwimmerinnen der Welt. Bereits zwischen 2002 und 2008 stellte sie drei Weltrekorde auf und gewinnt nun auch das olympische Gold in ihrer Disziplin.
- Als erste körperbehinderte Sportlerin hatte sich die südafrikanische Langstreckenschwimmerin Natalie du Toit (24) für die Olympischen Sommerspiele in Peking qualifiziert. Im Februar 2001 musste ihr Bein unterhalb des Knies nach einem Verkehrsunfall amputiert werden. Drei Monate später nahm sie ihr Schwimmtraining ohne Prothese auf. Bei Olympia 2008 belegte die unterschenkelamputierte Athletin über die 10 Kilometer-Distanz den 16. Platz.
- Die mit neun Goldmedaillen bislang erfolgreichste Olympionikin aller Zeiten, Larysa Semnovna Latynyna aus der Ukraine, wurde in Peking von dem US-Amerikaner Michael Phelps, Gewinner von 14 Goldmedaillen, in der ewigen Bestenliste abgelöst. Einen Rekord hält die heute 74-Jährige jedoch weiterhin: Während Schwimmstar Phelps bei Olympischen Spielen insgesamt 16 Medaillen gewonnen hat, kommt die ehemalige sowjetische Kunstturnerin auf 18 Mal Edelmetall.
- Lena Schöneborn holte den ersten deutschen Olympia-Sieg im Fünfkampf seit 1936. Die 22-jährige Berlinerin sammelte insgesamt 5.792 Punkte im Schießen, Fechten, Schwimmen, Reiten und Geländelauf und verhalf Deutschland damit zum Überraschungssieg.
- Die Russin Gulnara Galkina-Samitowa errang ihre Goldmedaille im 3.000 Meter-Hindernislauf in Weltrekordzeit. Sie verbesserte ihren eigenen Weltrekord aus dem Jahr 2004 auf 8:58,81 Minuten.
- Constantina Tomescu gewann mit 38 Jahren den Frauen-Marathon der Olympischen Spiele 2008. Damit ist sie die älteste Athletin, die je bei olympischen Marathonläufen auf dem Treppchen stand.
- Tirunesh Dibaba aus Äthiopien schaffte als erste Frau das Double in den olympischen Langdistanz-Rennen. Die Olympionikin holte in Peking den Sieg über 10.000 und 5.000 Meter.
- Die "stärkste Frau der Welt" heißt Jang Miran. Die Südkoreanerin gewann die Goldmedaille im Gewichtheben in der Kategorie über 75 Kilo. Ganz nebenbei brach sie drei Weltrekorde.
- Die Rumänin Georgeta Andrunache gilt nach der Deutschen Kathrin Boron als die Ruderin mit den meisten gewonnenen Medaillen: Sie erhielt 23 dieser Auszeichnungen. Zusammen mit Viorica Susanu, die mit drei Olympischen Goldmedaillen zu den erfolgreichsten Ruderinnen zählt, gewann sie für Rumänien Gold.
- Zwillingsgold für die neuseeländischen Ruderinnen Georgina Evers-Swindell und Caroline Evers-Swindell. Bereits zu den Weltmeisterschaften 2002 in Sevilla und 2003 in Mailand gewannen die eineiigen Zwillinge im Doppelzweier die Goldmedaille. Ein Jahr später wurden sie gemeinsam Olympiasiegerinnen in Athen. Ihre zweite olympische Goldmedaille gewannen die beiden Neuseeländerinnen bei den Olympischen Spielen 2008.
- Die niederländische Ruderin Kirsten Irene Merian van der Kolk bewies, dass auch nach einer langen Pause ein Olympiasieg nicht ausgeschlossen ist. 2004 zog sie sich vom Sport zurück, um ihr Kind zur Welt zu bringen. Weniger als ein Jahr vor den Olympischen Sommerspielen 2008 entschied sie sich für ein Comeback. Gemeinsam mit der 38jährigen dreifachen Weltmeisterin Marit van Enden holte van der Kolk Olympia-Gold.
- Kirsty Coventry ist die erste Schwimmerin aus Simbabwe, die bei den Olympischen Spielen 2000 ein Halbfinale erreichte. Vier Jahre später ernannte Simbabwe sie zur Volksheldin, als Coventry die erste Olympiasiegerin ihres Landes in einer Einzelkonkurrenz wurde. Insgesamt stellte sie 5 Weltrekorde auf.
- Turnerfolg im Doppelpack: Sowohl die 19jährige nordkoreanische Turnerin Hong Un Jong, welche die olympische Goldmedaille gewann, als auch ihre Zwillingsschwester Hong Su Jong betrieben jahrelang erfolgreich denselben Sport. Hing Un Jongs Goldmedaille steht für den zweiten Olympiasieg Nordkoreas im Turnen.
- Die 18jährige Rumänin Sandra Izba?a begann bereits im Alter von vier Jahren beim CSS Steaua Bukarest zu turnen. Mit ihrem olympischen Sieg in dieser Disziplin feierte sie ihren bisher größten Erfolg.
- Die russische Tennisspielerin Jelena Dementjewa trainierte bereits als Siebenjährige bis zu sieben Stunden täglich. Der harte Kampf gegen zahlreiche Niederlagen zahlte sich aus: Bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking besiegte sie unter anderem Serena Williams und gewann im Finale gegen die Russin Dinara Safina.
- Erfolg in zwei verschiedenen Sportarten konnte die Rennradfahrerin Rebecca Romero verzeichnen. Nachdem sie im Rudern dreimal den Weltmeistertitel für sich entschied, musste Romero 2006 aufgrund starker Rückenbeschwerden ihre Karriere beenden. Daraufhin etablierte sie sich als Radsportlerin. Bei der Bahnrad-Weltmeisterschaft 2007 wurde Romero erstmalig Weltmeisterin in der Einzelverfolgung und verteidigte diesen Titel im darauffolgenden Jahr. Durch ihren Olympiasieg 2008 ist Rebecca Romero die erste Britin, die in zwei unterschiedlichen Disziplinen olympische Medaillen gewann.
- Die 21jährige jamaikanische Sprinterin Shelly Ann Fraser ist die schnellste Frau der Welt. Noch nie zuvor gab es bei Olympia eine Gewinnerin aus einer Nation, die über 100 Meter drei Medaillen mit nach Hause nahm.
- Die Williams-Schwestern erzielten seit Jahren im Tennis einen Erfolg nach dem anderen. Während die ältere Venus Williams insgesamt 11 Wochen die Nr.1 der Weltrangliste anführte, konnte Serena 57 Wochen diesen Titel halten. Nachdem die Schwestern bereits einige Wettkämpfe gegeneinander spielen mussten, bei denen häufig Serena der Sieg gelang, kämpften sie 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking gemeinsam. Im Tennis-Doppel der Frauen holten sie die Goldmedaille.