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AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 27.10.2008


Tok Tok Tok – She And He
Tatjana Zilg

Nicht ganz so exotisch wie der Name der Sängerin Tokunbo Akniro vermuten lässt, kommen die Songs des Freiburger Duos daher. Lebhaft, durch tiefe Bass-Linien und Samples bodenständig, detailreich …




… in den Songstrukturen und deutlich der Jazz-Welt entsprungen sind sie leichtgängig zu hören, bieten aber dennoch viele Raffinessen, die der genaueren Entdeckung lohnen.

Als musikalische Seelenverwandte bezeichnen sich Tokunbo Akniro und der Saxophonist, Komponist und Produzent Morten Klein. Sie betonen jedoch, kein Paar zu sein. Vielleicht war genau dies die ideale Voraussetzung, um sich dem Thema Liebe in modernen Zeiten zuzuwenden. Denn wie der Albumtitel verrät: Es geht um die Anziehungs- und Streitpunkte zwischen Maskulin und Feminin. Da ist es gut, dass die Beiden mit viel Vorerfahrung in der Zusammenarbeit, aber ohne diese ganz spezielle Emotionalität, die Paare verbindet, an ihre Aufgabe herangehen konnten.

"Es kann nicht genug Liebeslieder geben", sagt Tokunbo Akinro. "Liebe ist ein universales Thema, das jeden beschäftigt, das jeden angeht. Wir wollten verschiedene Geschichten darüber erzählen, was da alles an schönen und nicht so schönen Dingen passiert. Und es gibt auch mal etwas Freches in den Texten. Eigentlich ist ja immer noch tabu, dass Frauen sich auf dem ´Markt der Liebe´ wie Männer verhalten. Es ist immer noch verbreitet, dass sich Männer frei austoben und Frauen nicht. Da habe ich dann ein paar provozierende Songs dabei, in denen Frauen gleichziehen. Warum sollte das nicht so sein?"

Auf jeden Fall sollte das so sein, und wer hört, wie viel musikalischer Pfeffer in den Songs steckt, glaubt ihr das sofort, auch ohne auf die Texte zu achten. Sehnsüchtige Saxophon-Soli, chillige Electro-Samples, muntere Violinen, heitere Percussion-Exkurse, die verdächtig nach Afrika klingen, verbinden sich zu einer harmonischen Sound-Flut, in deren Tiefen auch der eine oder andere Quertreiber auftaucht und für Überraschungen sorgt.

So erscheint gegen Ende das ruhige "Our Little Song", das so zuckersüß mit einem imitierten Glockenspiel dahin fließt, das die Gedanken gen Adventszeit wandern. Das beendende Schnurren des CD-Players erwartend, verstärkt durch ein freundliches "Good Night", drängt sich dann aber plötzlich der kraftvolle Rhythmus von "She And He" in die Boxen und Tokunbo besingt mit ihrer souligen Stimme, wie sich eine Begegnung in einem Tanz-Cafe zu einem gehaltvollen Flirt entwickelt.

Sie gehört zu den Persönlichkeiten, die gern als multikulturell beschrieben werden. Als Kind einer deutschen Mutter und eines nigerianischen Vaters wuchs sie in beiden Kontinenten auf. Bis sie zehn Jahre alt war, lebte sie in Nigeria, danach zog sie mit ihrer Familie nach Deutschland. Eine Zeitlang stellte sie sich die Frage nach dem Identitätsgefühl, bis ihr bewusst wurde, dass sie an allen Orten der Welt einfach sie selbst sein kann, ohne dass es erforderlich ist, sich für eine bestimmte Kultur zu entscheiden.
"Ich persönlich kenne von früher schon Gefühle von Zerrissenheit zwischen den Kulturen. Zu Hause haben wir Deutsch gesprochen, auf der Straße Englisch. Irgendwann lernte ich, eine starke Identität zu entwickeln, ein bisschen mit dem Fuß aufzustampfen und zu sagen, ja, ich gehöre hier her. Als ich mehr reiste, kam dann die Einsicht, dass ich mich gar nicht für eine bestimmte Kultur entscheiden muss."

Ihr Talent entdeckend schrieb sie sich an der Musikhochschule ein, lernte dort Morten Klein kennen und gemeinsam - zunächst als Trio - betraten sie die Welt des Jazz. Dort stießen sie auf offene Ohren, brachten zehn aufregende Karrierejahre hinter sich, in denen sie sieben Studio- und ein Livealbum veröffentlichten, zweimal mit dem Deutschen Jazz-Award, einmal mit dem französischen SACEM-Preis ausgezeichnet wurden, und wechselten schließlich zum Major-Label Universal, das mittlerweile auch Diana Krall, Jamie Cullum und Beady Belle beherbergt.
Mit "She And He" geben sie ihren Einstand bei den Musik-Profis an der Spreebrücke.

Weiterhören: Beady Belle und Wrongkong.

Tok Tok Tok im Netz: www.toktoktok.net.

AVIVA-Tipp: Musik wie ein Sonntagmorgen: Ausgeruht, sanft in Schwung versetzend und Erwartungen weckend auf alles, was da noch kommen mag. Mit viel Zielsicherheit setzen die beiden TokianerInnen ihre Liebes-Episoden musikalisch unter Nutzung eines breiten Repertoire inklusive eines Streicher-Trios um und lassen so eine harmonische Welle von Songs entstehen, die man gerne per Miniplayer mit auf die Liebessuche in einer erwachenden Stadt nimmt.

Tok Tok Tok
She And He

Label: Universal, VÖ Oktober 2008



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Beitrag vom 27.10.2008

AVIVA-Redaktion